Essen. Am Weberplatz haben die Bauarbeiten für ein neues Wohn- und Geschäftshaus begonnen. Allbau und Stadt setzen auf eine Belebung der Nord-City.
Es waren alles andere als positive Nachrichten, die in jüngster Zeit über die nördliche Innenstadt zu lesen standen: Lederwaren Brecklinghaus, eines der letzten familiengeführten Fachgeschäfte, musste Insolvenz anmelden, bei Leuchten Kaiser läuft der Ausverkauf... der Einzelhandel tut sich ohne Zweifel schwer in Essens „City Nord“.
Dort setzt der Allbau jetzt einen ganz anderen Akzent: Die städtische Wohnungsgesellschaft feierte am Montag, 29. April, den ersten Spatenstich für ein neues Wohn- und Geschäftshaus am Weberplatz.
Weberplatz: Im rückwärtigen Teil des Gebäudes an der Kastanienallee entstehen 51 Mietwohnungen
Bis 2027 entsteht auf dem Gelände des ehemaligen Hauses der Verbände, 1910 als Ledigenwohnheim errichtet, ein Neubau mit 10.000 Quadratmetern Nutzfläche. Das Standesamt wird dort einziehen, im Erdgeschoss ist Gastronomie geplant, im rückwärtigen Teil hin zur Kastanienallee entstehen 51 öffentliche geförderte Mietwohnungen.
Sie sollen jene 55 Mietwohnungen aus den 1960er Jahren ersetzen, die mit dem Haus der Begegnung abgerissen wurden. Letzteres stand zwar unter Denkmalschutz, war aber wegen diverser baulicher Mängel und nicht zuletzt wegen eines erheblichen Schiefstands nicht mehr zu retten. Die Denkmalbehörde machte schließlich den Weg frei für Abriss und Neubau
„Der kommt zum richtigen Zeitpunkt“, sagte Oberbürgermeister Thomas Kufen am Rande des offiziellen Teils im Gespräch mit der Redaktion. Wohl wissend, dass die nördliche Innenstadt positive Schlagzeilen gut gebrauchen kann. Denn der städtebauliche Wandel, den die Stadt dort seit Jahren anstrebt, gestaltet sich trotz einiger Erfolge als zäh und langwierig. „Man braucht einen langen Atem“, sagt Dirk Miklikowski, Geschäftsführer des Allbau, der 2016 seine Zentrale vom Kennedyplatz in die nördliche Innenstadt verlegt hatte, in einen Neubau an der Rottstraße, Ecke Kastanienallee.
Die kalkulierten Baukosten wurden durch den Allbau auf 53 Millionen Euro angehoben
Daran knüpft das Wohn- und Geschäftshaus am Weberplatz nun städtebaulich an. Finanziell ist das Projekt für den Allbau ein Kraftakt, wie Miklikowski einräumte. Noch vor rund drei Jahren kalkulierte die Wohnungsgesellschaft mit Baukosten in Höhe von 46 Millionen Euro. Seitdem zogen die Preise auch in der Bauwirtschaft inflationsbedingt kräftig an, sodass der Allbau inzwischen von 53 Millionen Euro ausgeht.
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Finanzieren ließe sich das Vorhaben nur, weil die Stadt Essen die Räume für das Standesamt, insgesamt 4000 Quadratmeter Nutzfläche, für die Dauer von 29 Jahren anmietet und die Miete im Voraus bezahlt, so Miklikowski. Der Allbau kann dieses Geld nun in den Neubau investieren, muss den Betrag also nicht über Kredite und Zinsen finanzieren. Läuft alles nach Plan, ist das Gebäude, dessen Architektur an das ehemalige Ledigenwohnheim an gleicher Stelle, erinnern soll, im ersten Quartal 2027 bezugsfertig.
Eine Belebung auch des Umfeldes versprechen sich Stadt und Allbau dann insbesondere vom Standesamt, das vom Gildehofcenter an den Weberplatz ziehen wird. Dort verspricht Allbau-Chef Dirk Miklikowski Brautpaaren „ein schönes Ambiente“. Denn auch der Weberplatz soll neu gestaltet werden, nach einem Entwurf des Büros „Greenbox Architekten“ aus Köln mit dem Titel „Das begrünte Wohnzimmer am Weberplatz“. Das klingt schon einmal vielversprechend.
Die Stadt Essen investiert auch an anderer Stelle in die nördliche Innenstadt
„Wir investieren, um in der nördlichen Innenstadt den Turnaround zu schaffen“, sagte OB Thomas Kufen auch in Anspielung auf die ehemalige Diskothek „Naked“ an der Rottstraße, die zur neuen Spielstätte für die „Casa“ des Schauspiel Essen umgebaut wird. Der Allbau wird das Gebäude für diesen Zweck umbauen und an die Stadt für die Dauer von 20 Jahren vermieten. Kosten: rund 29 Millionen Euro. Damit niemand vorzeitig einen Abgesang auf Essens nördliche Innenstadt singen mag: Der letzte Vorhang ist noch längst nicht gefallen.
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