Essen. . Verdi steht vor einem Umbruch. Doch statt Sachthemen muss die Gewerkschaft die Personaldebatte weiterführen. Grund ist der jüngste Wahl-Eklat.
Eigentlich wollte Verdi zur Sacharbeit zurückkehren. Doch nach der Wahl der Geschäftsführung, die vergangene Woche zu einem Eklat geriet, ist es nicht möglich, einfach wieder zur Tagesordnung überzugehen. Zum einen muss eine neue stellvertretende Geschäftsführerin gefunden werden. Zum anderen muss die gewählte Geschäftsführerin Henrike Eickholt nun mit einem wenig schmeichelhaften Wahlergebnis im Rücken den bevorstehenden Umbruch im gerade fusionierten Bezirk Essen, Mülheim, Oberhausen organisieren.
„Anders wäre es natürlich schöner gewesen. Denn wir haben viele Sachthemen vor uns“, sagte die Vorsitzende des Bezirksvorstands Carolin-Beate Fieback mit Blick auf den Ausgang der Wahl. Diese hatte Eickholt mit hauchdünner Mehrheit von 15:14 Stimmen bei einer Enthaltung im Bezirksvorstand für sich entschieden. Ihre bisherige Stellvertreterin Vera Winnemund nahm allerdings daraufhin ihre Wahl nicht an obwohl sie wiederum mit überdeutlicher Mehrheit bestätigt wurde.
Winnemund ließ bei ihrer Entscheidung nach Berichten von Beteiligten keinen Zweifel daran, dass es mehr als nur atmosphärische Störungen sind, die für sie eine Zusammenarbeit mit Eickholt nicht möglich machen. Der 53-jährigen Eickholt wird ein autokratischer Führungsstil und mangelnde Kommunikation mit Mitarbeitern und Ehrenamtlichen nachgesagt. Andererseits ist die Bottroperin schon viele Jahre Geschäftsführerin und somit im Amt erprobt.
Neues Zeitalter bei Verdi beginnt
Auch Eickholt selbst hatte mit einem knappen Wahlergebnis gerechnet, wie sie sagt. Schließlich hatte der Essener Bezirksvorstand sie vor einem Jahr noch mit großer Mehrheit abgelehnt. Ihre kommissarische Führung für ein Jahr war zunächst ein Kompromiss und für sie eine Bewährungschance. Überzeugt hat sie viele ihrer Kritiker in der Zeit offensichtlich noch nicht.
Zum Ausgang der Wahl jetzt sagte sie dennoch: „Ich habe mich gefreut.“ Für sie sei es keine Überlegung gewesen, die Wahl nicht anzunehmen. Obwohl ihr fast der halbe Bezirksvorstand die Unterstützung versagte. Eickholt gab sich unterdessen gesprächsbereit. An ihre Kritiker gerichtet sagte sie: „Jeder ist herzlich eingeladen zum Dialog.“ Auf Vorwürfe an ihrem Führungsstil angesprochen, meinte sie: „Ich bedauere, wenn dieser Eindruck entstanden ist. Das ist nicht mein Führungsanspruch.“ Gleichzeitig verwies sie auf Entscheidungen, die als Geschäftsführerin zu treffen sind, und die nicht immer leicht seien. Der vor Verdi liegende Veränderungsprozess sei tiefgreifend und beschäftige die Mitarbeiter.
Was auf Verdi zukommt, gleicht in der Tat einer kleinen Revolution: Ab 10. Dezember wird es eine Arbeitsteilung unter den Gewerkschaftsmitarbeitern geben, der Allrounder unter den Verdi-Sekretären hat dann ausgedient. So soll sich ein Berater-Team ausschließlich um individuelle Fragen von Mitgliedern kümmern wie zum Beispiel Rechtssachen. Dadurch sollen die Sekretäre mehr Zeit gewinnen für die Arbeit vor Ort in den Betrieben. Hinzu kommt eine Zentrale, die sich um allgemeine telefonische Anfragen kümmert. Damit will Verdi schlagkräftiger werden und somit attraktiver für neue Mitglieder.
Neubesetzung des Vize-Postens wohl erst 2019
Eickholt muss den Prozess organisieren und moderieren. Bis für sie eine neue Stellvertretung gefunden ist, dürfte es Anfang nächsten Jahres sein. „Wir brauchen für die Position eine integrative Person aufgrund der nicht ganz einfachen Lage“, so Bezirkschefin Fieback zu den Anforderungen. Denn will Verdi die Personaldiskussion endlich beenden, dann muss die Auswahl sitzen.