Essen-Bredeney. Auf dem Bredeneyer Wochenmarkt gaben zuletzt drei Händler auf. Nur noch zwei Beschicker halten durch, überzeugen aber mit hochwertigen Waren.

Ist das noch ein Wochenmarkt? Gerade einmal zwei Marktstände stehen auf dem kleinen Parkplatz zwischen Bredeneyer- und Zeunerstraße. Sarah Bremer ringt sich ein schiefes Lächeln ab: „Wir sind der Rest.“ Im vergangenen Jahr seien leider gleich drei Marktstände abgewandert: „Bis dahin hatten wir hier noch einen Blumenhändler, einen Fisch- und einen Geflügelstand.“ Gründe? Das Alter, fehlendes Personal, schrumpfende Einnahmen lohnen den Aufwand nicht mehr.

Die Familie Bremer stehe hier seit gut zwei Jahren mit ihrem Obst- und Gemüsestand, sagt die 42-Jährige: „Mein Ehemann ist gelernter Landwirt und stand schon in der Ausbildung auf Märkten. Ich bin da so reingewachsen.“ Nachwuchssorgen kennen die Bremers nicht. Sohn Lukas und seine Freundin Lina unterstützen die Mutter: „Wir stehen samstags in Rüttenscheid mit Kartoffeln, mittwochs und samstags auf der Margarethenhöhe und freitags halt hier in Bredeney.“ Alles vormittags. Der Feierabendmarkt auf der Margarethenhöhe sei ein guter Ansatz, findet Sarah Bremer: „Ich könnte mir vorstellen, dass sich das durchsetzt.“

Wochenmarkt-Fans: (v.l.) David Reinecke und Britta Weber suchen sich am Stand von Lukas Bremer frisches Obst und Gemüse aus.
Wochenmarkt-Fans: (v.l.) David Reinecke und Britta Weber suchen sich am Stand von Lukas Bremer frisches Obst und Gemüse aus. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Auf eine mögliche Verlegung der Marktzeiten angesprochen, schüttelt Dirk Kleinekathöfer jedoch den Kopf: „Für eine Verlegung auf nachmittags ist Bredeney zu konservativ.“ Kleinekathöfer verkauft Molkereiprodukte und Wurstwaren: „Meine Eltern haben hier schon gestanden, da war der Markt noch näher am Rathaus und hier ein Kinderspielplatz. 1982 bin ich als 20-Jähriger bei meinen Eltern eingestiegen und seit 2001 selbstständig.“

Außergewöhnliche Angebote an der Käsetheke: 20 Monate alter Gruyère

Der gelernte Molkereifachmann weiß genau, was er da für Schmankerl anbietet: „Meine Kundschaft ist noch vom alten Schlag. Die möchte hochwertige und außergewöhnliche Ware, die nicht jeder hat. Ich habe zum Beispiel 20 Monate alten Gruyère im Angebot. Das ist mal richtig leckerer Käse.“ Dirk Kleinekathöfer steht auch in Rüttenscheid auf dem Markt: „Aber Bredeney ist ein echter Geheimtipp.“

Übersichtlich: Gerade einmal zwei Beschicker sind auf dem kleinen Wochenmarkt in Bredeney übrig geblieben.
Übersichtlich: Gerade einmal zwei Beschicker sind auf dem kleinen Wochenmarkt in Bredeney übrig geblieben. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Serie: Wochenmärkte in Essen

Über 20 Wochenmärkte gibt es in Essen, ihre Frequentierung schwankt. Zu einigen kommen bis zu 70 Händler, wie etwa in Rüttenscheid. In Stadtteilen, wie etwa Burgaltendorf ist es ein Einziger. Die meisten Märkte finden vormittags statt, auf der Margarethenhöhe und in Heisingen auch am Nachmittag.

Haben Wochenmärkte eine Zukunft? Das wollen wir mit unserer neuen Serie, dem Wochenmarkt-Check, in den kommenden Wochen herausfinden.

Wir schauen uns jeden Essener Wochenmarkt an. Welche Stände bieten die Märkte, wer geht dort einkaufen, wer flanieren? Dabei sprechen wir mit Händlern, Besuchern und Marktmeistern. Wir kaufen ein und schauen uns auch das Drumherum an. Gibt es genügend Parkplätze, gibt es Toiletten, und wie ist die Anbindung im Stadtteil?

Britta Weber findet’s traurig, dass der Markt immer weniger wird: „Da muss man doch was gegen tun. Meine Mutter ist hier schon hingegangen. Wir wohnen direkt um die Ecke.“ Die 52-Jährige schwärmt: „Ich liebe solche kleinen Märkte auch als Ort der Begegnung.“ Sie weist ihren Einkaufsbeutel vor: „Im Supermarkt ist alles eingeschweißt. Ich sammele alte Obsttüten und lasse sie mir auf dem Markt frisch befüllen.“

Ihr Freund David Reinecke lächelt: „Da man hier nicht mehr alles bekommt, kaufe ich bei mir zu Hause in Frohnhausen auf dem Markt für Britta mit ein.“ Der 52-Jährige findet auch, dass man gerade die kleinen Märkte vorm Aussterben retten sollte.

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Sarah Bremer beobachtet, dass die Kaufkraft überall nachlässt: „Alles wird halt teurer.“ Die Coronazeiten seien gut gewesen für den Markt: „Die Leute konnten ja nicht Essen gehen. Als die Restaurants wieder öffneten, ließ das hier rapide nach.“ Der Zuspruch sei seitdem sehr schwankend, sie setze auf Saisonales: „Ich habe Spargel für zwölf Euro das Kilo vom Spargelhof Beckmann in Kirchhellen. Gute Qualität zum ordentlichen Preis.“ Noch ein Wunsch? Sarah Bremer verdreht die Augen: „Dass es hier wieder voller wird.“

Der Überblick:

Markttage, Erreichbarkeit und Parkplätze: Der Bredeneyer Wochenmarkt an der Redtenbacher Straße ist freitags von 8 bis 13 Uhr geöffnet. Parkplätze sind ein großes Problem, doch Kunden dürfen für den Einkauf direkt vor dem Markt parken. Die Buslinien 169 und 194 halten hier, ebenso die Straßenbahnen 107 und 108. Besser geht’s nicht.

Vielfalt des Angebots: Da es nur noch zwei Stände gibt, ist das Angebot überschaubar. Aber was da angeboten wird, hat Premiumqualität. Das wäre anders auch gar nicht denkbar, weiß Dirk Kleinekathöfer: „Die Kundschaft hat ihre Ansprüche. Wenn, dann vom Feinsten.“

Andere Einkaufsmöglichkeiten: Vom Marktplatz sind es nur ein paar Schritte zur Bredeneyer Straße mit ihren Einkaufsmöglichkeiten, unter anderem einem großen Edeka-Markt.

Snacks und Aufenthaltsqualität: Wer hier etwas auf die Hand zum Verzehren möchte, muss zum Bäcker Peter gehen. Das Ambiente am ÖPNV-Knotenpunkt ist wenig idyllisch, auch die benachbarte Grünanlage lädt nicht wirklich ein.

Toiletten und Sauberkeit: Eine öffentliche Toilette gibt es hier nicht. Die Sauberkeit der Marktfläche sei absolut nicht zu beanstanden, sagt Sarah Bremer: „Alles immer piccobello.“ Ab und zu habe ein Autofahrer die Verbotsschilder übersehen und parke falsch: „Verstehe ich nicht. Die Nachbarn wissen doch, wann Markt ist.“

Preise: Die Qualität ist sehr hoch, aber das Preisleistungsverhältnis stimmt noch. Dirk Kleinekathöfer nennt ein Beispiel: „Was ich hier an Pata Negra-Schinken vom schwarzen Iberico-Schwein habe, für diesen fairen Preis, das suchen Sie mal anderswo.“ Und Sarah Bremer ergänzt: „Wir sind gar nicht generell teurer als der Supermarkt. Ich hab’s verglichen. Kürzlich war meine Paprika günstiger.“

Ambiente und Sozialstruktur: Sarah Bremer erlebt hier in Bredeney ein gemischtes Publikum: „Im Schnitt schon etwas älter, wir haben aber auch junge Leute. Alle legen großen Wert auf Frische und bekommen das hier auch.“ Dirk Kleinekathöfer sieht das weniger sonnig: „Im Grunde ist das hier doch kein Markt mehr, dafür sind zu viele Stände abgewandert. Bredeneys hat wohl ein zu kleines Einzugsgebiet.“ Auch gebe es die typisch klassische Hausfrau nicht mehr: „Die sind doch alle arbeiten heutzutage.“