Essen. Mit der „Baldeney“ fährt auch das zweite Fahrgastschiff der Weißen Flotte vollelektrisch. Wie es mit dem Umbau weitergeht.
Lautlos gleitet sie über den Baldeneysee, ebenso geräuschlos hat sie im Hafen Scheppen festgemacht: Die „Baldeney“ ist zurück aus der Werft am Rhein, wo sie für den Elektrobetrieb umgebaut worden ist. „Auf dem Baldeneysee fahren wir jetzt klimaneutral“, freut sich Boris Orlowski, Geschäftsführer der Weißen Flotte Baldeney.
Nach der „Stadt Essen“ ist die „Baldeney“ das zweite Fahrgastschiff der Weißen Flotte, das auf den umweltfreundlicheren Antrieb umgerüstet wurde. Ein unterarmdickes Kabel, das von einer Ladestation am Steg an Bord führt, ist von außen betrachtet der einzige sichtbare Hinweis darauf, dass die „Baldeney“ trotz ihres fortgeschrittenen Alters von 44 Jahren auf der Höhe der Zeit unterwegs ist.
Passagiere kennen das Fahrgefühl bereits von der „Stadt Essen“
Treue Passagiere kennen das Fahrgefühl bereits vom Flaggschiff der Weißen Flotte; die „Stadt Essen“ fährt im zweiten Jahr elektrisch. Keine hämmernde Schiffsmaschine stört die Idylle auf dem See, kein miefender Dieselgeruch steigt einem an Deck in die Nase. Dafür sorgt im Maschinenraum ein 108 KW starker Elektromotor.
Die ersten Passagiere durften dies bereits auch an Bord der „Baldeney“ genießen. An Wochenenden fährt das Schiff bereits im Testbetrieb, um „Kinderkrankheiten abzustellen“, wie es Boris Orlowski formuliert. Jedes Schiff sei eben anders.
Toiletten, Wassertanks und Bordelektrik der „Baldeney“ wurden runderneuert
Mit dem Umbau der „Baldeney“ hält Orlowski Wort. Vor drei Jahren war er als neuer Geschäftsführer angetreten mit dem Ziel, die gesamte Flotte zu elektrifizieren. Es gelang ihm beim Bund rund zwei Millionen Euro für das ehrgeizige Projekt einzuwerben. Den rund 766.000 Euro teuren Umbau der „Baldeneysee“ hat der Bund zu 90 Prozent finanziert. Die Runderneuerung der Toiletten, der Frisch- und Wassertanks samt Leitungen und der Bordelektrik ging für rund 500.000 Euro aufs Konto der Stadt Essen.
Gleichwohl zahlt sich die Investition aus, ist Orlowski überzeugt. Dass die Weiße Flotte im vergangenen Jahr ein Rekordjahr verbuchen konnte, sei nicht nur dem schönen Sommer geschuldet gewesen und dem Nachholbedarf des Publikums nach zwei Jahren Corona-Blues. Die strombetriebene „Stadt Essen“ habe ihren Beitrag dazu geleistet. Die Resonanz sei riesig gewesen, schwärmt Orlowski. Und dies galt gleichermaßen für Sonnenanbeter bei den beliebten Sunset Cruises wie für Technikfreaks.
Im Herbst steuert auch die „Heisingen“ die Werft für den Umbau an
Und es geht weiter: Im Herbst wird mit der „Heisingen“ das dritte Schiff der Flotte die Werft ansteuern, um ab der kommenden Saison ebenfalls Strom zu tanken statt Diesel. „Der Förderbescheid liegt vor“, freut sich Orlowski. 950.000 Euro wird die Elektrifizierung dann kosten. Auch in dieser Branche steigen die Preise. Der Bund übernimmt diesmal 80 Prozent.
Die im Grünen-Hauptstadt-Jahr 2017 in Dienst gestellte „Westenergie“ fährt bereits mit Strom, kann als „Hybrid“ aber wahlweise auf Dieselantrieb umschalten. Bliebe noch die „Kettwig“ übrig, das kleinste Fahrgastschiff im Hafen. Ab Juni legt es ab zu den Fahrten auf dem Rhein-Herne-Kanal. Bei nur 96 Plätzen an Bord würde sich ein Umbau nicht rentieren. Zur Internationalen Gartenausstellung 2027 soll ein neues Schiff her.
In Sachen Klimaneutralität sei Essen mit der Weiße Flotte unter den Großstädten bereits heute führend in der bundesdeutschen Fahrgastschifffahrt, sagt Orlowski. Eine Position im Feld, die dem ehemaligen Leistungsruderer nur zu gut gefällt.