Essen. Hochrisiko-Spiel: Das Revierderby RWE - MSV Duisburg war für die Essener Polizei ein Großeinsatz. Zwei verletzte Ordner nach Böllerwurf
Die Essener Polizei war sich in ihrer Einstufung des Revierderbys Rot-Weiss Essen gegen den Abstiegskandidaten aus Duisburg von vornherein sicher. Ein Hochrisiko-Spiel würde es werden. Deshalb kommandierte die Polizeiführung vorsorglich ein Großaufgebot an Einsatzkräften zur Hafenstraße: von starken Einsatzkräften der Hundertschaft bis hin zu Beamten der Reiterstaffel.
Und die hatten bereits während der Anreise der Gäste und später am Stadion reichlich zu tun. Zur Halbzeit verzeichnete die Essener Polizei sechs Böllerwürfe im Duisburger Block. Dabei habe es zwei Verletzte gegeben, in beiden Fällen Ordner, wird es später heißen.
Bis zum Anpfiff um Punkt 16.30 Uhr hatte RWE-Boss Marcus Uhlig mit spürbarer Erleichterung noch von einer „störungsfreien Lage“ berichtet . Aber wissend, wie schnell die verfeindeten Fan-Lager aufeinander losgehen können, fügte er diesen Satz hinzu: „Ich hoffe, dass es auch nach dem Spiel so ruhig bleibt unabhängig vom Ergebnis.“
Polizei Essen verbietet MSV-Fans die Choreo: Daraufhin zünden sie Bengalos
Strenge Auflagen der Polizei sollten dazu beitragen. Eine Stunde vor Anpfiff wurde bekannt, dass den Gäste-Fans die Choreo untersagt wurde. Beim letzten Auswärtsspiel der Duisburger in Essen sollen sie sich unter der Blockfahne „versteckt“ und so anschließend unerkannt Pyrotechnik gezündet haben.
Doch einige MSV-Fans hielten sich nicht an das Pyroverbot, vor dem Stadion zündeten sie Bengalos und Böller. Daraufhin gab es erstmal einen Platzverweis von der Polizei. Der Stadionsprecher ermahnte die Duisburger immer wieder, das Abbrennen von Feuerwerkskörpern zu unterlassen.
Statt ÖPNV: Duisburger Hooligans chartern vier Omnibusse auf eigene Kosten
Stunden vor Spielbeginn waren die Einsatzleiter der Polizei noch eher mit logistischen Fragen beschäftigt. Mit der Frage etwa, wie die rund 2500 Duisburger Fußballfans überhaupt nach Essen kommen würden. Der Grund: Die Bahnstrecke zwischen Duisburg und Essen ist noch bis Montag wegen Bauarbeiten gesperrt, folglich gab es keine Direktverbindung, also auch keinen Sonderzug mit anschließendem Bus-Shuttle ab Essen Hauptbahnhof.
Um ein Anreise-Chaos zu verhindern, wurde vorsorglich der große Parkplatz des Autokinos „Drive In“ am Sulterkamp geöffnet. Gegen eine Gebühr von fünf Euro konnten die MSV-Fans ihren Wagen dort abstellen und bequem den Gästeblock erreichen. Die Essener Polizei hatte dies schon am Freitag rechtzeitig im Fanbrief mitgeteilt.
Die Mehrheit der Gästefans nutzte schließlich doch die öffentlichen Verkehrsmittel: also die Busse des Schienenersatzverkehrs sowie – via Mülheim und Oberhausen mit einmal Umsteigen – die S-Bahnen (S1 und S3) und die Regionalzüge (RE 6). Um Zusammenstöße der Fan-Gruppen am S-Bahnhof Bergeborbeck zu verhindern, so der Plan der Polizei, hätten die Gästefans schon am Bahnhof Dellwig „abgefangen“ und per Shuttle zum Stadion gebracht werden sollen. Doch die Fanbusse blieben so gut wie ungenutzt. Tatsächlich nahmen die meisten Fans die Route über den Essener Hauptbahnhof.
Allerdings gab es eine bemerkenswerte Ausnahme: Gewaltbereite Duisburger Hooligans der Kategorie C, so hieß es, hatten auf eigene Kosten vier Omnibusse gechartert, um direkt zur Hafenstraße fahren zu können. Ein Manöver, das den Einsatzkräften der Polizei einiges ersparte.
RWE und MSV: Fans beider Lager freuen sich auf das Revierderby: „Ein Feiertag“
Fünf Fanbusse mit Platz für mehrere hundert Fans hatte die Ruhrbahn am Helbing-Tunnel bereitgestellt, darin ging‘s in mehreren Rutschen zum Stadion. Die Wartezeit verbrachten die Fans nicht nur mit mitgebrachten Köpi-Pullen, sondern auch mit dem Genuss von Stauder aus den neuen Halbliter-Dosen.
Andere kritzelten schnell Graffiti an die Wand, zum Teil mit rechtsextremer Gesinnung, wie das Signet „WBC Ultras“ in Kombination mit einer frauenfeindlichen Vulgärbeleidigung verriet. Die Abkürzung steht für „White Boys Club“, ein Verband, der offenbar auch Zulauf von Neonazis erfährt.
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Die weitaus überwiegende Zahl der Fans beider Lager war hingegen gekommen, um ein Spektakel zu erleben. „Das Revierderby ist für mich ein Feiertag“, freute sich ein Fan im Zebra-Trikot. Und vorm Hafenstübchen sagte Rot-Weiss-Fan Oliver Thissen: „Ich möchte, dass Essen gewinnt und Duisburg trotzdem in der Liga bleibt. Wir brauchen so viele Revierderbys wie möglich.“
Dass die Rot-Weissen und die Zebras allerdings auch in der nächsten Saison zum Derby in Liga drei aufeinandertreffen, ist nach dem verdienten 4:1-Sieg der Essener allerdings so gut wie ausgeschlossen. „Wir wollen kein Mitleid“, hatte ein MSV-Fan vor dem Spiel gesagt. Stattdessen gab es am Ende viel Häme: Die Essener Fans wedelten mit weißen Taschentüchern.
Auf der Heimreise schlug die Trauer der Zebras dann doch um in Wut: Die Polizei musste zum Rheinischen Platz eilen, weil MSV-Fans Scheiben eines Fanbusses eingeschlagen haten. Man habe die Lage unter Kontrolle, hieß es. Ein Tatverdächtiger sei ermittelt worden. Nach einer weiteren Zwischenfall auf der Schützenbahn seien die letzten Fans gegen 20.30 Uhr am Hauptbahnhof abgereist.
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