Essen: Wie Boris Orlowski am Baldeneysee die Strippen zieht

Essen. Boris Orlowski ist Chef der Weißen Flotte und Seemanager. Überzeugungsarbeit ist sein Job – die Interessenlagen am Baldeneysee sind kompliziert.

Seemanager – das klingt nach Durchgriffsrechten, nach einer machtvollen Position, und man darf annehmen, dass Boris Orlowski im Zweifel Klartext reden kann. Doch als er im Sommer 2020 seine neu zugeschnittene Geschäftsführerstelle bei der Weißen Flotte antrat, musste er nach eigenem Bekunden erst einmal eines verstehen lernen: „wie kleinteilig der Baldeneysee ist“.

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Durchregieren ist da nur selten möglich, der Alltag des Seemanagers besteht vielmehr in Überzeugungsarbeit, Kooperation, Vermittlung und dem Ausgleich verschiedener Interessen.

Die historisch gewachsenen Zuständigkeiten am See sind verzwickt

Und Interessen gibt es einige am See, private, aber auch öffentliche. So sind die Wasserfläche selbst und der unmittelbare Uferbereich Eigentum des Ruhrverbands, ebenso einige wichtige Wege wie der Übergang am Stauwehr in Werden. Verzwickt sind die historisch gewachsenen Zuständigkeiten der Stadt, die sich vor allem auf Wege und Straßen rund um den See erstrecken. Mal sei der Betrieb Grün und Gruga zuständig, an anderen Stellen die Förster, dann wieder das Amt für Straßen und Verkehr oder – etwa am Seaside Beach – die Sport- und Bäderbetriebe. „Es dauert, bis Sie da durchblicken“, so Orlowski. Wer da in welchen Zyklen beispielsweise wucherndes Grün freischneiden muss, damit der See sichtbar bleibt, das ist eine Wissenschaft für sich.

Weitere Gesichter vom Baldeneysee:

Um die Sache weiter zu komplizieren, ist auch der Regionalverband Ruhr im Boot, dem die alten Zechengrundstücke in Fischlaken, am Hardenbergufer mit Haus Scheppen gehören. Nicht zu vergessen die Wassersportvereine und private Haus- und Grundstücksbesitzer, die es vorwiegend am Heisinger und Bredeneyer Ufer gibt.

Über allem thront der Landschaftsschutz, der Veränderungen erschwert

Wie kompliziert alles ist, erlebt Orlowski gerade beim Ausbau der Busschleife an der Endhaltestelle in Heisingen. Es läge nahe, bei dieser Gelegenheit ein „Tor zum Baldeneysee“ zu schaffen, ein „Ankommenspunkt“, der auf den ersten Blick als solcher erkennbar ist. Auch Haus Scheppen will Boris Orlowski in dieser Richtung weiterentwickeln. Einen Plan zu haben und ihn baulich auch umzusetzen, ist aber gerade am See zweierlei, denn über allem thront noch der Landschaftsschutz, der Veränderungen sehr erschwert. Am Baldeneysee sind die zu bohrenden Bretter besonders dick.

Sie dennoch zu bearbeiten ist der erklärte Auftrag, den Oberbürgermeister Thomas Kufen dem 53-jährigen Zwei-Meter-Mann bei Dienstbeginn mit auf den Weg gab. Dafür zu sorgen, dass die Weiße Flotte läuft und sich zeitgemäß modernisiert, ist das eine. Gleichberechtigt steht die Aufgabe, das enorme Potenzial des Baldeneysees auch tatsächlich zu heben, die Seeregion weiterzuentwickeln und dabei Hindernisse möglichst wegzuräumen. „Ich bin hier der Strippenzieher“, sagt er.

Wie groß das Interesse der Essener an „ihrem“ Baldeneysee ist, hat Orlowski erst jüngst wieder bei den Vorbereitungen zum 90. See-Geburtstag festgestellt. Die Bereitschaft, sich zu engagieren, sei enorm, die Neugierde auf das Fest am kommenden Wochenende riesig. Und bei Orlowski laufen die Fäden zusammen.