Essen. Festival für junges Publikum feiert 40. Bestehen. Maschinenhaus Essen, Schauspiel Essen und Pact Zollverein richten Bühnentreffen gemeinsam aus.

Kinder- und Jugendtheater kann selbst mit wenigen Mitteln große Wirkung erzielen. Und oft genug muss es das auch. Die Budgets für Kinder- und Jugendproduktionen sind zumeist übersichtlich, die öffentliche Wahrnehmung ist es bisweilen auch. Umso wichtiger ist ein Treffen wie das Westwind-Festival, das in diesem Sommer bereits zum 40. Mal ausgetragen wird und das Scheinwerferlicht einmal mehr auf die Vielfalt der Akteure richtet - freie Ensembles und Landestheater, kommunale und private Bühnen.

Das Bestentreffen der Kinder- und Jugendtheater aus NRW wird vom 1. bis 8. Juni in Essen ausgetragen. Und sorgt dabei für eine ganz besondere Konstellation. Das Maschinenhaus Essen hat sich als vergleichsweise kleiner „Westwind“-Ausrichter mit dem Schauspielhaus Essen und Pact Zollverein zusammengetan. Die Kombination aus freiem Theater, städtischer Bühne und Landes-Institution dürfte vielen als wegweisend gelten und steht nicht nur nach Meinung von Schauspiel-Intendantin Selen Kara für eine neue Form der Kollaboration, „weil wir uns in der Stadt alle gegenseitig brauchen“.

Jury hat Wettbewerbsstücke aus 49 Produktionen ausgewählt

Drei Spielorte, drei ganz unterschiedliche Bühnen für Produktionen, die unterschiedlichen Themen, Genres und Altersgruppen abdecken. Das Angebot reicht vom Bühnenstück ohne Sprache für die ganz Kleinen bis zum dokumentarischen Tanztheater für Zuschauer ab 13. Liebe und Gewalt, Angst und Ausgrenzung, Rassismus und Queerness sind Themen, die die Stücke aufgreifen. Das manchmal unterschätzte Kinder- und Jugendtheater bringe vieles dabei sogar „oft besser auf den Punkt“, findet Stefan Hilterhaus von Pact Zollverein.

Eine dreiköpfige Jury mit Mansur Ajang, Theaterpädagoge und Ensemblemitglied am Schauspiel Essen, der Essener Gesamtschullehrerin und Bildungsforscherin Tülay Altun und Till Beckmann, Schauspieler, Regisseur und Autor im Leitungsteam des Maschinenhaus Essen, haben die bemerkenswertesten Produktionen aus 49 Bewerbungen ausgewählt.

„Es liegt was in der Luft“ heißt die Produktion vom Jungen Schauspielhaus Bochum.
„Es liegt was in der Luft“ heißt die Produktion vom Jungen Schauspielhaus Bochum. © Birgit Hupfeld | Birgit Hupfeld

Zentrum des achttägigen Treffens ist dabei das Maschinenhaus Essen als „Theater der kommenden Generationen“, wo die Festival-Teilnehmer nicht nur campen können. Gemeinsames Tanzen, Singen, Yoga und Konzerte stehen ebenso auf dem Programm wie die „Schule on Stage“ oder eine Talent-Börse. Und natürlich gibt es auch eine große Gemeinschaftsküche. Das Theatererlebnis soll nicht mit dem Schlussapplaus enden, sondern Austausch und Begegnung ermöglichen.

Das Consol Theater lässt es glitzern mit „Geld!“
Das Consol Theater lässt es glitzern mit „Geld!“ © Axel J. Scherer | Axel J. Scherer

Für Gesprächsstoff ist jedenfalls gesorgt, wenn das Kölner Theater Pulk Fiktion seinen „Grusel“ in einem theatralen Live-Hörspiel für blinde und sehende Menschen erzeugt (Zeche Carl), das Junge Schauspiel Bochum den Hüterinnen der Luft bei der Arbeit zusieht (Pact Zollverein) und das Gelsenkirchener Consol Theater mit „Geld!“ die Mechanismen und Winkelzüge der Geldwirtschaft in einer Mischung aus Lectureperformance und schillernder Revue für Menschen ab zwölf aufbereitet (Maschinenhaus Essen).

„I wanna be loved by you“ heißt es in der Produktion vom Schauspiel Dortmund.
„I wanna be loved by you“ heißt es in der Produktion vom Schauspiel Dortmund. © Theater Dortmund | Theater Dortmund

Den Tanzstil Krump lernen die großen und kleinen Zuschauer in der neuen Produktion der Tanzkomplizen kennen („ich kann‘s nicht lassen“), bei der das Publikum bestimmt, wie das Stück ausgeht (Pact Zollverein). Während das Schauspiel Dortmund mit „I wanna be loved by you“ auf „Liebe und Beziehungen aller Arten und Formen schaut“, so die Jury. Die Kriege und Konflikte von einst holt das Herner Theater Kohlenpott mit „Troja - blinde Passagiere im trojanischen Pferd“ in die Gegenwart (Grillo-Theater). Und mit einer zeitgemäßen Überschreibung des derzeitigen Abistoffs, Büchners „Woyzeck“ (Grillo-Theater), wartet das Mülheimer Theater an der Ruhr auf, das die Westwind-Jury mit seiner „radikalen Zärtlichkeit“ und einem „spektakulär guten Bühnenbild“ beeindruckt hat.

Ermöglicht wird das Festival mit wesentlicher finanzieller Unterstützung vom Land, auch Stadt und Stiftungen helfen. Das Ministerium für Kultur und Wissenschaft lobt außerdem ein Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro aus, das von einer Kinderjury, einer Jugendjury und einer professionellen Theaterjury vergeben wird.

Das Festival-Motto lautet „10.200 Minuten Zeit“

Die kostbarste Währung des Festivals soll aber das gemeinsame Erleben sein. „10.200 Minuten Zeit“ haben die Essener Ausrichter deshalb als Motto über das diesjährige Westwind-Festival geschrieben, das neben den zehn eingeladenen Wettbewerbs-Produktionen auch noch einige internationale Gastspiele zeigt, die genrespezifische Impulse setzen sollen. Und das im Maschinenhaus Essen beheimatete Toboso Theater spielt das performative Demokratiespiel „Konferenz der kommenden Entscheidungen“ an Schulen. 2018 war das freie Theater schon einmal selber beim Westwind-Festival eingeladen und bekam damals den Preis der Jugendjury.

Der Vorverkauf für alle Vorstellungen beginnt am 21. März. Die Tickets kosten an allen Spielstätten 12/erm. 8 Euro. Kinder und Jugendliche zahlen 5 Euro. Mehr Infos: www.westwind-festival.de

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