Essen. Die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels haben den Essener OB ernüchtert. Es fehle vor allem ein Signal, um die irreguläre Zuwanderung zu begrenzen.
Oberbürgermeister Thomas Kufen ist unzufrieden mit dem Kompromiss, den Bund und Länder am Mittwoch (10.5.) beim sogenannten Flüchtlingsgipfel verabredeten. Er vermisst vor allem Signale, wie die irreguläre Zuwanderung begrenzt werden soll. „Mehr als ein Herantasten an die Lösung ist nicht dabei herumgekommen.“
Dass der Bund zusätzliche Mittel für Leistungen zur Verfügung stellt, die in den Kommunen anfallen und erfüllt werden, sei „so erfreulich wie überfällig“, kommentiert der OB spitz. „Es löst aber weder die Probleme vor Ort, noch ist damit eine verlässliche finanzielle Zusage für die Kommunen verbunden, wie es in den kommenden Jahren weitergehen soll.“ Denn die Integration von Flüchtlingen sei eine kostspielige Daueraufgabe für die Städte.
Auf viele Fragen sei der Gipfel „Antworten schuldig geblieben“, so Essens OB
Ausgeblieben sei eine Zusage seitens des Bundes, wie eine bessere Steuerung und Verteilung der Menschen gelingen kann. „Auf die Forderung von Ländern und Kommunen, eine gerechte Verteilung in Europa herzustellen, die EU-Außengrenzen besser gegen irreguläre Einwanderung zu schützen und mehr Personen ohne Bleibeperspektive in ihre Heimatländer zurückzuführen, ist der Gipfel Antworten schuldig geblieben.“ Jedes Land habe ein Recht darauf zu kontrollieren, wer das Staatsgebiet betritt.
Am Ende stehe nun wieder nur ein Aufschieben der Debatte, mutmaßlich bis nach der Sommerpause. Kufen zufolge ist das fatal: „Es ist auch in Essen deutlich zu spüren, dass die Akzeptanz dieser Zuwanderungspraxis von Tag zu Tag schwindet.“ Kitas und Schulen seien übervoll und ächzten unter den Integrationslasten, auch bei ihren Belegungskapazitäten sei die Stadt Essen „an der Grenze“.
Kufen: Nur Flüchtlinge mit Bleibeperspektive auf die Städte verteilen
Für die absehbare Zukunft gebe es keine Hinweise, die auf Entspannung deuteten, im Gegenteil. „In den ersten vier Monaten des Jahres kamen – ohne Ukrainer – schon 100.000 Menschen nach Deutschland“, so Kufen. „Das sind 78 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.“ Kufen erneuerte seine Forderung, dass Menschen ohne Bleibeperspektive bis zu einer Entscheidung in zentralen Unterkünften unter Obhut der Länder bleiben und nicht auf die Städte verteilt werden sollten. „Wir in den Städten können Integration, müssen unsere Kräfte aber auf diejenigen konzentrieren, die eine Chance haben zu bleiben.“ Das sei schwierig genug.
Zuletzt hatte in Essen auch der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion, Dirk Kalweit, mehr Konsequenz bei der Begrenzung der Zuwanderung gefordert. Von der Bundesregierung nur mehr Geld zu fordern, gehe am Kern des Problems vorbei: „Wer bei der Aufnahmebereitschaft den Bogen immer weiter überspannt, läuft Gefahr, letztlich den sozialen und politischen Frieden in der Gesellschaft zu gefährden“, warnte Kalweit.
CDU-Fraktionsvize Kalweit sieht Gefahren für Demokratie und Rechtsstaat
Die Kombination aus illegalen Einreisen, mangelndem Grenzschutz und ausbleibenden Abschiebungen von zwingend Ausreisepflichtigen, schade der Akzeptanz von Demokratie und Rechtsstaat.„Parallelgesellschaften und ethnische Segregation, wie wir sie heute schon in einigen Essener Stadtquartieren konstatieren müssen, sind das Gegenteil einer gelungenen Integrationspolitik.“ Die herkömmlichen Mittel der Flüchtlingsverteilung seien mittlerweile untauglich. Von den Essener Grünen, die mit der CDU im Stadtrat kooperieren, war Kalweit dafür heftig kritisiert worden.
Erst am Mittwoch (10.5.) war bekannt geworden, dass die Stadt in Heidhausen ein früheres Bürogebäude von einem privaten Eigentümer langfristig anmieten will, um dort 250 Zuwanderer und Flüchtlinge unterzubringen. Kufen zufolge handelt es sich dabei auch um Ersatzkapazitäten für die bald wegfallenden Plätze in den beiden geschlossenen Krankenhäusern Marienhospital in Altenessen und St. Vincenz in Stoppenberg. Dort sind vorübergehend Flüchtlinge einquartiert.