Essen-Werden. Zwei junge Familienväter führen jetzt den größten Fußballverein im Essener Süden. Sie sprechen darüber, was sie antreibt und planen.

Der 1887 gegründete SC Werden-Heidhausen gleicht mit seinen 741 Mitgliedern eigentlich eher einem mittelständischen Unternehmen als einem kleinen Vorortclub. Ein solches Vereinsschiff sicher durch alle Untiefen zu steuern, bedarf großer Anstrengungen.

Aber immer mehr Vorstände beklagen, dass sie keine Nachfolger finden. Auch sorgte die Pandemie für massive Einbrüche bei den Mitgliederzahlen, zur Abmeldung unzähliger Mannschaften und in nicht geringer Zahl sogar zur Auflösung traditionsreicher Vereine. In Werden dagegen ging dieser Club gestärkt aus der Krise hervor.

Beide Essener haben den viel zitierten sportlichen „Stallgeruch“

Da passt es ins Bild, dass mit Sebastian Paas und Christoph Steinmetz nun zwei junge Familienväter einen der ältesten und größten Essener Fußballvereine in die Zukunft führen. Es war der gewünschte Generationswechsel. Beide haben diesen viel zitierten „Stallgeruch“. Denn sie spielten schon bei den Bambini und zwischendurch auch in der Erstvertretung des Clubs, stehen jetzt im Kader der erfolgreichen Altherrenmannschaft, die ins Halbfinale des Stadtpokals einzog. Während Steinmetz dort im Mittelfeld dirigiert, ist Stürmer Paas wohl leider raus: „Meine Knie wollen nicht mehr.“

Sebastian Paas (l.) und Christoph Steinmetz engagieren sich seit kurzem im Vorstand des SC Werden-Heidhausen.
Sebastian Paas (l.) und Christoph Steinmetz engagieren sich seit kurzem im Vorstand des SC Werden-Heidhausen. © Daniel Henschke

Der 39-jährige Paas trat die Nachfolge des langjährigen Jugendleiters Markus Graf an, der gleichaltrige Steinmetz folgte auf den Ersten Vorsitzenden Hans-Jürgen Koch, der sich um eine moderne Sportanlage im Löwental verdient gemacht hatte. Dabei hatten sich die beiden „Youngster“ nun so gar nicht zum Amt gedrängelt.

Trotz hoher Belastung engagieren sich die beiden Essener Familienväter

In erster Linie zögerten sie wegen des klassischen Dreiklangs „Beruf, Ehe, Kinder“, der so viele potenzielle Ehrenamtler „in den besten Jahren“ ausbremst. Beide sind sie erfolgreich im Job: Steinmetz in der Elektrobranche, Paas als Gymnasiallehrer.

Wir wussten, dass wir einen erfolgreichen Weg weitergehen können. Unsere Vorgänger haben tolle Arbeit geleistet. Nun möchten wir noch mehr tun für Vereinsleben und Zusammengehörigkeitsgefühl.
Christoph Steinmetz, Vereinsvorsitzender

Und doch übernahmen sie gerne Verantwortung im Club, so Paas: „Wir hatten Lust, für den Verein zu arbeiten, speziell für die vielen Kinder. Gestalten, Struktur geben. In den Vorstandsteams sitzen alles Leute, auf die man sich top verlassen kann. Wir haben uns sozusagen ins gemachte Nest setzen können.“ Steinmetz nickt: „Wir wussten, dass wir einen erfolgreichen Weg weitergehen können. Unsere Vorgänger haben tolle Arbeit geleistet.“ Es gebe in Jugendabteilung und Gesamtverein kompetent besetzte Funktionsteams: „Nun möchten wir noch mehr tun für Vereinsleben und Zusammengehörigkeitsgefühl.“

109 Jugendliche und 24 Betreuer aus Essen reisten zum Turnier in Spanien

Um ihre Motivation besser verstehen zu können, hilft ein Blick auf die umjubelte Rückkehr zweier großer Reisebusse von der katalanischen Mittelmeerküste. Eltern standen Spalier im Löwental und begrüßten ihre jungen Helden mit Beifall und Konfettikanonen. Seit 1989 reisen Werdener Jugendfußballmannschaften zu Ostern in die Sonne und nehmen nahe Barcelona am internationalen Turnier teil. Diesmal waren fünf männliche und zwei weibliche SC-Teams mit insgesamt 109 Jugendlichen und 24 Betreuern an Bord. Absoluter Rekord.

Gern gelesen in Essen

Erstmals konnte mit den D1-Junioren ein SC-Team den großen Siegerpokal der „Trofeo Mediterráneo“ gewinnen. Es gab überragende Leistungen zu beklatschen, mehrere „Tore des Monats“ und dieses unbeschreibliche „Wir-Gefühl“ einer großen Gemeinschaft. Auch Jugendleiter Sebastian Paas ist begeistert: „Das Betreuerteam rund um Markus Bäcker leistet da seit Jahren Grandioses.“

Im Sommer gibt es einen großen „Löwenflohmarkt“ in Essen-Werden

Der SC ist seit Jahren auf dem Werdener Weihnachtsmarkt vertreten und überraschte jetzt mit einer zünftigen Karnevalsparty. Der Club ist bekannt und beliebt im Stadtteil und ein durchaus ernstzunehmender Faktor. Das hat auch der Werbering-Vorsitzende Andreas Miksch erkannt, der nun mit dem SC ein neues Format entwickeln möchte. Am 17. August wird einen ersten gemeinsam veranstalteten großen „Löwenflohmarkt“ geben.

Es gibt fünf weibliche Teams

Aktuell stellt der SC Werden-Heidhausen 26 Mannschaften, davon gleich fünf weibliche Teams. Nach der coronabedingten Pause werden am 22. und 23. Juni wieder die Jugendturniere um den Theo-Kalkhoff-Pokal stattfinden.

Das sommerliche Feriencamp des SC ist das größte in ganz NRW. Die Jugend boomt, die Bezirksligaherren und das Damenteam stehen bestens da, während die Reserve der Herren vielleicht sogar in die Kreisliga A aufsteigen kann.

Weitere Infos sind auf der Homepage www.sc-werden-heidhausen.de oder auf den sozialen Kanälen des Clubs erhältlich.

Aber während es gut läuft im Süden, ließ ein offener Brief des BV Altenessen eine soziale „Bombe“ platzen. Die Situation wurde schonungslos dargestellt: Im Essener Norden seien Fußballtrainer heute in erster Linie „Sozialarbeiter“. Dazu kämen marode Sportanlagen mit Vandalismus und Probleme bei der Gewinnung von Ehrenamtlichen. Lehrer Paas hat den Brandbrief mit Bestürzung gelesen: „Das ist echt traurig und zeigt mal wieder, wie privilegiert wir im Süden sind.“

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