Essen-Katernberg. 15 Millionen Euro gehen an das Unternehmen Talpasolutions in Essen-Katernberg. Was mit dem Geld gemacht wird und warum sich Datenanalyse lohnt.

Investorengelder in Höhe von 15 Millionen Euro gehen nach Essen-Katernberg: Talpasolutions entwickelt seit 2016 KI-gesteuerte Lösungen für flottenintensive Industrien. Die Entwicklungen von Talpasolutions sorgen für eine effizientere Nutzung von Maschinen unter anderem im Bergbau. Das Unternehmen mit Sitz im Unternehmens- und Gründerzentrum Triple Z an der Katernberger Straße will mit dem Fördergeld den „Aufbau internationaler Repräsentanzen“ und einen „produkttechnischen Entwicklungsschub“ finanzieren, sagt Bergbauingenieur, Geschäftsführer (CEO) und Mitgründer Sebastian-Friedrich Kowitz.

Datenanalysen für den Bergbau und die Schwerindustrie

Zeit ist Geld. Vielleicht lässt sich das Konzept, mit dem Talpasolutions vor gut sieben Jahren als Start-up in eine bestehende Angebotslücke gestoßen ist, letztlich genau auf diese einfache Formel herunterbrechen. Die Technologie hinter dem Konzept allerdings ist hochkomplex. Kowitz: „Moderne Maschinen produzieren Gigabyte an Daten. Unsere Mission ist es, über unsere digitalen Lösungen die richtige Person zum richtigen Zeitpunkt über das Wesentliche zu informieren. Man könnte sagen, wir treiben die Digitalisierung in bislang eher konservativen Branchen voran.“ Heißt übersetzt: Die Entwicklungen von Talpasolutions machen Analysen von Maschinendaten möglich. Im weltweiten Bergbau beispielsweise, aber auch allgemein in der Schwerindustrie.

Das Entscheidende: Die Software überwacht die Abläufe in Echtzeit. Und sie sammelt die Daten nicht nur, sondern interpretiert sie auch und gibt konkrete Handlungsempfehlungen. Auf diese Weise können Arbeitsgänge optimiert und kostenintensive Ausfallzeiten reduziert werden. Kowitz wählt hier den Begriff „Industrial Intelligence“: „Wie wichtig Daten sind, ist allen längst klar. Jetzt setzt sich aber langsam die Erkenntnis durch, dass es auch Kompetenz braucht, um diese Daten richtig und effizient zu analysieren. Wir hören den Daten zu, die ansonsten nur selten genutzt werden.“

Digitale Überwachung der Maschinen spart Geld

Ein Beispiel: der Kali- und Salzbergbau. „Ein solches Bergwerk ist so groß wie der Münchner Ring. Da braucht man bei einer defekten Maschine schon mal eine halbe Stunde, bis man überhaupt vor Ort ist. Und das bedeutet Geldverlust. Wenn die Maschine steht und man nicht weiß, was Sache ist, und noch fünf Mal hin- und her fahren muss, bis man eine Lösung hat, ist das eine teure Situation. Wenn man die Abläufe aber durchgehend überwacht, kommt es vielleicht gar nicht erst so weit.“ Wichtig aber ist auch: Am Ende entscheidet immer noch der Mensch, nicht die Software, was passiert.

Die Entwicklungen von Talpasolutions sorgen für eine effizientere Nutzung von Maschinen unter anderem im Bergbau.
Die Entwicklungen von Talpasolutions sorgen für eine effizientere Nutzung von Maschinen unter anderem im Bergbau. © Talpasolutions | Kaupo Kikkas

Größere Datenverarbeitung als die Deutsche Börse

Mehr als 450 Maschinen auf fünf Kontinenten sind an die Plattform des Unternehmens angebunden, die mehr Datenpunkte pro Sekunde verarbeitet als die Deutsche Börse. Auch mithilfe der aktuellen Investorengelder will sich das Unternehmen jetzt breiter aufstellen. Feste Mitarbeiter in den USA sowie Japan und Singapur sollen künftig weitere Märkte erschließen. „Unsere Zielgruppe sind so genannte flottenintensive Industrien, bei denen viele Maschinen zum Einsatz kommen.“ Neben dem Bergbau also etwa auch das Bauwesen oder der Logistikbereich. Ansprechpartner für Talpasolutions sind dabei die Maschinenhersteller selbst, „die ganz sicher enorme Kompetenz im Maschinenbau haben, aber eben oft nicht im Bereich Digitalisierung oder Data Science“.

Gründerfonds Ruhr, RAG-Stiftung und internationale Geldgeber investieren 15 Millionen

Zukunftsthemen, in die offenbar gern investiert wird: Bereits 2018 hat sich der Gründerfonds Ruhr mit 1,5 Millionen Euro in das Unternehmen eingebracht und war auch gut drei Jahre später wieder mit im Boot, um mit dem High-Tech Gründerfonds, der NRW-Bank, der RAG-Stiftung und F-LOG Ventures insgesamt 4,5 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Und jetzt also noch einmal 15 Millionen. Zum bestehenden Investorenkreis hinzugekommen sind mit MIG Capital, Bosch Ventures, Hannover Digital Investments sowie Prospect Mining Studio/Newlab Ventures dabei vier neue Geldgeber.

Für Kowitz – nüchtern betrachtet – eine „logische Konsequenz“ in der weiteren Entwicklung der Firma. Andererseits aber auch ein „arbeitsintensiver und anstrengender Verhandlungsprozess“ über die vergangenen sechs bis acht Monate. „Das ist nicht wie die Höhle der Löwen. Man muss die Interessenten immer wieder aufs Neue von seinem Unternehmen und seinen Ideen überzeugen. Und man kann jederzeit scheitern.“ Von „schlaflosen Nächten“ berichtet auch Betriebswirt Philipp Lorenz, ebenfalls Mitgründer und CEO bei Talpasolutions. Und er stellt klar: „Mit so einer Finanzierung geht immer auch eine große Verantwortung einher. Wir müssen jetzt einen Auftrag erfüllen.“

43 Mitarbeiter im Essener Norden – Ruhrgebiet bleibt Stammsitz

43 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen. Datenspezialisten, aber auch Bergbau- und Maschinenbauingenieure, die genau aus jenen Bereichen kommen, für die Lösungen entwickelt werden sollen. „Wir setzen da bewusst auch auf die Erfahrung älterer Mitarbeiter zwischen 50 und 60, die sich mit ihrer Expertise aus der Praxis einbringen“, sagt Kowitz. Und auch wenn internationale Dependancen in Planung sind: Am Ruhrgebiet als Stammsitz will Talpasolutions zukünftig festhalten. Kowitz: „Hier sitzen für uns wichtige Unternehmen. Wir sind glücklich und zufrieden hier. Das Ruhrgebiet wird immer noch unterschätzt. Und wir beweisen da jetzt das Gegenteil.“