Essen. Das Standesamt zieht von der Hollestraße zum Weberplatz um. Die Stadt verspricht sich eine Belebung des Viertels durch Hochzeitsgesellschaften.
Die Tage der Eheschließungen im Essener Gildehof sind gezählt. Das Standesamt der Stadt zieht mit seinen Abteilungen ins Nordviertel um und geht dort so etwas wie einen Bund fürs Leben ein: Als künftige Ankermieterin soll die Behörde das neue stadtbildprägende Büro- und Wohnhaus und dessen Umfeld am Weberplatz beleben, das die Allbau nach dem Abriss des maroden Hauses der Begegnung dort errichten will.
Dies hat der Verwaltungsvorstand um Oberbürgermeister Thomas Kufen beschlossen, der sich von dem Vorhaben eine deutliche Aufwertung der Nordstadt im Umfeld des Weberplatzes und eine Belebung des Sprengels durch eine Vielzahl von Traugesellschaften verspricht. Aus städtebaulicher Sicht wäre dies von großer Bedeutung, heißt es.
Das Ambiente ist für die Brautpaare von großer Bedeutung
„Zu keinem anderen einzelnen Vorgang der Stadtverwaltung kommen so viele Menschen auch aus verschiedenen Städten zusammen“, heißt es in einem Papier der Stadt. Die Trauzimmer, die Aufenthaltsmöglichkeiten für die Hochzeitsgesellschaften und das Außengelände seien für die Brautpaare von großer Bedeutung. Schöne Fotomotive seien ebenfalls sehr wichtig. Das dazu passende Ambiente könnte der umgestaltete Weberplatz mit seiner einladenden großzügigen Freitreppe zur Kastanienallee hin liefern, die den heute noch schmalen Abgang ersetzen soll, so das Kalkül.
Doch bis es so weit ist, werden wohl noch mindestens drei Jahre ins Land ziehen. Anders als zunächst vorgesehen, wird die Stadt für das geplante Karree am Weberplatz nun doch einen neuen Bebauungsplan aufstellen. Ursprünglich wollte der Allbau das geplante Büro- und Geschäftshaus nebst der Wohnbebauung auf Grundlage des geltenden Bebauungsplanes errichten. Doch sieht dieser für das Gebäude überwiegend eine öffentliche Nutzung vor, wie Allbau-Chef Dirk Miklikowski auf Anfrage erläutert. Planungsrechtlich will sich der Bauherr solche engen Fesseln nicht anlegen lassen.
Abriss und Neubau verzögern sich nach Angaben des Allbau dadurch um ein halbes Jahr. Das ehemalige Haus der Begegnung, 1910 als Ledigenwohnheim errichtet, sollte bis Februar kommenden Jahres niedergelegt werden. Der gesamte Gebäudekomplex sollte bis Ende 2025 stehen.
Klar ist, dass der alte Standort des Standesamts an der Hollestraße mit all seinen Zuständigkeiten unter anderem für Eheschließungen, Geburten und Sterbefälle keine Zukunft mehr hat. Auch wenn der genaue Zeitpunkt für einen Aus- und Umzug aus dem Gildehof noch nicht feststeht - er gilt als unumgänglich.
Geeignete Bestandsimmobilien wurden nicht gefunden
Der Mietvertrag der Stadt mit dem Eigentümer läuft 2025 aus, Verhandlungen für eine Verlängerung gestalteten sich schwierig, heißt es bei der Stadt. Die Suche nach geeigneten Bestandsimmobilien war bislang ebenfalls nicht von Erfolg gekrönt. Es gebe einfach zu viele Standesamt-Spezialitäten, die zu berücksichtigen seien. Bei einem projektierten Neubau könne die Planung angepasst werden, etwa für repräsentative Trauzimmer.
Doch es gibt noch eine Reihe anderer Anforderungen, die berücksichtigt werden müssen: Aufgrund langer gesetzlich vorgegebener Aufbewahrungsfristen von 30 Jahren bei Sterbeurkunden, 80 Jahren bei Eheurkunden und 110 Jahren bei Geburtsurkunden existieren sämtliche Personenstandsbücher in Papierform, die sicher untergebracht werden wollen. Die klimatischen und brandschutztechnischen Standards der Urkundenstelle mit einem Platzbedarf von mindestens 150 Quadratmetern sind deshalb sehr hoch. Erst nach Ablauf dekadenlanger Aufbewahrungsfristen werden die Bücher dem Stadtarchiv übergeben.
Es braucht Räume für das Stillen und Wickeln von Babys
Das „Geburtensachgebiet“ benötigt nach Überzeugung der Stadt ebenfalls räumlich großzügige Büros und Wartezonen, weil Eltern häufig Kinderwagen mit sich führen, wenn sie dort vorstellig werden. Zudem brauche es Rückzugsmöglichkeiten für das Stillen und Wickeln der allerjüngsten Essener.