Essen. Der Abriss des Ledigenwohnheims von 1910 in Essens nördlicher Innenstadt rückt näher. Das letzte Wort hat das Rheinische Amt für Denkmalpflege
Anfang September stand das ehemalige „Haus der Begegnung“ noch einmal in den Schlagzeilen als linke Aktivisten das denkmalgeschützte, aber seit Jahren leerstehende Gebäude am Weberplatz besetzten, um dort ein „selbstverwaltetes Zentrum für antirassistische Politik“ einzurichten. Was auch immer das sein soll. Nun, die Polizei bereitete dem Spuk ein schnelles Ende.
Die Hausbesetzung war der illegale Versuch, aus dem „Haus der Begegnung“ noch etwas zu machen. Denn die Stadt Essen hat bekanntlich andere Pläne. Und die werden immer konkreter: Der Abriss des Baudenkmals rückt näher.
Eine Sanierung des Baudenkmals wäre aus Sicht des Allbau unwirtschaftlich
Die Untere Denkmalbehörde hat ihre Zustimmung bereits gegeben, berichtet Dirk Miklikowski, Geschäftsführer des Allbau, der das „Haus der Begegnung“ von der Stadt Essen erwerben will, um am Weberplatz in unmittelbarer Nachbarschaft zur sanierten Evangelischen Kreuzeskirche einen Neubau zu errichten.
Ursprünglich hatte die städtische Wohnungsgesellschaft erwogen, das Gebäude zu sanieren. Zumindest die prägende Fassade mit ihren geschwungenen Arkaden sollte erhalten bleiben, womit sich auch die Denkmalbehörde hätte anfreunden können. Nun läuft alles auf einen Totalabriss hinaus. Denn eine Sanierung wäre unwirtschaftlich, fasst Miklikowski das Ergebnis einer „intensiven Prüfung“ zusammen.
Weniger als ein Drittel der historischen Fassade ließen sich retten
Der Allbau ist nicht gewillt fünf bis sechs Millionen Euro, die wohl nötig wären, in einen Altbau zu investieren. Das Gebäude steht schief, denn der Untergrund ist mit der Zeit abgesagt. Theoretisch ließe sich die Fassade anheben. Würde man versuchen, die Frontseite zu retten, blieben weniger als 30 Prozent der historischen Bausubstanz übrig, gibt Miklikowski die Einschätzung des beauftragten Statikers wieder. Das wäre offenbar auch der Denkmalbehörde der Stadt Essen zu wenig. Eine Anfrage auf Abriss sei gestellt, so der Chef des Allbau. Über einen Erwerb des Gebäudes werde mit der Stadt verhandelt.
Noch liegt der Fall aber beim Amt für Denkmalpflege im Rheinland. Die Einrichtung des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) muss ebenfalls ihr Einverständnis geben, damit die Stadt Essen das Baudenkmal aus der Denkmalliste streichen kann. Die Prüfung sei noch nicht abgeschlossen, sagt Jolanta Rosinowska-Trojca, zuständige Referentin in der Abteilung Bau und Kunstdenkmalpflege des LVR-Amtes.
Statische Probleme sprechen für einen Abriss des Hauses, das seit 1987 ein Denkmal ist
Die Denkmalpflegerin hebt hervor, dass das ehemaligen „Haus der Begegnung“ prägend sei für den Weberplatz in der nördlichen Innenstadt, was für den Erhalt des Denkmals sprechen sollte. Dagegen sprächen nicht etwa wirtschaftliche Erwägungen oder städteplanerische Wünsche, sondern statische Probleme, was „sehr schade“ sei. Jolanta Rosinowska-Trojca will einer abschließenden Bewertung nicht vorgreifen. Aber es sieht offenbar nicht gut aus für das 1910 errichtete einstige Ledigenwohnheim, das seit 1987 unter Denkmalschutz steht.
Wie der Neubau aussehen könnte, dazu gibt es beim Allbau bereits Überlegungen. Geschäftsführer Miklikowski spricht davon, dass der Charakter des ursprünglichen Gebäudes aufgenommen werden solle. Ein weiterer Verlust an historischer Substanz in der Innenstadt würde dann womöglich weniger stark schmerzen. Völlig offen sei die Nutzung. Wohnungen lägen womöglich nahe in der Innenstadt, deren Nimbus als Einkaufsstadt angesichts eines sich verändernden Konsumverhaltens verblasst und die sich deshalb neu erfinden muss. Was also entsteht am Weberplatz? Frühestens Ende des Jahres will Miklikowski auf diese Frage eine Antwort geben.
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