Essen. Die Essener Obdachlosenhilfe „Fairsorger“ distanziert sich von rassistischer Hetze – und nimmt keine Rücksicht auf Leute aus dem eigenen Team.
Die Essener Obdachlosenhilfe „Fairsorger“ distanziert sich von rassistischer und fremdenfeindlicher Hetze in sozialen Netzwerken gegen Bedürftige – und nimmt dabei keine Rücksicht auf Ehrenamtliche in den eigenen Reihen. Ein Teammitglied war vor wenigen Tagen aufgefallen, weil es Stimmung gegen Flüchtlinge gemacht und sich für deren Abschiebung in die Heimatländer stark gemacht hatte. Der Rauswurf war die Folge. „Wir haben uns von diesem Teammitglied trennen müssen“, sagt eine „Fairsorger“-Sprecherin.
Null Toleranz auch bei „unreflektiertem Teilen hetzerischer und rassistischer Beiträge“
In der Vergangenheit habe es zwei ähnliche Vorfälle gegeben. Zuerst werde eine Verwarnung ausgesprochen, im Wiederholungsfall erfolge der Ausschluss. „Die Teammitarbeiter wurden dann rauskomplimentiert“, sagt die Sprecherin. Der Vorstand betont ausdrücklich, dass es sich um Einzelfälle handele. Obwohl es sich nicht um „Überzeugungstäter“ gehandelt habe, sah sich der Verein jetzt zu einer öffentlichen Erklärung veranlasst. Darin heißt es: „Auch dem unreflektierten Teilen von hetzerischen und rassistischen Beiträgen bei Facebook werden wir entschieden entgegentreten, weil es mit unserer Haltung bedürftigen Menschen gegenüber nicht vereinbar ist.“
Die Fairsorger verteilen an der Kirche St. Gertrud drei Mal wöchentlich abends Essen und Getränke, Kleidung und Hygieneartikel an Menschen, die in Not geraten sind. Außerdem helfen sie bei Behördengängen und bieten psychologische Unterstützung an. „Für uns spielen dabei Hautfarbe, Nationalität oder Religion überhaupt keine Rolle. Auch die Gründe, warum Menschen in diese Situation geraten sind, bewerten wir nicht“, heißt es in der Erklärung. Die Tatsache, einen Menschen in Not vor sich zu haben, reiche völlig aus um zu handeln.
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Gäste der Fairsorger sind Flüchtlinge, mittellose Rentner, Alkoholiker und Obdachlose
In die Schlange reihten sich Flüchtlinge, Asylsuchende, mittellose Rentner, psychisch Kranke und Menschen unterhalb des Existenzminimums ebenso ein wie Drogenabhängige, Alkoholiker, Obdachlose und aus der Haft Entlassene: Menschen in Not, „die hungrig, suchtkrank, verzweifelt, perspektivlos, traurig und ratlos“ seien. Plumpe Stimmungsmache gegen so genannte Wirtschaftsflüchtlinge und Armutszuwanderer halten die Fairsorger für äußerst gefährlich. Denn bei näherem Hinsehen stelle sich heraus, dass Iraker und Syrer beispielsweise mit falschen Versprechungen (z. B. Wohnung, Arbeit) nach Essen gelockt worden seien. Hinzu kämen ausgebeutete Arbeitssklaven aus Osteuropa, die in Transportern hausten, keinen Cent mehr für die Rückreise besäßen und hier abstürzten. „Wir erleben grauenhafte Schicksale“, so die Sprecherin.
30 bis 40 ehrenamtliche Teammitarbeiter seien für die Fairsorger aktiv. Freiwillige, von denen der Vorstand sagt: „Unser Team ist multikulturell aufgestellt, mehrere Nationalitäten, Hautfarben und Glaubensrichtungen, Christen, Moslems, Atheisten . . .“ Sie alle wirkten mit an einer Erfolgsgeschichte, bei der die positiven Beispiele überwögen. Ein junges Paar aus dem Iran sei zunächst gekommen, weil es hilfsbedürftig war. „Jetzt gehören sie fest zum Team und haben ihre Deutschkenntnisse stark verbessert“, heißt es. Ein anderes Beispiel: Jemand, der Obdachlose anfänglich als „faules Pack“ beschimpft habe, habe seine Meinung um 180 Grad gedreht und am Ende sogar 120 Euro gespendet.