Drei Häuser dürfen nach einer kontrollierten Bombensprengung in Essen nicht mehr betreten werden. Die Bewohner sind verzweifelt. Ein Ortsbesuch.
An der Werrastraße im Essener Stadtteil Bergerhausen sind die Häuser mit den Nummern 52 und 43 vorerst nicht bewohnbar, weil sie massiv beschädigt sein könnten. Sie liegen unmittelbar am Fundort der Bombe, die am Montagabend gesprengt wurde. Die Häuser aus rotem Klinker, Baujahr 1986, bestehen aus jeweils zehn Eigentumswohnungen. An der Fassade sind Risse erkennbar, die sowohl durch vereinzelte Steine als auch durch die Fugen gehen. Im Erdgeschoss ist an einem Fenster die Fensterbank hochgedrückt worden – von der Wucht der Detonation.
Weitere Schäden sind von außen nicht zu erkennen. Eine blonde Frau Mitte 60 steht um acht Uhr morgens mit ihrer blauen Handtasche vor dem Gebäude und berichtet: „Ich darf nicht zurück. Alles, was ich mitnehmen durfte, ist in meiner Handtasche.“
Statiker waren in Essen-Bergerhausen vor Ort
Am Montagvormittag habe sie von jetzt auf gleich ihre Wohnung verlassen müssen wegen der anstehenden Sprengung. „Ich hatte noch nicht mal Zeit, eine Tasche zu packen.“ Als sie gegen Mitternacht nach der Detonation der Weltkriegsbombe in ihre 60 Quadratmeter große Wohnung zurückwollte, habe man ihr zunächst gesagt: „Das geht nicht, es gibt noch eine zweite Bombe.“ Später hieß es: „Das geht nicht, denn erst muss ein Statiker Ihre Wohnung kontrollieren.“
„Ich habe dann die Nacht bei meinen Eltern verbracht“, berichtet die Frau. „Mich stört am meisten, dass man gar nicht weiß, was jetzt passiert, und dass es hier vor Ort keinen Ansprechpartner gibt.“
Anwohner aus der Nachbarschaft zapfen Wasser aus Hydranten
Tatsächlich ist an diesem Dienstagmorgen noch niemand vor Ort, der die offizielle Aufgabe hat, die Bevölkerung zu unterrichten. Stadtwerke-Mitarbeiter schauen in die riesige Grube, vermutlich wegen der Gas- und Wasserleitungen; Mitarbeiter einer Baustoff-Firma sind da, um die 75 Tonnen Sand wieder abzuholen, die am Vortag kurzfristig angekarrt werden mussten. Mitarbeiter der städtischen Sicherheitsfirma RGE stehen am Flatterband und achten darauf, dass niemand die Fläche betritt.
Und immer wieder tauchen Bewohner der umliegenden Häuser auf, die seit der letzten Nacht weder Gas noch Strom noch Wasser haben. „Wenn Wasser fehlt, ist das am schlimmsten“, sagt ein Mann Anfang 40. „Da können Sie gar nichts mehr machen, nicht mal auf Klo gehen.“ Man hat einen Hydranten auf der Werrastraße geöffnet; die Männer und Frauen stehen mit Eimern und Wannen davor. „Ist doch noch alles gut gegangen“, sagt eine Frau, die 50 Meter entfernt wohnt. Dass mehr als 20 Wohnungen derzeit nicht mehr betreten werden dürfen, hat sie noch gar nicht mitbekommen. Als sie es erfährt, schlägt sie die Hände vors Gesicht: „Das ist ja schrecklich!“
Viele Leute wissen an diesem Morgen noch nicht, dass die Häuser mit den Nummern 50 und 52 vorerst nicht mehr betreten dürfen: Direkt nebenan, in Haus Nummer 48, wohnt ein Mann, der wütend aus dem Haus stapft, Wasser am Hydranten zieht und den ganzen Aufwand übertrieben findet: „Wir mussten um zehn Uhr raus und durften erst um Mitternacht wieder rein. Ist das nicht alles totale Panikmache?“ Dass keine zehn Meter weiter die Wohnungen seiner Nachbarn womöglich für immer zerstört sind, ahnt er anscheinend nicht.
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