Essen. Der Altersdurchschnitt auf der Oldtimer-Messe in Essen lässt vermuten: Für alte Autos interessieren sich nur ältere Menschen. Weit gefehlt.

Eine Viertelstunde nach Einlassbeginn herrscht bei der „Techno Classica“ in den Hallen Messe Essen bereits spürbarer Betrieb. Langsam schlendernd bahnen sich Besucher durch das Angebot an alten Autos, Motorrädern, Ersatzteilen und Zubehör aller Art. Hier und dort bleiben die Menschen stehen, um ein Foto zu machen, sich ein Exponat näher anzusehen oder mit einem Aussteller ins Gespräch zu kommen.

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Die gesprochenen Sprachen auf der „Techno Classica“ zeugen von ihrer internationalen Anziehung. Neben Deutsch hört man hier viel Niederländisch und Französisch, was Kenner der Szene nicht überrascht. Niederländer und Belgier gelten als besonders engagierte und kauflustige Oldtimer-Fans und sie haben es meist nicht allzuweit nach Essen. Wer nachhakt, stellt aber schnell fest, dass einige Besucher deutlich weitere Wege auf sich genommen haben.

„Techno Classica“ 2024: Nur gucken, nicht kaufen

So beispielsweise vier Männer aus Albi, einer französischen Gemeinde rund 76 Kilometer nordöstlich von Toulouse, also rund 13 Autostunden südwestlich von Essen. Es sei ihre zweite „Techno Classica“, berichten sie, vor zwanzig Jahren seien sie schon einmal zur Messe in Essen gewesen.

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Selbst besitze Michael Watkins, ehemaliger Rennfahrer aus Wales, der heute in Albi lebt, einen Oldtimer Porsche. Auf der „Techno Classica“ ist der 75-Jährige, um zu schauen und sich inspirieren zu lassen. Sollte ihm ein Auto besonders gefallen, dann sei ein Kauf nicht ausgeschlossen.

Michaut Frederic (60), Argaud Gilles (60), Pierre Monsarrat (64) und Michael Watkins (75) sind weit gereist: Für die „Techno Classica“ haben sie immerhin 1200 Kilometer nach Essen zurückgelegt.
Michaut Frederic (60), Argaud Gilles (60), Pierre Monsarrat (64) und Michael Watkins (75) sind weit gereist: Für die „Techno Classica“ haben sie immerhin 1200 Kilometer nach Essen zurückgelegt. © WAZ Essen | Jenny Beck

Auto-Verrückte sind auf der „Techno Classica“ natürlich keine Seltenheit. Eine Besucherin, die ihren Namen nicht veröffentlicht wissen möchte, beschreibt es wie folgt: „Ich drücke mir die Nase platt an alten Autos.“ Kaufen wolle sie allerdings nicht. Angesichts der aufgerufenen Preise, die rasch ins Sechsstellige gehen können, dürfte für die meisten Besucher ein Spontankauf eher nicht möglich sein. Immerhin aber: Nach Angaben von Johannes Hübner, Pressesprecher des Veranstalters „SIHA“, seien im vergangenen Jahr rund die Hälfte der ausgestellten Fahrzeuge verkauft worden.

„Oldtimer sind ein Teil Geschichte“

Viele Messe-Gäste verbindet ihre nostalgische Neigung. Gefragt, warum sie sich für Oldtimer interessieren, verweisen sie auf den Erinnerungswert. „Oldtimer sind ein Teil Geschichte“, sagt Susana de Val, eine Spanierin, die gemeinsam mit ihrem Freund Markus Haub in Mainz wohnt, was auch nicht gerade um die Ecke liegt.

Sasana de Val (51) und Markus Haub (52) sind für die „Techno Classica“ aus Mainz angereist.
Sasana de Val (51) und Markus Haub (52) sind für die „Techno Classica“ aus Mainz angereist. © WAZ Essen | Jenny Beck

Auch Bernd aus Wiesbaden umtreiben nostalgische Erinnerungen. Auf der Messe entdeckt er gleich am Eingang einen BMW, den sein Vater früher besessen habe. „Für mich sind diese alten Autos Teil der Jugend“, sagt er. Auch sehe er Oldtimer als Investition für nachkommende Generationen. Eines Tages könnten seine Kinder seine Autos übernehmen.

Auf der „Techno Classica“ in Essen sind auch junge Leute unterwegs

Zugleich weiß Bernd: „Autos haben nicht mehr den gleichen Stellenwert wie damals.“ Das zeige auch die Zielgruppe der Messe. Bernd schätzt sie auf 50 plus. „Die Jugend verliert zunehmend den Spaß an Oldtimern“, sagt er.

Die Schwestern Lena und Maike aus Aachen können das nicht bestätigen. Zwar stechen sie mit ihren 22 und 20 Jahren tatsächlich ein wenig aus der Masse heraus. Alte Autos und Motorräder bezeichnen sie dennoch als leidenschaftliches Hobby. Beide kommen seit rund 15 Jahren mit ihrem Vater auf die „Techno Classica“.

Oldtimer seien unter Jugendlichen wieder hip

In der Familie gebe es neun Oldtimer und 20 alte Mopeds, etwa solche der Marke Hercules. „Ich bin ein großer Fan der damaligen Zeit“, sagt Lena, das gelte auch für die Musik. Solche Zeugnisse der Vergangenheit seien „ein Vibe geworden unter Jugendlichen“. Die beiden Schwestern erzählen, dass sie sich regelmäßig mit Freunden und zehn, 15 Oldtimern auf Parkplätzen treffen. „Selbst Freunde, die moderne Autos fahren, finden unsere Oldtimer geil“, so Lena.

So besteht möglicherweise doch die Hoffnung auf Nachkommen, die die Liebe für Oldtimer weitertragen. Neben jungen und älteren Erwachsenen laufen auf der „Techno Classica“ am ersten Messetag auch eine Handvoll Kinder herum und begeistern sich sichtlich für die Autos, so wie es auch Lena und Maike einst in Begleitung ihres Vaters getan haben.

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