Essen. Das Schauspiel Essen braucht eine weitere Spielstätte. Zwei Lösungen stehen zur Debatte. Rat entscheidet über die millionenschwere Investition.

Einhellig hat sich der Essener Kulturausschuss in seiner Sondersitzung am Mittwoch, 17. April, für den Umbau des einstigen Nachtclubs „Naked“ zum weiteren Theaterstandort für das Schauspiel Essen ausgesprochen. Die entscheidende Debatte über den Ersatzspielort für die Casa, die nach dem Verkauf der Theaterpassage für das Schauspiel Essen ab Sommer 2024 nicht mehr zur Verfügung steht, wird aber in der kommenden Ratssitzung am 24. April geführt.

Mehr zum Thema

Den Politikern stehen laut einer Machbarkeitsstudie zwei Möglichkeiten zur Auswahl: mieten oder kaufen. Die Kosten für die Sanierung und zukünftige Nutzung der Immobilie an der Rottstraße werden sich nach bisherigen Kalkulationen über einen Zeitraum von 20 Jahren je nach Variante auf 32,9 oder 29,4 Millionen Euro belaufen. Sollte sich im Rat für eine der vorgeschlagenen Varianten eine Mehrheit finden, muss sich das Essener Schauspiel zumindest in den nächsten zwei Spielzeiten gleichwohl mit Einschränkungen oder Interimslösungen arrangieren. Thorsten Steinmann von der Gemeinnützigen Theater-Baugesellschaft Essen mbH (TBE) spricht von einem möglichen Übergabetermin Anfang 2027. Sowohl der zeitliche wie auch der finanziell eingerechnete Puffer fällt nach Angaben von Steinmann dabei nicht allzu üppig aus.

Kaufen oder mieten - zwei Varianten stehen zur Auswahl

Als Favorit der Verwaltung gilt derzeit die Variante 2, die eine Anmietung des ehemaligen Varieté- und Diskogebäudes vorsieht. Damit müsste zunächst weniger Kapital aufgebracht werden, und zusätzliche Kosten wie die Grunderwerbssteuer fielen weg. Die bisherige Eigentümerin, die Allbau Managementgesellschaft (AMG), würde das Haus stattdessen für 5,5 Millionen Euro sanieren und für eine Laufzeit von mindestens 20 Jahren an die Theater und Philharmonie Essen (TuP) vermieten. Die jährlichen Betriebskosten von derzeit geschätzt 1,25 Millionen Euro würden den von der Stadt zu zahlenden Verlustausgleich für die TuP allerdings weiter in die Höhe treiben. Was angesichts eines ohnehin nicht unbeträchtlichen jährlichen Zuschussbedarfs der Essener Bühnen für Diskussionsstoff sorgen könnte, fürchtet nicht nur Thomas Cao (CDU). „Das könnte falsch verstanden werden.“

Auch bei TuP-Geschäftsführer Fritz Frömming gibt es momentan mehr Sympathien für die Variante eins. Sie sieht den Ankauf der Immobilie vor, die dann von der TBE umgebaut und danach an die TuP weiterverpachtet würde. Wie Frömming setzen auch Teile der Essener Kulturpolitik dabei auf die besondere bauliche Expertise der TBE in Sachen Theaterimmobilien, vor allem auch auf deren Erfahrungen in Sachen Bauunterhalt. Diese hätten sich, so Frömming, bei Grillo- und Aalto-Theater bislang äußerst bewährt. Schließlich soll das 1957 errichtete Gebäude in der Nordstadt ja nicht nur für die kommenden 20 Jahre als Bühnenraum in Schuss gebracht werden, sondern möglichst auch darüber hinaus, hofft Grünen-Ratsfrau Tabea Buddeberg.

„Vintage-Look“ soll das Publikum ansprechen

Der Prüfantrag von Karlgeorg Krüger (FDP), den Umbau des „Naked“ noch einmal gänzlich infrage zu stellen und stattdessen über Abriss und Neubau mit dann möglicherweise zusätzlichen Fördermitteln nachzudenken, wurde vom Kulturausschuss mehrheitlich abgelehnt. Für Kulturdezernent Muchtar Al Ghusain hat der „Vintage-Look“ des Gebäudes ohnehin Vorteile. Dies komme dem Vorhaben der neuen Intendantinnen Selen Kara und Christina Zintl entgegen, die mit ihrem Programm auch neue und noch eher theaterferne Publikumsschichten fürs Schauspiel begeistern wollen. Eine nagelneue „Hochglanz“-Bühne müsse für derlei Absicht nicht von Vorteil sein.

Wenn der Rat den Umbau der Ersatzspielstätte absegnet, bleibt die Frage, ob und wie die neuen Theaterchefinnen und das Ensemble den Wegfall der Casa in den kommenden zwei Spielzeiten kompensieren können. Man habe auch eine Verantwortung dafür, dass das gerade in der Casa schwerpunktmäßig gezeigte Kinder- und Jugendprogramm fortgeführt werden könnte, findet Linken-Kulturpolitikerin Heike Kretschmer. Kulturdezenernt Al Ghusain gibt sich zuversichtlich: „Ein Theater ist in der Lage, auch mal temporäre Lösungen zu finden.“

[Essen-Newsletter hier gratis abonnieren | Folgen Sie uns auch auf Facebook, Instagram & WhatsApp | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehr-Artikel + Innenstadt-Schwerpunkt + Rot-Weiss Essen + Lokalsport | Nachrichten aus: Süd + Rüttenscheid + Nord + Ost + Kettwig und Werden + Borbeck und West | Alle Artikel aus Essen]