Essen. Weihnachtsmärchen sind Schnee von gestern. Wie heute „Die rote Zora und ihre Bande“ im Essener Grillo-Theater Kinderprobleme mit Action verpackt.
Früher gingen Kinder kurz vorm Fest traditionell ins Weihnachtsmärchen. Heute sind „Hänsel und Gretel“ Schnee von gestern. Alltagsprobleme stehen im Fokus sogenannter Familienstücke. Themen wie Demenz, Angst oder eben Armut verbinden sich mit Unterhaltung. So auch bei John von Düffels Bühnenversion des Kinderbuchklassikers „Die rote Zora und ihre Bande“, die Co-Intendantin und Regisseurin Selen Kara und der musikalische Leiter Torsten Kindermann für das Schauspiel Essen aufbereitet haben. Premiere ist am kommenden Sonntag, 12. November, im Grillo-Theater.
Familienstück aus Bremen wurde für das Grillo-Theater adaptiert
„Wenn ich durch die Stadt gehe, sehe ich viele erwachsene Obdachlose. Es gibt aber auch Notschlafstellen für Kinder und Jugendliche in Essen. Das war mir nicht so bewusst“, sagt Selen Kara. Sie möchte den Kindern, die nicht gesehen werden, mit diesem Stück eine Stimme geben. Bereits 2019 hat sie mit ihrem Ehemann Torsten Kindermann „Die rote Zora und ihre Bande“ nach dem 1941 erschienenen Roman des Schweizer Autors Kurt Held am Theater Bremen erarbeitet und es nun für Essen neu aufbereitet. Daher stammt auch Lydia Merkels Bühnenbild samt Burgruine, das Kindermann unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit aufgekauft hatte. Es sei doch Wahnsinn, dass jedes Bühnenbild, nachdem das Stück abgespielt sei, geschreddert werde, meint er.
Gewusst hat der 49-Jährige, der unter anderem am Schauspielhaus Bochum als Theatermusiker engagiert war und schon mehrere Familienstücke mitentwickelt hat, zu der Zeit noch nicht, dass das Gespann Kara/Kindermann in Essen landen würde. Jetzt findet das hiesige Ensemble Unterschlupf in und rund um die Burgruine und erzählt eine Geschichte, die Selen Kara sehr mag, weil sie real ist. Sie spielt in der kroatischen Küstenstadt Senj, wo alles nach Urlaubsidylle aussieht und das Leben doch hart ist. Vor allem für die Bande der roten Zora. Als der Junge Branko nach dem Tod der Mutter wegen angeblichen Mundraubs im Gefängnis landet, befreien sie ihn und nehmen ihn auf.
Regisseurin stellte sich mit „Doktormutter Faust“ vor
Für die Co-Intendantin, die sich mit „Doktormutter Faust“ in Essen vorstellte, war es das erste Familienstück. „Ich hatte einen riesigen Respekt davor, ein Stück zu inszenieren, das Kindern und Erwachsenen - in Bremen waren es 800 - Spaß macht und von dem sie etwas mitnehmen können“, so Selen Kara. Schließlich geht es um Verlust, Armut, Solidarität und Freundschaft. Dafür hat die 38-Jährige eine Stadtgesellschaft geschaffen mit Kindern, die versuchen, in einer Ersatzfamilie zu überleben, ihren Verbündeten und ihren Gegnern. „Man braucht einen Konflikt“, weiß die Mutter von zwei Töchtern, die mit siebeneinhalb und fünfeinhalb Jahren zum angepeilten Publikum gehören.
Mit bemalten Fischen können Kinder helfen
Die Premiere des Familienstücks „Die rote Zora und ihre Bande“ am 12. November im Grillo-Theater ist ausverkauft. Weitere Familienaufführungen gibt es am 25. November sowie am 2., 3., 16., 17., 23. und 26. Dezember. Empfohlen wird das Stück für Menschen ab 5 Jahren. Vorstellungsdauer: ca. 1 Stunde, 30 Minuten. Keine Pause.
Für Kinder in Not startet das Schauspiel Essen einen Spendenaufruf. Und das junge Publikum kann mit selbst bemalten oder beklebten Fischen helfen - der roten Zora, der Bande und ganz realen Kindern aus Essen.
Und das geht so: Die Bastelvorlagen für die Fische können aus der im Theater und im Abo-Büro ausliegenden Theaterzeitung ausgeschnitten oder von der Homepage www.theater-essen.de/spielplan/a-z/die-rote-zora/heruntergeladen und nach Lust und Laune bearbeitet werden. Die zur Vorstellung mitgebrachten Fische sollen später in eine monetäre Spende umgewandelt werden.
Karten unter: 0201 81 22 200 oder online auf www.theater-essen.de
Um ernste Themen wie Obdachlosigkeit ansprechend zu verpacken, gehört aber noch einiges mehr: „Ein tolles Bühnenbild, Bühnenmagie, Vogel Koko, eine Verfolgungsjagd, böse Figuren und eine Kampfszene“, zählt sie auf. „Ohne Waffen auf der Bühne“, fügt Kindermann an, der für den wichtigen Faktor Musik gesorgt hat. Neben dem von ihm komponierten Balkan-Pop hat er den professionellen Musiker Jan-Sebastian Weichsel mit ins Boot geholt und alle Schauspieler motiviert, neben ihrer Rolle ein Instrument zu spielen. Das reicht von Beritan Balci am Akkordeon bis zu Sabine Osthoff am Metallophon.
Damit das Stück gut ankommt, sind Einführungen und Nachgespräche geplant, in erster Linie zu den Wochenendvorstellungen. Eine Schulkasse wurde vor der Premiere eingeladen, um ein Echo zu erhalten. Und die eigenen Kinder wurden auch befragt. „Sie haben sehr positiv reagiert“, sagt Selen Kara. Würden sie denn Kritik äußern? „Auf jeden Fall.“
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