Essen. Mit dem Weggang von Henrike Eickholt muss Verdi im Bezirk Ruhr West eine neue Geschäftsführung suchen. Die Nachfolge lässt aufhorchen.

Der Tarifkampf im öffentlichen Dienst, das zähe Ringen um einen Tarifabschluss im Groß- und Einzelhandel, Warnstreiks im Speditionsgewerbe und auch bei der AOK. Die Gewerkschaft Verdi kann sich dieser Tage über Öffentlichkeit wahrlich nicht beschweren. Da rückt ein Personalwechsel im Verdi-Bezirk Ruhr West, zu dem Essen, Mülheim und Oberhausen gehören, fast in den Hintergrund, der mindestens bemerkenswert ist.

Ab 1. Januar braucht der hiesige Verdi-Bezirk eine neue Geschäftsführung. Denn überraschend hat sich die bisherige Chefin, Henrike Eickholt, zum Landesbezirk nach Düsseldorf verabschiedet. Anfang November löste sie dort Sabine Zimmer als neue Fachbereichsleiterin Handel ab. Dass Eickholt in ihrer Rolle in Essen keinen leichten Stand hatte, ist seit dem Wahl-Debakel vor fünf Jahren kein Geheimnis, die neue Rolle in Düsseldorf war da wohl ein willkommener Schritt.

Verdi wählt Vera Winnemund zur neuen Geschäftsführerin

Da aber auch Eickholts Stellvertreter, Bernt Kamin-Seggewies, zum Jahresende in den Ruhestand geht, braucht Verdi sogar eine komplett neue Führung. Viel Zeit blieb der ehrenamtlichen Spitze nicht, um den großen Bezirk nicht in ein Führungsvakuum schlittern zu lassen. Immerhin zählt die Gewerkschaft in den drei Städten rund 40.000 Mitglieder.

Lange gefackelt hat der Bezirksvorstand daher nicht. Er wählte vor Kurzem ein neues Führungsduo. Ein Name lässt dabei aufhorchen: Vera Winnemund soll neue Verdi-Geschäftsführerin und damit die Nachfolgerin Eickholts werden. Das wäre unter normalen Umständen vielleicht keine überraschende Personalie, wenn Eickholt und Winnemund nicht eine gemeinsame Vorgeschichte hätten.

Winnemund lehnte Wahl 2018 zur Stellvertreterin ab

Rückblende: Vor fast genau fünf Jahren kam es bei Wahl zur neuen Geschäftsführung zwischen beiden zum Eklat. Eickholt hatte den 2018 fusionierten Bezirk bis dahin nur kommissarisch geführt. Denn bei der ersten Wahl ein Jahr zuvor war sie zwar in Mülheim-Oberhausen bestätigt worden, im Bezirk Essen dagegen krachend gescheitert. Ein Kompromiss wurde erst nach einem Machtwort aus Düsseldorf gefunden. Winnemund galt damals als Eickholts Rivalin. Laut geäußert hatte sie einen Führungsanspruch zwar nie. Aber der Essener Bezirksvorstand hätte sie im neuen Bezirk gerne auf den Schild gehoben, verlor aber den Machtkampf mit Mülheim-Oberhausen, wo Eickholt schon 15 Jahre Geschäftsführerin gewesen war.

Als dann Ende 2018 die Frage wieder anstand, wie es nach der kommissarischen Führung weiter gehen soll, bekam Eickholt nur eine hauchdünne Mehrheit in der Abstimmung. Winnemund sollte indes weiter, wie schon während der kommissarischen Lösung, ihre Stellvertreterin bleiben. Obwohl sie mit vielen Ja-Stimmen gewählt wurde, lehnte sie eine Berufung ab. Offensichtlicher hätte das Verhältnis der beiden Frauen nicht zutage treten können. Es gab mehr als nur „atmosphärische Störungen“ zwischen beiden, hieß es damals.

Vera Winnemund (Bildmitte) wird ab 1. Januar 2024 neue Geschäftsführerin im Verdi-Bezirk Ruhr West. Links daneben ihr Stellvertreter Dennis Kurz. Rechts im Bild die ehrenamtliche Bezirksvorsitzende Carolin-Beate Fieback. 
Vera Winnemund (Bildmitte) wird ab 1. Januar 2024 neue Geschäftsführerin im Verdi-Bezirk Ruhr West. Links daneben ihr Stellvertreter Dennis Kurz. Rechts im Bild die ehrenamtliche Bezirksvorsitzende Carolin-Beate Fieback.  © WAZ | Verdi

Doch nun ist Eickholt weg, und es schlägt die Stunde von Vera Winnemund. „Wir sind auf sie zugegangen und haben ihr das Vertrauen ausgesprochen“, berichtet die Vorsitzende des Verdi-Bezirkes Ruhr-West, Carolin-Beate Fieback. Fieback stand schon 2017 an der Spitze des Essener Bezirks. Winnemund sagt, dass sie nach „langem Überlegen“ zugestimmt habe. Was sie bewegt hat? „Es ist nochmal eine Herausforderung. Ich möchte Verdi mitgestalten.“

Geschäftsführer-Lösung bei Verdi nur für wenige Jahre

Mit Winnemund setzt Verdi auf Erfahrung. Schon unter dem charismatischen Verdi-Chef Lothar Grüll war sie Stellvertreterin, trat in ihrer Position aber nur selten öffentlich nach außen. Ihre Wahl nun wird nur eine Übergangslösung sein. Denn Winnemund, die derzeit den Fachbereich Großhandel leitet, wird in diesem Jahr 63 Jahre alt. Sie selbst will die Geschäftsführer-Funktion noch dreieinhalb Jahre bekleiden.

Der Bezirksvorstand als ehrenamtliche Spitze hat ihr deshalb mit Dennis Kurz einen jüngeren Stellvertreter an die Seite gestellt. Der 32-Jährige ist erst seit zweieinhalb Jahren im Verdi-Bezirk Ruhr West und dort als Gewerkschaftssekretär für den Fachbereich Busse und Bahnen zuständig. Carolin-Beate Fieback spricht mit Blick auf Winnemund und Kurz von einer „guten Kombination“.

Im Verdi-Bezirk Ruhr West dürfte es in nächster Zeit vor allem darauf ankommen, dass die neue Führung Teamarbeit leistet. In jüngerer Zeit habe es viele Wechsel bei den Gewerkschaftssekretären gegeben und Fachbereiche seien zusammengelegt worden. Winnemund sieht daher ihre Aufgabe vor allem darin, „aus der neuen Truppe ein Team zu formen“.

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