Essen-Rüttenscheid. Büroflächen in Rüttenscheid sind so beliebt wie kaum an einem anderen Ort in Essen. Nun steigen die Mieten. Ein Makler erklärt die Hintergründe.

Moderne, gut ausgestattete Büroflächen werden für Unternehmen immer wichtiger. Doch sie sind ein knappes Gut. Christian Hansmann, Geschäftsführer der Maklerfirma Ruhr Real, sagt: „Solche Flächen gibt es vor allem in Rüttenscheid.“ Neben der City sei der Stadtteil die beliebteste Büromarktzone in Essen.

Ruhr Real ist ein Maklerunternehmen mit Sitz in Holsterhausen, das sich auf Gewerbeimmobilien spezialisiert hat. Zuletzt vermittelte es beispielsweise eine 1000 Quadratmeter große Bürofläche an der Alfredstraße 68-72 an den Landschaftsverband Rheinland (LVR). Jeder Abschluss ab 100 Quadratmetern wird im System erfasst und dient Hansmann als Grundlage für eine interne Statistik.

Diese Statistik zeigt: Büroflächen sind wieder stärker nachgefragt. Im dritten Quartal 2022 sei der Büroflächenumsatz seiner Firma im ganzen Stadtgebiet gegenüber dem ersten und zweiten Quartal stark gestiegen, berichtet Hansmann. Gleichzeitig zeige sich jedoch, dass die Ansprüche an Büroflächen gestiegen seien. Die Krux: Büros, wie sie die meisten Unternehmen gerne hätten, seien abseits von Rüttenscheid und der Innenstadt kaum zu finden.

Essener Makler: Quadratmeterpreise von 11,50 pro bis 13 Euro in Rüttenscheid

Christian Hansmann ist Geschäftsführer des Essener Maklerunternehmens Ruhr Real.
Christian Hansmann ist Geschäftsführer des Essener Maklerunternehmens Ruhr Real. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Das schlägt sich in gestiegenen Mietpreisen nieder. 11,50 bis 13 Euro pro Quadratmeter zahle man in Rüttenscheid aktuell im Durchschnitt für Bestandsimmobilien, sagt Hansmann. Die Spitzenmiete liege bei 15,50 bis bis 16,50 Euro. Bei Büroneubauten könnten 17 bis 18,50 Euro fällig werden. Zum Vergleich: Im Norden zahle man in etwa 8 bis 10 Euro pro Quadratmeter, wobei beim Quadratmeterpreis von 10 Euro schon von einer sehr hochwertigen Immobilie auszugehen sei. Der Mietanstieg sei allerdings sehr moderat, sagt Hansmann. So habe die Durchschnittsmiete in Rüttenscheid im Jahr 2017 bei 10,20 Euro pro Quadratmeter gelegen, die Spitzenmiete bei 14,40 Euro.

Der Makler betont allerdings auch: Im Vergleich zu Städten wie Düsseldorf könne man in Rüttenscheid immer noch sehr günstig Büros mieten. Dort zeigen verschiedene Erhebungen eine Durchschnittsmiete von circa 16 Euro pro Quadratmeter – also in etwa so viel wie der Spitzenwert in Rüttenscheid. Obwohl die Nachfrage in Rüttenscheid bereits langsam das Angebot überschreite, sagt Hansmann deshalb: „Aus meiner Sicht ist der Standort immer noch unterschätzt.“

Büroflächen in Rüttenscheid: Makler geht von weiteren Mietpreissteigerungen aus

Gleichzeitig geht der Geschäftsführer von Ruhr Real davon aus, dass die Mieten für Büros in Rüttenscheid noch weiter steigen werden. Ein zentraler Faktor: Da wegen steigender Baupreise und Unsicherheiten in Folge des Ukraine-Krieges aktuell weniger gebaut werde, steige die Nachfrage nach Bestandsimmobilien. Hinzu kommt: Es gibt in Rüttenscheid kaum noch verfügbare Flächen, um neu zu bauen.

Wie sieht sie aber nun aus, die ideale Bürofläche? Hansmann zufolge ist den Unternehmen Qualität immer wichtiger. Sie legten zum Beispiel Wert auf eine moderne Kaffeeküche, die zum Begegnungsort wird. Auch die sogenannten „ESG-Ansätze“ („Environmental Social Governance“, auf Deutsch etwa: „Umwelt, Soziales und Unternehmensführung“) spielten für Unternehmen bei der Anmietung von Büros eine wachsende Rolle. In der Praxis könne das bedeuten, dass die Mieter sich Fahrrad-Stellplätze und E-Ladesäulen wünschen und viel genauer als zuvor wissen wollen, wie sich die Nebenkosten zusammensetzen oder wie das Gebäude beheizt wird. Außerdem wünschten sich Firmen zunehmend helle, optisch attraktive Räume.

Fläche mit viel Tageslicht und E-Ladensäulen im Südviertel: 15,50 Euro pro Quadratmeter

Als Beispiel für eine attraktive Büroimmobilie zieht Hansmann das Bürogebäude an der Huyssenallee 82-88 heran, ein Gebäude gleich hinter der Stadtteilgrenze im Südviertel, das sich im Besitz der Unternehmensgruppe BS Grundbesitz befindet. Dort sitzt aktuell noch der Finanzdienstleister Consors, der 2019 die Von-Essen-Bank übernommen hatte. Das Unternehmen befindet sich aber unmittelbar vor seinem Umzug nach Duisburg. Ruhr Real ist für die Vermarktung zuständig und berichtet, dass die Neuvermietung bevorstehe.

Ein wichtiger Aspekt sind laut Hansmann die Glastüren und weitere Glaselemente, die für viel Tageslicht im Gebäude sorgten. Außerdem sind E-Ladestationen und Parkplätze vorhanden. Explizit wirbt das Maklerunternehmen mit dem gastronomischen Angebot im Umfeld und der „attraktiven Lage im Versicherungsviertel von Essen“. Diese Faktoren schlagen sich in einem Quadratmeterpreis von 15,50 Euro nieder.

Essener Immobilienexpertin: Attraktive Büroflächen wichtig für Fachkräftegewinnung

Wie Caroline Zumbusch, Geschäftsführerin von BS Grundbesitz, zu berichten weiß, sind ansprechende Büroflächen für Unternehmen kein Selbstzweck. „Die Mitarbeiter legen Wert darauf, in einer angenehmen Umgebung zu arbeiten“, sagt sie. In Zeiten von Personalmangel seien attraktive Büros daher ein wichtiges Mittel zur Fachkräftegewinnung. Dazu komme: „Nach der Corona-Zeit hatten manche Unternehmen Probleme, ihre Angestellten wieder ins Büro zurückzuholen. Auch deshalb wollen sie ihre Büros zu modernen Begegnungsstätten machen.“

Laut dem Essener Makler Christian Hansmann Firmen möchten viele Firmen ihr Büro ähnlich gestalten wie das Wärme- und Kältetechnik-Unternehmen Danfoss: mit großen, offenen Räumen.
Laut dem Essener Makler Christian Hansmann Firmen möchten viele Firmen ihr Büro ähnlich gestalten wie das Wärme- und Kältetechnik-Unternehmen Danfoss: mit großen, offenen Räumen. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Da aber weiterhin viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Homeoffice arbeiteten, setzten Unternehmen zunehmend auf das sogenannte „Desksharing“-Modell, erklärt Christian Hansmann. Das bedeutet, dass es nicht mehr für jeden Angestellten einen eigenen Schreibtisch gibt. Stattdessen geht die Geschäftsführung davon aus, dass immer jemand im Homeoffice arbeitet, Urlaub hat oder krank ist. „Firmen arbeiten dann zum Beispiel mit der 0,8-Prozent-Quote: Für zehn Mitarbeiter gibt es acht Arbeitsplätze“, so der Makler. Auf dem Büromarkt seien deshalb große, offene Räume gefragt.

Eigentümer in Rüttenscheid investitionsfreudiger als im Norden

Warum aber gibt es dieses „ideale Büro“ in Rüttenscheid häufig, im Essener Norden aber dagegen kaum? Laut Hansmann hat das damit zu tun, dass im Ruhrgebiet bis heute wenig spekulativ gebaut werde. Das heißt: Nur wenige Eigentümer sind so investitionsfreudig, dass sie ein Gebäude bauen, ohne dass im Vorhinein klar ist, an wen sie die Flächen vermieten können. Aber: „Je höher die Nachfrage, desto mutiger sind die Eigentümer“, sagt Caroline Zumbusch.

Das führe dazu, dass in beliebten Stadtteilen wie Rüttenscheid mehr investiert werde, so Zumbusch. Deshalb sei der Bestand an attraktiven Immobilien dort größer als beispielsweise im Norden. Denn in Rüttenscheid könnten Eigentümer mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass ihre Räumlichkeiten sofort vermietet werden. Auch das breite Angebot an Gastronomie und Nahversorgung sowie die gute Anbindung an den ÖPNV mache Rüttenscheid attraktiver als den Norden.