Essen-Haarzopf. Der Essener Autor Klaus Heimann schildert in seinem neuen Roman „Lina“ das Schicksal einer Frau im letzten Jahrhundert – seiner Großmutter.
- Der Essener Autor Klaus Heimann ist eigentlich für Krimis mit Ortsbezug bekannt.
- Doch auch historische Stoffe interessieren ihn.
- Jetzt widmet er seiner Großmutter Lina einen Roman.
Der neue Roman „Lina“ von Autor Klaus Heimann (64) aus Essen-Haarzopf erzählt von einem Frauenschicksal in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das Besondere: Lina ist die Großmutter des Autors, an deren Leben sich der Roman orientiert. Sie verbringt viele Jahre ihres Lebens in Haarzopf, auf einem kleinen Kotten am Rand des Stadtteils.
„Es ist aber keine Biografie“, betont Heimann, der fiktives Geschehen und biografische Elemente zusammenbringt, um ein möglichst authentisches Bild jener Zeit zu vermitteln.
Der Haarzopfer schreibt seit vielen Jahren. Bekannt ist er vor allem für seine Krimis, die oft lokalen Bezug haben. Acht davon gibt es schon, die Bücher neun und zehn sind in Arbeit. Aber auch historische Stoffe interessieren Heimann. Vor zweieinhalb Jahren hatte er in einem Roman die Feldpostbriefe seines Vaters und Großvaters verarbeitet, die sich beide während des Zweiten Weltkriegs und der Kriegsgefangenschaft geschrieben hatten.
Essener Autor schildert den schweren Alltag einer Landfrau im letzten Jahrhundert
In seinem aktuellen Roman, seinem insgesamt zwölften Buch, widmet sich der Autor der Verwandtschaft mütterlicherseits. Ihm sei aufgefallen, dass historische Frauen in der Literatur oft wie moderne Frauen agierten, obwohl der kulturelle Kontext damals ein ganz anderer gewesen sei. „Dem wollte ich auf den Grund gehen, wollte schauen, wie Frauen damals tatsächlich gelebt haben und ein historisch korrektes Bild zeichnen“, sagt Heimann. Dabei sei ihm das Schicksal seiner Großmutter (1905-1957) eingefallen. Er selbst, Jahrgang 1959, habe sie nicht mehr kennengelernt. „In der Verwandtschaft wurde aber viel über sie gesprochen.“
Heimann lässt Linas Geschichte aus der Autorenperspektive erzählen, im Prolog kommt als besonderer Kniff das Haus aus dem 19. Jahrhundert zu Wort, in dem Lina und ihre Familie am Rande Haarzopfs lebten. Eigentlich stammt Lina, wie seine Großmutter im richtigen Leben hieß, aus dem 500-Seelen-Dorf Eimelrod in Nordhessen. „Wer in dieser ländlichen Umgebung groß wurde, hatte zu jener Zeit nur einen sehr begrenzten Blick auf die Welt. Was Lehrer und Pastor gesagt haben, war das Leben“, sagt Heimann.
Nach dem frühen Tod der Mutter muss Lina häusliche Pflichten übernehmen, arbeitet schon als 14-Jährige als Magd auf einem Hof, der zwei Stunden Fußmarsch entfernt liegt. Den Weg muss sie zweimal täglich, auch bei Schnee und Eis, bewältigen.
Der Absprung in ein besseres Leben war nicht leicht
Doch auch der Absprung in ein besseres Leben ist nicht leicht. Ihre Tante überredet Lina, mit nach Essen zu kommen und dort eine Stelle als Dienstmädchen anzunehmen. Bis sich die junge Frau den Ortswechsel in die Großstadt zutraut, vergeht einige Zeit. „Die Stadt war ihr suspekt“, so Heimann. Und tatsächlich sind Linas erste Erfahrungen als Dienstmädchen in Essen nicht gerade positiv.
Auf einer Hochzeit lernt die junge Frau ihren späteren Mann kennen. „Meinen Großvater“, so Heimann. Das Ehepaar übernimmt einen Kotten am Rande von Haarzopf. „In dem kleinen landwirtschaftlichen Betrieb war sie gut aufgehoben, das kannte sie von zu Hause“, so der Autor.
Lina bekommt drei Kinder, muss harte Zeiten überstehen. Der Zweite Weltkrieg bricht aus, Lina lebt in Angst um Mann und Kinder. Als die Amerikaner im April 1945 nach Essen kommen, ist der Krieg praktisch vorbei, schon Wochen vor dem offiziellen Kriegsende. Doch Lina muss einen weiteren Schicksalsschlag verkraften. Ihr Mann wird aufgrund einer Verwechslung erschossen, sie steht mit drei Kindern allein da.
Autor konnte nur auf sehr wenige Quellen zurückgreifen
Die Arbeit an dem historischen Roman sei aufwendig gewesen, er habe nur wenige Quellen zur Verfügung gehabt, berichtet Klaus Heimann. Gerade einmal zehn Briefe, nicht einmal alle von der Großmutter verfasst, seien die Grundlage seiner Recherchen gewesen.
„Es war ziemlich schwierig, herauszufinden, wie Lina damals getickt, was sie empfunden hat. Sie hat ja kein Tagebuch geschrieben, das etwas über ihre Gefühle ausgesagt hätte. Damals funktionierten die Menschen im Alltag, über Gefühle wurde nicht gesprochen“, so der Autor. Überliefert sei, dass die Großmutter streng gewesen sei. „Und auf den Fotos, die es noch gibt, lacht sie eher selten.“
Von Linas drei Kindern leben noch zwei. „Meine Mutter ist verstorben, die beiden Tanten gibt es noch“, sagt der Haarzopfer, der deshalb auf einige identifizierende Details verzichtet hat. „Wenn man einen Roman schreibt, sollte man sich sowieso von der echten Geschichte lösen.“ Man wolle ja nicht Fakten aneinanderreihen, sondern eine Handlung erzählen.
Der Roman „Lina“ umfasst 245 Seiten. Er ist im Kettwiger Hummelshain-Verlag erschienen und kostet 14,50 Euro. Das Buch ist im Handel und über die Verlagswebseite hummelshain.eu erhältlich.
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