Essen. Tageseltern in Essen fordern Hilfe von Stadt und Land: Gestiegene Lebensmittelpreise und Energiekosten brächten sie in finanzielle Nöte.

Die gestiegenen Lebenshaltungskosten machen auch vielen Tagesmüttern und -vätern zu schaffen. „Wir arbeiten mit kleinen Kindern und haben kaum Einsparpotenzial: So ist es uns zum Beispiel nicht möglich, die Raumtemperatur in den Betreuungsräumen zu senken, um Heizkosten zu sparen“, sagt Rebecca Eggeling, Sprecherin der Interessengemeinschaft (IG) Kindertagespflege Essen. Von Stadt und Land wünscht sich der Verein mehr Unterstützung.

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„Höhere Mieten, drastisch steigende Energiekosten und explodierende Lebensmittelpreise schüren bei vielen von uns finanzielle Sorgen und Existenzängste“, sagt Rebecca Eggeling. Beispielhaft nennt sie das Essensgeld, das die Tagespflegepersonen von den Eltern erheben dürfen: Der Höchstbetrag ist von der Stadt auf 50 Euro pro Kind und Monat festgelegt. Wenn man keine Qualitätseinbußen wolle, lasse sich damit angesichts der Preissteigerungen nicht mehr auskömmlich arbeiten. „Wir müssen das Essensgeld komplett versteuern, da bleiben kaum 30 Euro über“, ergänzt die IG-Vorsitzende Claudia Gößling.

Essensgeld deckt die Kosten nicht mehr

Die Interessensgemeinschaft hat die Stadt daher aufgefordert, die Obergrenze für das Essensgeld hochzusetzen. „Das Jugendamt sagt uns, man dürfe die Familien nicht zu stark belasten“, berichtet Gößling. „Vorgeschlagen wurde uns eine Erhöhung auf 65 Euro – ab August.“ Zu spät sei das und knapp kalkuliert: „Wir bestreiten mit den aktuell 50 Euro Frühstück, Mittagessen und Nachmittagssnack, die städtischen Kitas nehmen mehr Geld und bieten dafür nur ein Mittagessen.“

Stadtsprecherin Silke Lenz erklärt dazu: „Die Lebensmittelpreise sind nach Auskunft des Statistischen Bundesamtes in den vergangenen Monaten um rund 20 Prozent gestiegen.“ Daher prüfe man die genannte Erhöhung der Obergrenze auf 65 Euro, „womit eine weitere Preissteigerung in den kommenden Monaten bereits berücksichtigt würde“. Die dafür nötige Satzungsänderung müsse von Jugendhilfeausschuss und Rat abgesegnet werden und könne dann zum neuen Kita-Jahr umgesetzt werden – also tatsächlich erst im August.

Tagesmutter: Oberhausen zahlt mehr für die Betreuung als Essen

Auch für die städtischen Kitas werde aktuell eine Erhöhung der Essenspauschale geprüft, sagt Lenz. Die Verpflegungskosten dort seien sozial – also nach Einkommen der Eltern – gestaffelt und lägen derzeit zwischen 43,46 und 66,47 Euro. In der Spitze also deutlich über dem, was die Tageseltern nehmen dürfen, im Einstiegssatz allerdings klar darunter. Auf die Frage, warum die Stadt überhaupt eine Obergrenze für die selbstständigen Tageseltern festlege, erklärt Silke Lenz: „Der Gesetzgeber möchte den gleichen Zugang aller Kinder zur öffentlich geförderten Kinderbetreuung ermöglichen.“

Die Nöte der Tagesmütter selbst blieben dagegen unberücksichtigt, findet Lara Pfeifer (Name geändert). Sie betreut fünf Kinder unter drei Jahren und hat dafür Räumlichkeiten im Essener Westen angemietet. „Die Miete ist gestiegen, die Energiekosten steigen, beim Wasser steht eine Nachzahlung an – damit fühlt man sich von der Stadt Essen allein gelassen.“ Zumal es auch anders gehe: Eins der von ihr betreuten Kinder stamme aus Oberhausen: „Für dieses Kind bekomme ich für 35 Wochenstunden fast 200 Euro mehr im Monat als jeweils für die anderen vier.“ Auch die Vertretungs- und Urlaubsregelungen in der Nachbarstadt seien großzügiger.

Stadt Essen sieht die Nöte der Tagesmütter

„Fast alle anderen NRW-Städte bieten den Tageseltern 30 Tage bezahlten Urlaub“, sagt auch Claudia Gößling. Auf dem Papier gebe es diese 30 Tage auch in Essen, doch da die Stadt monatlich vorsorglich ein Zwölftel des Entgeltes einbehalte, gingen 22,5 Tage auf das Konto der Tagesmütter. Nur 7,5 Tage seien bezahlter Urlaub. Angesichts dieser Regelung sei es besonders ärgerlich, dass die Stadt den Tageseltern seit 2022 auch Heiligabend und Silvester als Schließungstage abziehe. (Für Beschäftigte der Stadt sind beide Tage übrigens grundsätzlich dienstfrei.)

Silke Lenz weist aber darauf hin, dass man bei einem Städtevergleich sämtliche Leistungen berücksichtigen müsse – und dem wolle sich Essen gern stellen: Das Jugendamt plane in Kürze, die Rahmenbedingungen für Tageseltern in unterschiedlichen NRW-Kommunen abzugleichen. Essen könne da etwa mit anteilig übernommenen Versicherungsleistungen und Mietkostenzuschüssen punkten. Auch sehe man durchaus die derzeitigen Nöte der Tageseltern und habe eine mögliche „Abfederung der finanziellen Belastung in den Blick genommen“. Und so hofft Claudia Gößling von der IG Kindertagespflege nun, dass es bei einem Gespräch mit dem Jugendamt in diesen Tagen Bewegung geben wird

Land stellt 80 Euro Pauschale für höhere Energiekosten bereit

Vorsorglich weist Stadtsprecherin Lenz darauf hin, dass „vorrangig der Bund und das Land“ für Unterstützungsleistungen zuständig seien. Der Landschaftsverband Rheinland habe bereits in einem Rundschreiben vom 1. März angekündigt, dass das Land zur Abmilderung der hohen Energiekosten einen einmaligen Aufschlag von 80,05 Euro pro Betreuungsplatz bereitstellen werde. Nicht gerade üppig, findet die IG Kindertagespflege. Und: Die Stadt, die das Geld weiterleiten soll, weiß noch nicht, „wann die Zahlung erfolgen soll“.