Essen-Katernberg. Essens Gesundheitsdezernent ist überzeugt vom Gesundheitskiosk. Aber er kritisiert, dass Karl Lauterbach bundesweit 1000 Stück errichten will.
Auch in Katernberg sind sie seit Samstag, 3. Dezember, im Einsatz: die Lotsen durch den deutschen Gesundheitsdschungel. Zur Eröffnung hatte das Team des zweiten Essener Gesundheitskiosks Bürger und Bürgerinnen an den Meybuschhof 43 eingeladen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hätte gerne 1000 Einrichtungen dieser Art in Deutschland und bringt damit Essens Gesundheitsdezernenten Peter Renzel (CDU) ein kleines bisschen auf die Palme. Renzel sagt: „Ein zartes Pflänzchen braucht nicht sofort ein Treibhaus“ und begründet diese Einstellung.
Das Konzept des Gesundheitskiosks in Essen-Katernberg
Der Gesundheitskiosk in Katernberg soll, genau wie der in Altenessen, Patienten und Patientinnen in allen Fragen zur Gesundheitsförderung und Prävention niederschwellig unterstützen und auf ihrem Weg zu einer geeigneten Behandlung begleiten. Das Team will Hilfe zur Selbsthilfe geben, etwa bei der Haus- und Facharztsuche unterstützen, über komplexe Krankheiten aufklären, Ernährungsberatung geben und Arztbriefe übersetzen. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sprechen sieben Sprachen. Das Angebot steht allen Menschen offen und ist kostenfrei.
Peter Renzel weiß, dass die Einrichtung in einer angespannten politischen Diskussionslage öffnet und wird nicht müde zu betonen, dass damit kein Ersatz für die geschlossenen Kliniken im Essener Norden geschaffen werden soll. Renzel ist überzeugt von dem Konzept: „Wir werden damit in Essen eine Menge gute und positive Erfahrungen machen.“
Gesundheitskiosk in Hamburg steht auf der Kippe
650 Beratungen in Altenessen
Der Gesundheitskiosk in Altenessen, Altenessener Straße 393, wurde am 1. Mai 2022 eröffnet. Bis zum 15. November hat es dort laut Gesundheitsdezernent Peter Renzel 650 Beratungen gegeben. Das sind pro Werktag knapp fünf: „Ich bin damit zufrieden, weil ich feststelle, dass die Beratungsumfänge sehr unterschiedlich sind.“ Die Klienten würden mit unterschiedlichsten Fragestellungen dorthin kommen.
Ergänzend zu den Beratungen vor Ort ist das Team, bestehend aus sechs Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen plus Leiterin, auch im Essener Norden in diversen Einrichtungen wie Schulen, Bürgerzentren und Pflegeheimen unterwegs, um die Leistungen vorzustellen. In Katernberg soll es zudem auch Schulungen und Workshops in den Räumlichkeiten geben.
Die Kioske sind beide montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr geöffnet. Weitere Infos sowie Terminvereinbarung unter 0201 319375-770 oder per E-Mail an info@gesundheitskiosk.ruhr
Vorbild ist die Einrichtung in Hamburg, die zuletzt allerdings ins Wanken geraten ist, weil einige Krankenkassen den Kiosk dort nicht mehr finanzieren wollen, wie das Magazin „Der Spiegel“ berichtet. Der Betrieb stehe in keinem Verhältnis zu den hohen Kosten und schaffe Doppelstrukturen. Genau das sei laut Renzel nicht Sinn der Sache. In Essen werden explizit keine ärztlichen Leistungen durchgeführt, keine Verbände gewechselt, keine Spritzen gegeben. Die Zusammenarbeit mit den Ärzten sei vielmehr elementar, können diese doch beispielsweise für eine ausführliche Aufklärung und Beratung an den Kiosk verweisen.
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Im Unterschied zu Hamburg ist die Stadt in Essen zudem an der Finanzierung zur Hälfte beteiligt. Die andere Hälfte trägt die AOK Hamburg/Rheinland. Dieses Modell ist bis Ende Februar 2025 geplant. „Ich bin überzeugt, dass wir als Stadt die Kioske auch nach 2025 weiter unterstützen“, sagt Renzel und ergänzt: „Weil ich von dem Konzept überzeugt bin.“ Weil Fakten aber mehr wiegen als Worte, ist ein Forschungsinstitut damit beauftragt, die Effektivität der Kioske in Essen zu untersuchen. Auf Grundlage der Ergebnisse sollen dann auch weitere Krankenkassen mit an Bord geholt werden.
Renzel: 1000 Gesundheitskioske in Deutschland für Krankenkassen abschreckend
Mit der Idee von 1000 Gesundheitskiosken noch in dieser Legislaturperiode könne man hingegen nur alle gegen sich aufbringen sagt Renzel und meint das Vorhaben von Karl Lauterbach, genau das gesetzlich zu verankern. Vor allem die Krankenkassen, die noch nicht überzeugt seien, würden vor allem hohe Kosten auf sich zukommen sehen. Geht es nach Lauterbach, sollen die gesetzlichen Krankenkassen die Einrichtungen zu mehr als 70 Prozent finanzieren. „Es wäre besser, dass ein bisschen runterzubeamen und Modellprojekte in den Bundesländern zu fördern“, erklärt Renzel, der es selbst nicht für wahrscheinlich hält, dass noch in dieser Wahlperiode sieben bis acht Kioske in Essen entstehen, so viele müssten es rechnerisch sein, orientiert man sich an der Marke von einem pro 80.000 Einwohner, die Lauterbach vorschlägt.
Es gehe jetzt zunächst darum, Vertrauensarbeit zu leisten und als Einrichtung in Essen bekannt zu werden. Renzel: „Wir gehen davon aus, dass wir erfolgreich sind.“