Essen-Karnap. Mehr als jedes dritte Kind in Karnap gilt als arm. Die Folgen zeigen sich bei einem Projekt, das dagegen ankämpft: Der Kinder- und Familientisch.
Im Schatten der Kirche St. Marien in Karnap steht Astrid van der Heyden und schaut den Kindern beim Toben zu. Heute lockt die Hüpfburg des Kinderschutzbundes an den Meersternweg und auf dem Spielplatz ist die „Sports Area“ zu Gast. In den Spielpausen holen die Kinder einen Obstspieß. Das lockt einige Eltern an, die nach erstem Zögern gerne zugreifen. So funktioniert der kostenfreie Kinder- und Familientisch der CSE (Caritas-SkF-Essen). Was sich so schön anhört, wurde eingerichtet, weil viele Kinder in diesem und anderen Essener Stadtteilen unter der Armutsgrenze leben.
Kinder- und Familientisch: Fünf Standorte in Essen
Koordinatorin van der Heyden berichtet, dass es in Essen nun an fünf Standorten diese offenen Angebote gebe: „Zu uns können Familien mit ihren Kindern von 0 bis 18 Jahren kommen. Die Omas und Opas natürlich auch.“ Immer donnerstags von 13 bis 18 Uhr biete das Team am Gemeindehaus St. Marien (Meersternweg 11) verschiedene vegetarische Eintöpfe, Salate, Nudelgerichte, Aufläufe. „Auch werden wir mit den Familien in unserer Kochwerkstatt Nachtische zaubern wie zum Beispiel vegane Kokosröllchen, Dattelpralinen oder Pfannkuchen.“
Zusätzlich gebe es eine Lernwerkstatt, erklärt van der Heyden. „Wir helfen bei den Hausaufgaben, üben speziell auf Schularbeiten hin oder helfen, falls das Kind für ein Fach etwas aufholen muss. Wir bieten auch Sprachförderung an.“ Viele Bewegungsangebote soll es geben, etwa einen Parcours für Fein- und Grobmotorik: „Wir spielen auch Fußball und Basketball.“ Besonderen Wert lege man auf Kooperationsspiele: „Das soziale Miteinander in der Gruppe ist extrem wichtig. Zusammen als Team gewinnen. Die Kinder lieben das, sie wollen Strukturen und Regeln.“
Kinder- und Jugendtisch in Essen: Ernährung in Kombination mit Bewegung
Auch Marie Schmitz vom Stadtteilbüro Kabüze am Karnaper Markt schaut lächelnd dem wilden Treiben zu: „Wenn ich mir das anschaue, schlägt das Projekt des Kinder- und Familientisches genau in die richtige Kerbe. Gesunde Ernährung in Kombination mit Bewegung ist dermaßen wichtig.“ Sie verweise da gerne auch auf das kostenlose Brotzeit-Frühstück für Schüler und Schülerinnen etwa in der Maria-Kunigunda-Schule.
In Karnap beziehen laut dem Amt für Statistik 42,4 Prozent der unter 18-Jährigen existenzsichernde Leistungen, das sind über zehn Prozentpunkte mehr als der Durchschnitt für Essen. Dieser Trend spiegelt sich auch in der Kindergesundheit wider. Bei der Schuleingangsuntersuchung 2022 hatten laut Stadt 25 Prozent der Untersuchten aus Karnap Gewichtsprobleme, auch hinken 57,7 Prozent der Kinder hinterher bei Körperkoordination, Visuomotorik (zum Beispiel Auge-Hand-Koordination) und nicht zuletzt auch bei der Sprache.
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Marie Schmitz berichtet von vielen Akteuren, die sich im Stadtteil um die Jüngsten kümmern. Ein gutes Beispiel sei da das Projekt „Sports Area“, bei dem Jugendamt, Universität Duisburg Essen, der Verein „Integration durch Sport und Bildung“ sowie die „Akademie für Bildung und Soziales“ in Altenessen, Karnap und Vogelheim donnerstags von 16 bis 18 Uhr Spiel und Spaß für Kinder und Jugendliche organisieren. Im September ist das auf dem Spielplatz am Meersternweg. Im Oktober wandert das Projekt dann nach Vogelheim auf die Grünfläche am Stakenholt.
Die CSE hält für den Kinder- und Familientisch vier feste Mitarbeiter sowie fünf Honorarkräfte vor und wird unterstützt von 15 Ehrenamtlichen. Das „Publikum“ sei von Standort zu Standort höchst verschieden. In manchen kämen ganze Familien, in anderen nur die Kinder, dann aber mit den jüngeren Geschwistern im Schlepptau. Ist das ein Zeichen für Desinteresse der Eltern? Nein, Astrid van der Heyden vermutet etwas anderes: „Die Familien sind von ihrer Armut derart belastet, dass die Eltern keine Kraft mehr haben für ihre Kinder.“
Man biete auch Sozialberatung an und vermittele an die richtigen Ansprechpartner. Es gebe durchaus weitere Anfragen für zusätzliche Standorte, etwa für Altendorf: „Der Bedarf ist riesig und wir sind offen für Erweiterungen. Doch aktuell sind wir mit unseren personellen und finanziellen Ressourcen an der Grenze.“ In Karnap werde man zunächst 40 Essen bestellen: „Aber wir können problemlos spontan nachordern.“
Weitere Kinder- und Familientische
Die bisherigen Kinder- und Familientische in Altenessen, Kray und der Innenstadt betreuen bereits eine große Zahl an Kindern und deren Eltern, so Astrid van der Heyden: „200 Familien waren bei unserer Weihnachtsfeier im Gemeindesaal von St. Getrud.“
Der Mitte August eröffnete Standort Freisenbruch muss bis auf weiteres draußen stattfinden, bis das Bürgerhaus Oststadt fertig saniert ist: „Wir hoffen, dass wir im kommenden Winter rein können.“
Informationen und Öffnungszeiten sind unter www.cse.ruhr/kinder-und-familientische zu erhalten.
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