Essen-Rellinghausen. Der Schrotthandel in Rellinghausen verschwindet: Anwohner, die seit 30 Jahren unter dem lärmintensiven Gewerbe gelitten haben, sind erleichtert.

  • Viele Jahrzehnte haben Bürger in Essen-Rellinghausen gegen einen Schrottplatz gekämpft.
  • Sie fühlten sich durch den Lärm, der von dem Betrieb ausging, massiv belästigt.
  • Jetzt hat der Betreiber den Mietvertrag für das Gelände gekündigt – zur Freude vieler Bürger.

Große Erleichterung bei den Nachbarn des Schrott- und Metallgroßhandels Ludwig an der Eisenbahnstraße in Essen-Rellinghausen: Eine der ältesten Bürgerinitiativen in Essen, bestehend aus lärmgeplagten Anwohnerinnen und Anwohnern aus dem Umfeld, hatte viele Jahrzehnte gegen den Betrieb gekämpft. Der wird nun zum 30. Juni aufgegeben.

„Für uns geht symbolisch die Sonne auf, wir sind sehr erleichtert und freuen uns auf mehr Lebensqualität“, sagt Karl-Heinz Vittinghoff, Sprecher der Bürgerinitiative. Der 70-Jährige ist in Rellinghausen aufgewachsen und hatte vor 31 Jahren die Initiative gegen den Schrottplatz gegründet. „Wir haben so lange, leider erfolglos, gekämpft.

Anwohner Gerhard Schulte schaut von seinem Balkon direkt auf das Firmengelände des Recyclingunternehmens Ludwig. Er freut sich, wenn bald mehr Ruhe einkehrt.
Anwohner Gerhard Schulte schaut von seinem Balkon direkt auf das Firmengelände des Recyclingunternehmens Ludwig. Er freut sich, wenn bald mehr Ruhe einkehrt. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Immer wieder wurde uns gesagt, dass das Unternehmen Bestandsschutz genieße“, sagt Vittinghoff, der sich darüber freut, dass die Firma jetzt aus Eigeninitiative gekündigt hat.

Die Bürgerinitiative kämpft seit 1990 gegen den Schrottplatz in Essen-Rellinghausen

Die Bürgerinitiative sei 1990 gegründet worden. „Damals hatten wir 110 Mitglieder, im vergangenen Jahr waren es noch 23. Viele sind inzwischen weggezogen oder hatten kein Interesse mehr. Die Fluktuation bei den Anwohnern war immer groß – sicher auch wegen des Lärms“, so der Sprecher der Initiative.

„Die Firma Ludwig hat den Mietvertrag fristgerecht zum 30. Juni 2023 gekündigt. Die Fläche muss bis zum Ende der Laufzeit von Aufbauten freigestellt sein und wird dann im Rahmen eines Ortstermins an die Stadt zurückgegeben“, bestätigt Stadtsprecher Burkhard Leise.

Hinter diesem Zaun liegt der Schrottplatz Ludwig in Rellinghausen, der derzeit zurückgebaut und zum 30. Juni aufgeben wird.
Hinter diesem Zaun liegt der Schrottplatz Ludwig in Rellinghausen, der derzeit zurückgebaut und zum 30. Juni aufgeben wird. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Die Nachricht wird bei vielen Anwohnerinnen und Anwohnern im Umfeld der Rellinghauser /Frankenstraße für Erleichterung sorgen, ist auch der örtliche CDU-Ratsherr Sven Köhler überzeugt. Er kennt die Hintergründe: Die Firma Rainer Ludwig GmbH und Co. KG habe die Fläche an der Eisenbahnstraße 1 im November 1976 von der Deutschen Bundesbahn zur Lagerung gepachtet. Mit Erwerb des Grundstücks im Jahr 1993 sei die Stadt Essen anstelle der Bahn in den Mietvertrag eingetreten. Die Recyclingfirma sei schon 1959 gegründet worden und sei in dritter Generation auf den Ankauf und die Verwertung von Schrott und Metallen spezialisiert.

Bei dem Grundstück handelt es sich laut Sven Köhler um eine rund 3850 Quadratmeter große, asphaltierte Fläche, die südlich zur Wohnbebauung und nördlich zum Radweg begrünt ist. „Das Grundstück unterliegt dem rechtskräftigen Bebauungsplan Nr. 14/08 Schnabelstraße/Frankenstraße, mit dem die Einzelhandelsentwicklung im Gewerbegebiet Frankenstraße räumlich und inhaltlich gesteuert werden soll. Der B-Plan regelt ausschließlich den Einzelhandel und keine Wohnbebauung“, so Köhler.

CDU-Ratsherr kann sich eine Mischung aus Wohnen und leisem Gewerbe vorstellen

Der Ratsherr wünscht sich für die Zukunft des Areals mitten in der durch Wohnbebauung geprägten Umgebung eine breite Beteiligung der Öffentlichkeit. Die könne zum Beispiel in Form von Workshops nach der Sommerpause stattfinden. „Es muss ja nicht überall Wohnbebauung entstehen. Ich bin der Meinung, dass wir auch wohnortnahe Arbeitsplätze brauchen. Es fehlen ja nicht nur Wohn-, sondern auch Gewerbeflächen. Vielleicht kann man dort beides verbinden“, sagt Köhler zu einer möglichen Änderung des Bebauungsplans.

Er denke dabei an seniorengerechtes Wohnen, könne sich aber auch gewerbliche Nutzung in Form eines weiteren Supermarktes als Ergänzung des bestehenden Angebots oder weniger lärmintensives Handwerk wie Maler- oder Elektrikerbetriebe vorstellen. „Sicher ist, dass wir dort kein mit Lärm verbundenes Gewerbe mehr haben wollen“, sagt Köhler, der den langen Kampf der Anwohner verfolgt hat. Er vermute zudem, dass das Gelände aufgrund der langjährigen Nutzung als Schrottplatz möglicherweise schadstoffbelastet sei.

Der Rellinghauser Gerhard Schulte, der sich für die Geschichte seines Heimatstadtteils interessiert, hat den Schrottplatz auf diesem historischen Luftbild eingekreist.
Der Rellinghauser Gerhard Schulte, der sich für die Geschichte seines Heimatstadtteils interessiert, hat den Schrottplatz auf diesem historischen Luftbild eingekreist. © Sammlung Gerhard Schulte

Schon vor einiger Zeit war Anwohnern wie Gerhard Schulte, der von seinem Balkon den direkten Blick auf das Gelände hat, aufgefallen, dass dort offenbar Aufräumarbeiten stattfanden. „Einige Ecken sind schon gesäubert, das Tor ist zeitweise geschlossen“, hat Schulte beobachtet. Der 75-jährige gebürtige Rellinghauser war 2009 in seine jetzige Wohnung an der Frankenstraße gezogen, wohl wissend, was ihn dort erwartet. „Wenn man in Rellinghausen eine altengerechte Wohnung bestimmter Größe in einem Haus mit Aufzug sucht, muss man Kompromisse eingehen“, ist Schulte überzeugt. Mitglied der Bürgerinitiative gegen den Schrottplatz sei er deshalb nicht.

Anwohner freuen sich auf die Ruhe im Umfeld

Die Arbeiten auf dem Gelände, zum Beispiel das Leeren der Container, seien schon sehr störend gewesen. „In Zukunft werden wir das Frühstück auf unserem Balkon mehr genießen können“, freut sich der Rellinghauser auf die Ruhe.

Als Rellinghauser habe er die Aktivitäten der Firma aber über viele Jahre verfolgt. Früher sei das Material per Bahn transportiert worden, nach der Stilllegung der Strecke dann per Lkw. Die Idee einer Bürgerbefragung zur weiteren Nutzung des Geländes findet Schulte gut. Er könnte sich dort gut zur Hälfte Altenwohnungen und zur Hälfte leises Gewerbe vorstellen.

Die Firma Ludwig war für eine Stellungnahme zur Aufgabe des Standorts nicht zu erreichen.