Essen. Viele Menschen essen zu ungesund, Sodbrennen ist zur Volkskrankheit geworden. Hält es lang an, kann es auf Krebs hinweisen, mahnen Essener Ärzte.

Christoph Tews erinnert sich noch gut an jenen bittersüßen Tag im Juni 2023: Sein Sohn hatte das Abitur bestanden – und er eine Krebsdiagnose bekommen. „Ich habe mich eine Woche lang mit dem Tod beschäftigt“, erzählt der Patient, der am Essener Elisabeth-Krankenhaus behandelt wurde. Heute geht es ihm gut und er möchte gemeinsam mit seinen Ärzten auf Warnsignale für Speiseröhrenkrebs hinweisen.

Bei Tews selbst handelte es sich damals um einen Zufallsbefund: Mit 50 solle er doch mal eine Magenspiegelung machen, hatte ihm eine Nachbarin geraten. Die Routine-Untersuchung habe viel länger als geplant gedauert, „und dann hieß es: Sie haben einen Tumor an der Speiseröhre“. Ein Schock, zumal Tews beim Googeln fast nur von Menschen las, die die Erkrankung nicht überlebten.

Speiseröhrenkrebs wird oft erst in einem späten Stadium entdeckt

Tatsächlich zählt das Ösophaguskarzinom – so der medizinische Begriff – zu den seltenen, aber auch zu den gefährlichsten Krebsarten. Die Überlebensaussichten sind relativ ungünstig, weil der Krebs oft erst in einem späten Stadium entdeckt wird. Prof. Dr. Arnulf H. Hölscher möchte den Blickwinkel ändern, Patienten ermutigen: „Wir wollen die Diagnose nicht fatal betrachten, sondern die Möglichkeiten aufzeigen“, sagt der Leitende Arzt im Zentrum für Speiseröhrenerkrankungen am Elisabeth-Krankenhaus. Es gebe durchaus Chancen, den Krebs früher zu entdecken und erfolgreich zu behandeln.

„Wir wollen die Diagnose nicht fatal betrachten, sondern die Möglichkeiten aufzeigen.“
Prof. Dr. Arnulf H. Hölscher, Leitender Arzt im Zentrum für Speiseröhrenerkrankungen am Essener Elisabeth-Krankenhaus

Die besten Heilungschancen sind mit einer multi-modalen Therapie verbunden, die Operation mit Chemo-/Strahlentherapie kombiniert. So lief es auch bei Christoph Tews: Bevor ihn die Mediziner des Elisabeth-Krankenhauses operierten, schickten sie ihn zur Chemotherapie an die Uniklinik Essen, mit der sie eng zusammenarbeiten. „Ich habe einen Behandlungsfahrplan bekommen und mich damit sehr wohlgefühlt“, sagt Tews.

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Zwar musste er die zweite Chemo nach der OP abbrechen, doch er erholte sich insgesamt gut von der Erkrankung. „Ich bin selbständig und habe die ganze Zeit weitergearbeitet. Das hat mich auch abgelenkt.“ Sein Geschmackssinn habe gelitten, doch während andere Speiseröhrenkrebs-Patienten lieber mehrere kleinere Mahlzeiten über den Tag verteilen, isst Tews wie zuvor dreimal am Tag. „Nur Fleisch, das ich früher sehr gern mochte, schmeckt mir nicht mehr.“ Stattdessen esse er mehr Obst und Gemüse.

Rauchen, Alkohol und ungesundes Essen sind Risikofaktoren

Wie der Verzicht auf Alkohol und Zigaretten hilft eine gesunde Ernährung übrigens auch, das Risiko zu senken, überhaupt an Speiseröhrenkrebs zu erkranken. Die Entwicklung sei leider gegenläufig, bedauert Prof. Hölscher: „Immer mehr Menschen ernähren sich ungesund und sind übergewichtig.“ Das begünstige zumindest eine der beiden Formen von Speiseröhrenkrebs, so dass die Fallzahlen steigen.

Experten informieren über Speiseröhrenkrebs

Speiseröhrenkrebs (Ösophaguskarzinom) tritt in zwei Formen auf: Das Plattenepithelkarzinom ist meist auf hohen Nikotin- und Alkoholkonsum zurückzuführen. Auch das Adenokarzinom kann durch Rauchen gefördert werden. Wichtiger Risikofaktor für Adenokarzinome ist ein erhöhter Rückfluss (Reflux) von Magen- und Gallensäuren aus dem Magen. Er geht mit starkem, hartnäckigem Sodbrennen einher. Die Magensäure schädigt die Schleimhaut der Speiseröhre, was zu einer Krebsvorstufe führen kann.

Laut Deutscher Krebsgesellschaft (DKG) leiden an der Refluxkrankheit 20 bis 30 Prozent der Deutschen, vor allem Männer. Ursache sei meist ein hoher Fettkonsum mit damit einhergehendem Übergewicht. „Das Adenokarzinom der Speiseröhre weist in den westlichen Industriestaaten heute die höchste Zuwachsrate aller bösartigen Tumoren auf“, so die DKG.

Das Elisabeth-Krankenhaus Essen lädt am Mittwoch, 13. März, 14 bis 18 Uhr, zum Ösophaguskarzinom-Symposium (Hörsaal, Klara-Kopp-Weg 1). Es wird über Prävention, Diagnostik, Therapie und die geplante Selbsthilfegruppe informiert. Es ist auch eine Teilnahme per Zoom-Schalte möglich. Infos: 0201 897 3301. Anmeldung per Mail: sek.chirurgie@contilia.de oder innere@contilia.de

Die Ernährungsgewohnheiten führen oftmals dazu, dass die Betroffenen über längere Zeit starkes Sodbrennen haben. „Das ist mittlerweile eine Volkskrankheit“, sagt Dr. David Albers, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Gastroenterologie am Elisabeth-Krankenhaus.

Um die 20 Prozent der Deutschen leiden an Sodbrennen, doch die meisten reagieren wie Christoph Tews: „Ich hatte das auch, hab‘ es aber wegradiert.“ Auch andere Betroffene verschaffen sich mit Mitteln aus der Apotheke Linderung. „Dabei sollte man längerfristiges Sodbrennen ernst nehmen und unbedingt zum Arzt gehen“, mahnt Dr. Albers. Denn bei der sogenannten Refluxerkrankung fließt Magensäure in die Speiseröhre zurück und verätzt diese – es kann eine Krebsvorstufe entstehen.

Nicht in jedem Fall ist eine Operation notwendig

Während Schluckbeschwerden und Gewichtsverlust meist erst später auftreten, kann hartnäckiges Sodbrennen also ein früher Hinweis auf ein Ösophaguskarzinom sein. Klarheit verschafft eine Magenpiegelung. Bestätigt sich der Verdacht, sei es wichtig, schnell die geeignete Therapie einzuleiten, sagt Albers. Nicht immer sei eine große Operation notwendig: „Handelt es sich um eine Frühform, können wir sie endoskopisch entfernen.“ Die Speiseröhre bleibt erhalten.

Ist der Tumor schon tiefer in die Schleimhaut eingewachsen, ist eine OP angezeigt. „Es ist ein aggressiver Krebs, da müssen wir mit Kanonen schießen“, formuliert Prof. Dr. Peter Markus, Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Unfallchirurgie des Elisabeth-Krankenhauses. Das zertifizierte Zentrum für Speiseröhrenerkrankungen, in dem verschiedene Kliniken des Hauses vernetzt sind, biete das „stadiengerechte Gesamtpaket“ für das Karzinom, mache die erforderliche Zahl an OPs und behandle auch andere Erkrankungen der Speiseröhre. Die Patienten kommen aus dem gesamten Ruhrgebiet.

„Ich empfehle immer, in ein solches Zentrum zu gehen“, sagt Barbara Kade, Vorsitzende der Selbsthilfegruppe Speiseröhren- und Magenerkrankungen in Köln. Sie selbst hat es vor zwei Jahrzehnten anders gemacht, ging in ein kleines Krankenhaus, in dem ihr der Magen entfernt wurde. „Was gar nicht nötig war. Der Krebs saß in der Speiseröhre.“

Elisabeth-Krankenhaus lädt zum Ösophagus-Symposium ein

Im Laufe ihrer Leidensgeschichte landete sie bei Prof. Hölscher, der damals noch an der Uniklinik Köln tätig war und das Karzinom erfolgreich operierte. Und so ist die heute 73-Jährige ein Beispiel für einen guten Ausgang, den es bei Speiseröhrenkrebs eben auch gebe. „Es ist nicht alles so, wie es vorher war, aber ich lebe. Danke! Nun ist es für mich eine Herzenssache, anderen zu helfen.“

Konkret heißt das, dass Kade das Elisabeth-Krankenhaus bei der Gründung einer Selbsthilfegruppe unterstützt, die Patienten im Alltag berät. Christoph Tews wird dabei sein; die Mediziner des Hauses werden die Gruppe begleiten. Wer mehr erfahren möchte, kann alle Beteiligten am Mittwoch (13. März) beim Ösophagus-Symposium im Elisabeth-Krankenhaus treffen.

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