Essen. Massive Schäden sind nach der Detonation an der Werrastraße entdeckt worden. Anwohner können auf unabsehbare Zeit nicht in die Häuser zurück.
Es schwang bereits einiges Unheil mit, als die Stadt Essen kurz nach der Sprengung der Weltkriegsbombe an der Werrastraße in Bergerhausen am Montagabend formulierte, „durch die Detonation kann es zu einer Verschmutzung von Fassaden gegebenenfalls auch zu kleineren Schäden bis hin zu zerborstenen Fensterscheiben kommen“ – doch es kam alles noch viel schlimmer.
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Denn drei Häuser sind durch die Druckwelle der beabsichtigten Explosion so schwer beschädigt worden, dass Statiker sie noch in der Nacht für unbewohnbar erklärten. Zwei davon werden auf unabsehbare Zeit gesperrt bleiben, stellte sich nach eingehender Prüfung durch Statiker im Laufe des Dienstags heraus, nachdem sich auch Oberbürgermeister Thomas Kufen und Ordnungsdezernent Christian Kromberg vor Ort ein Bild gemacht hatten.
Bombe in Essen gesprengt: Die meisten Bewohner kommen bei Verwandten unter
Teilweise wurden Kellerwände verschoben, Fassaden, Klinkerfugen und Wände in Treppenhäusern rissen auf, Putz platzte ab. Es sollen über 20 Bewohner betroffen sein. Die meisten kamen bei Verwandten und Bekannten unter, wenige verbrachten die erste Nacht in einem Hotel. Inzwischen sind viele dort untergebracht, und sie alle wissen nicht, wann sie zurückkehren können. In Tagen, Wochen, vielleicht sogar Monaten? Das konnte am Dienstag niemand seriös vorhersagen.
Als die Betroffenen am Mittag nach der Explosion ihre Wohnungen nur kurz betreten durften, um zumindest einen Teil ihres Hab und Guts mitnehmen zu können, da zeichnete sich das ganze Dilemma ab: Zwei der Gebäude an der Werrastraße 43 und 52 sind dermaßen in Mitleidenschaft gezogen worden, dass die Behörden eine Nutzungsuntersagung aussprechen mussten, sagte Silke Lenz später. Den Bewohnern teilte man diese Hiobsbotschaft am frühen Abend auf einer Infoveranstaltung im Hotel „Ibis“ am Hauptbahnhof mit.
Nur die Nummer 50 wurde wieder freigegeben
Nur die Nummer 50 wurde wieder freigegeben, bleibt aber ohne Gasversorgung, weil die Leitungen beschädigt worden seien, wie eine Prüfung der Stadtwerke ergeben hat. Den Bewohnern steht es nun frei, trotz dieses Mankos zurück in ihre Wohnungen zu gehen. „Die Gasversorgung wieder herzustellen, das wird dauern“, machte die Stadtsprecherin klar. Den Zu- und Ablauf von Frisch- wie Abwasser zu reparieren, sei hingegen weniger zeitaufwendig.
Die Stadt gehe bislang davon aus, dass die Hausrat- und Gebäudeversicherungen der Eigentümer für die entstandenen Schäden aufgekommen. Das kommunale Rechtsamt sei eingeschaltet.
14 Mehrfamilienhäuser von der Versorgung abgeschnitten
Zudem sind 14 weitere Mehrfamilienhäuser von der Versorgung abgeschnitten, notdürftig wurden Tankwagen mit Frischwasser aufgestellt.
Bombe gesprengt: Anwohner vermissen Ansprechpartner
Am Morgen herrschte Unmut unter jenen Anwohnern, die zwar in ihren Häusern bleiben konnten, aber dennoch nicht wussten, wann ihre Wohnungen wieder ans Netz gehen können. Sie hofften auf Ansprechpartner, die sich in der Frühe aber nicht haben sehen lassen, klagten über fehlende Informationen.
Eine Bewohnerin eines Hauses, das 30 Meter Luftlinie von dem Ort der Sprengung entfernt an der Ecke Fuldastraße liegt, berichtete, dass CDs aus dem Regal gefallen sind, als es krachte. Einsatzkräfte, die bei der Sprengung in einem Auto an der Töpferstraße standen, berichteten, dass die Druckwelle ihren Wagen ordentlich durchschüttelte.
Sprengung unter 75 Tonnen Rheinsand
Trotz der Schäden: Entschärfer Frank Stommel von der Bezirksregierung Düsseldorf hatte noch am Abend betont, „die Sprengung ist gut gelaufen“. Aber irgendwohin müsse sich der dabei entstehende Druck nun einmal entladen - „entweder nach oben, die Fenster und die Fassaden wären dann kaputt, oder in den Boden“, wo er sich verteilt und sogar Kellerwände versetzen kann, wie die Menschen in der Werrastraße erfahren mussten.
Und trotz der dichten Wohnbebauung: An der kontrollierten Sprengung unter 75 Tonnen Rheinsand aus Kamp-Lintfort und speziellen Wasserbehältern, die die Freiwillige Feuerwehr mit 48.000 Litern Wasser befüllte, habe kein Weg vorbei geführt. Es habe sich um einen sehr sensiblen chemisch-mechanischen Langzeitzünder gehandelt und der 125-Kilo-Blindgänger sei zudem bewegt worden, was akute Gefahr zusätzlich bedeuten kann. Eine unkontrollierte Explosion hätte mutmaßlich noch gravierendere Folgen gehabt.
Glücklicherweise eine eher kleine Bombe
Feuerwehrsprecher Christoph Riße, sagte, dass es glücklicherweise sehr selten vorkomme, dass eine Bombe zwischen eng stehenden Wohnhäusern zwangsgesprengt werden müsse. Der aktuelle Fall zeige aber exemplarisch, warum solche Entschärfungen nicht auf die leichte Schulter genommen werden dürfen und großflächige Evakuierungszonen je nach Sprengkraft des jeweiligen Blindgängers notwendig seien.
Bei dem Exemplar in der Werrastraße habe es sich um eine vergleichsweise kleine Bombe von zweieinhalb Zentnern gehandelt und glücklicherweise nicht um einen der üblicheren Fünf- oder Zehn-Zentner-Brocken, von denen noch Hunderte im Essener Erdreich vermutet werden.
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