Essen. Zurück zu alter Stärke: So ist der Essener Büromarkt-Report 2023 dank gestiegener Nachfrage überschrieben. Es gibt aber eine Kehrseite.

Nach einer empfindlichen Delle in den Corona-Jahren 2020/2021 hat sich der Büromarkt in Essen im vergangenen Jahr spürbar erholt. „Die Nachfrage nach Büroflächen ist 2022 in Essen stark gestiegen“, sagt Andreas Hill, Leiter Flächenimmobilien bei der Essener Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft (EWG) bei Vorlage des Büromarkt-Reports 2023. Der Büromarkt finde „zurück zu alter Stärke“. Die Kehrseite der Medaille: Die Leerstandsquote ist leicht angestiegen: von 6,9 auf 7,3 Prozent.

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Die erste Jahreshälfte 2022 sei noch von Zurückhaltung geprägt gewesen, erst im zweiten Halbjahr habe der Essener Büromarkt eine starke Dynamik entfaltet. Insgesamt lag der Büroflächenumsatz 2022 bei rund 133.000 Quadratmeter (qm). Das entspricht einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr von 40 Prozent. Der Büroflächenumsatz setzt sich zusammen aus zwei Komponenten: 101.000 qm entfallen auf die reine Vermietungsleistung (Fremdvermietung), 32.000 qm sind Eigennutzung.

„Corona hat sich als Booster für die Digitalisierung erwiesen“

Dass der Bedarf an Büroflächen gesunken ist, hängt auch mit den Folgen der Pandemie zusammen. „Corona hat sich als Booster für die Digitalisierung erwiesen“, sagt Hill. Der Trend: Immer mehr Essenerinnen und Essener arbeiten mobil oder im Homeoffice anstatt nur im Firmenbüro. Und in immer mehr Unternehmen gebe es den „Shared Desk“, also den Schreibtisch, den sich zwei oder mehr Beschäftigte teilen.

Im Büropark Bredeney in Essen entsteht bis 2026 das neue Polizeipräsidium.
Im Büropark Bredeney in Essen entsteht bis 2026 das neue Polizeipräsidium. © FUNKE Foto Services | Dominik Göttker

Mit 123 Mietabschlüssen sei im vergangenen Jahr eine ähnliche Größenordnung erzielt worden wie im Vorjahr mit 126.

  • Der mit Abstand größte Posten bei den Vermietungen entfällt auf das neue Polizeipräsidium im Büropark Bredeney an der Theodor-Althoff-Straße mit 21.500 qm Bürofläche. Zwar entsteht das neue Polizeipräsidium erst 2026, aber ausschlaggebend für die Bilanz ist das Jahr des Vertragsabschlusses.
  • Der zweite große Abschluss: Das Universitätsklinikum Essen bezieht als Eigennutzer – ebenfalls an der Theodor-Althoff-Straße – 16.5000 qm Bürofläche.
  • Hinzu kommen vier weitere Abschlüsse mit mehr als 5000 Quadratmetern Fläche:
  • TÜV Nord Immobilien baut für die Deutschland-Zentrale des schwedischen Industriekonzerns Atlas Copco (6600 qm). Die Schweden ziehen von der Langemarckstraße nach Kray, der Neubau mit Kita und Parkhaus soll 2024 bezugsfertig sein.
  • Siemens (6100 qm) zieht 2024 von der Kruppstraße/Ecke Bismarckplatz in das Thyssen-Krupp-Quartier um. Die Suche nach einem Nachmieter dürfte nach Einschätzung der Essener Wirtschaftsförderer allein schon aufgrund der günstigen Verkehrsanbindung (A 40, U-Bahn, Nähe Hauptbahnhof) keine großen Probleme bereiten.
  • Deichmann erweitert das Campusgelände an der Aktienstraße um 6000 qm Bürofläche.
  • Und Thyssen-Krupp holt seine Tochter Bilstein, den Stoßdämpferhersteller, von Bochum auf den Campus nach Essen (5100 qm Bürofläche).

Bemerkenswert: Allein diese sechs Großabschlüsse umfassen 62.000 Quadratmeter Bürofläche und damit fast die Hälfte des gesamten Büroflächenumsatzes 2022.

Schattenseite: Gestiegener Leerstand und wenige Neubauprojekte

Der RWE-Turm nahe dem Opernplatz zählt zu den markantesten Bauwerken der Essener Skyline. Im nächsten Jahr, so heißt es, ende der Mietvertrag für die RWE-Tochter Innogy. Leerstand ist die Folge.
Der RWE-Turm nahe dem Opernplatz zählt zu den markantesten Bauwerken der Essener Skyline. Im nächsten Jahr, so heißt es, ende der Mietvertrag für die RWE-Tochter Innogy. Leerstand ist die Folge. © FUNKE Foto Services | Michael Gohl

Den Anstieg der Leerstandsquote führt EWG-Prokurist Andreas Hill weitgehend auf Umzüge von Großunternehmen zurück. Die Konzentration des Discount-Riesen Aldi Nord auf den neuen Campus in Kray etwa hatte zur Folge, dass große Büroflächen im Ruhrturm und an der Ruhrallee aufgegeben wurden. Ein zweites Beispiel: Im RWE-Turm endet der Mietvertrag für die Tochter Innogy im nächsten Jahr. Der aktuelle Leerstand in Essen liegt bei 231.000 Quadratmeter – so viel wie seit Jahren nicht.

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Zwar bestehe in Essen ein Bedarf an modernen und hochwertigen Bürofläche, trotzdem gibt es nur wenige Neubauprojekte. Diese seien aber erst rentabel bei einer Vorvermietungsquote von 50 Prozent und mehr. Hinzu komme der enorme Anstieg der Baukosten. Dies verteuere die Büromieten auf zum Teil mehr als 20 Euro pro Quadratmeter. In diesem für Essen hohen Preissegment seien die Unternehmen jedoch eher zurückhaltend, wenn es um den Abschluss von Mietverträgen gehe. Gleichwohl geht der EWG-Manager Hill davon aus, dass in Einzelfällen Mietabschlüsse jenseits der 20 Euro/qm-Marke realisiert werden.

Die Neubaubürofläche wird mit rund 32.600 qm beziffert – ein für Essen eher durchschnittliches Niveau. Dies entspreche einem Rückgang von 30 Prozent. Die neue Zentrale von Aldi Nord auf dem Campus in Kray mache mit rund 17.600 Quadratmetern schon mehr als die Hälfte der Bautätigkeit aus. Für 2023 prognostiziert die EWG-Statistik sogar einen weiteren Rückgang auf lediglich 23.500 qm neue Bürofläche.

Die Büromarkt-Bilanz der Essener Wirtschaftsförderer beziffert die in Essen realisierte Spitzenmiete auf rund 17 Euro/Quadratmeter (Vorjahr: 16,50 Euro/qm). Die Durchschnittsmiete hat sich um drei Prozent auf rund 12,50 Euro/qm erhöht.

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