Essen. Dass alles teurer wird, nimmt ein Essener Rentnerehepaar mit Gleichmut. Sie hätten nie in Saus und Braus gelebt, müssten nun halt gut haushalten.
Lebensmittel, Heizen, Strom – alles wird dieser Tage teurer. Das macht vielen Senioren zu schaffen, die teils mit kleinen Renten klarkommen müssen. Rechnen muss auch das Ehepaar Ingrid und Eugen Nickel aus Essen-Frohnhausen, klagen mögen die beiden nicht. „Wir müssen nicht knapsen – wir achten nur sehr genau auf die Preise.“
Wenn am Samstag die Prospekte der Supermärkte mit den Sonderangeboten kommen, schaut Ingrid Nickel genau, was wo günstig zu haben ist. Sie könne aber nicht einfach von einem Discounter zum anderen fahren, sie sei ja mit Bus und Bahn unterwegs, sagt die 85-Jährige. Das Auto hat das Ehepaar vor Jahren abgegeben. Nun holt ihr Sohn, der in Mülheim lebt, sie samstags ab und macht mit ihnen den Wocheneinkauf. Lange Zeit hätten sie dafür 40, 45 Euro ausgegeben. „Jetzt sind es oft 65 Euro, dabei kaufen wir dieselben Dinge.“ So sei es auch bei Bäcker und Metzger, ergänzt ihr Mann: „Es wird alles teurer.“
Sie kaufen günstige Vorräte, frieren Lebensmittel ein
Sobald etwas im Angebot ist, kaufen die beiden Vorräte: „Wir nehmen ein paar Pakete Butter und frieren sie ein“, sagt Ingrid Nickel. Bei anderen Produkten bleibe nur Verzicht: Ein einziges Mal, nämlich zu Pfingsten, haben sie in diesem Jahr Spargel gegessen, das Edelgemüse sei diesmal einfach „unglaublich teuer“ gewesen. Vom Spargel abgesehen, gönnen sie sich ohnehin keinen Luxus. „Wir leben nicht mit Delikatessen“, formuliert die Seniorin.
Wunschbaumaktion für Senioren startet am 25. November
Auch dieses Jahr gibt es wieder die Wunschbaumaktion für Senioren, die der Sozialträger Caritas-SkF-Essen gGmbH (CSE) 2018 mit der Einhorn-Apotheke ins Leben gerufen hat. Seit 2019 ist die FUNKE-Mediengruppe dabei. An den Bäumen hängen Wunschzettel von Senioren und Seniorinnen aus dem Caritas-Stift Lambertus sowie aus Pflegezentren, Tagespflegen, betreutem Wohnen und Demenz-Betreuung der CSE. Sie wünschen sich oft Kleinigkeiten wie Rätselheft, Duschgel, Schokolade oder Socken.
Start der Aktion ist Freitag, 25. November: Dann können Essener sich an den Bäumen in der Einhorn-Apotheke (Markt 5) und im Foyer der Funke-Mediengruppe (Jakob-Funke-Platz 1) Wunschzettel holen und die Geschenke besorgen. Diese sollen lose in Geschenktüten (mit dem Wunschzettel) in der Apotheke bzw. bei Funke abgegeben werden – bis Mittwoch, 14. Dezember.
Denn die letzte Abholung der Geschenke ist am 15. Dezember. Anschließend werden die Geschenke an die Einrichtungen verteilt und von dort zu den Senioren gebracht.
Von Einschränkung mag sie nicht reden, mit drei Kindern habe es bei ihnen nie Saus und Braus gegeben. „Man kann halt nicht immer große Sprünge machen, muss gucken, dass man nicht über seine Verhältnisse lebt“, sagt Eugen Nickel (87). Büromaschinenmechaniker hat er gelernt, später auf Maschinenbautechniker umgesattelt, schließlich im Walzwerksbau gearbeitet. Die Familie lebte zur Miete im Bungalow in der Siedlung am Alfredspark in Holsterhausen, zog später in eine andere Krupp-Wohnung.
Ingrid, die Rechtsanwaltsgehilfin gelernt hat, hörte nach der Geburt des ersten Kindes 1962 auf zu arbeiten, kümmerte sich um Haushalt und Kinder. Eugen hat sein Auto immer selbst repariert und versucht, im Haus jeden Handwerker zu ersetzen. Wenn die Familie in Urlaub fuhr, buchten sie Ferienwohnungen in Deutschland.
Beim Heizen und Duschen sind sie ohnehin sparsam
Mit 63 Jahren ging Eugen Nickel in den Ruhestand, was seine Rente etwas mindert. Ein kleines Ruhegeld bezieht auch seine Frau aus ihrer kurzen Berufstätigkeit. Vor sieben Jahren haben sich die beiden kleiner gesetzt, sind in eine Seniorenwohnung in Frohnhausen gezogen. „Man muss sich einstellen, dass man mit seiner Rente klarkommt“, findet der 87-Jährige. Er könne ja nicht einfach „auf ‘ne Taxe umsteigen“, weil er keinen eigenen Wagen mehr hat.
Dass andere die Heizung trotz gestiegener Energiekosten auf Stufe fünf stellen, versteht der Rentner nicht: Ihnen reiche Stufe zwei. Auch beim Duschen seien sie sparsam, betont seine Frau. So stellten die Kräfte des Pflegedienstes das Wasser zwischendurch ab: „Die seifen uns ein, spülen uns dann ab.“ Sollte der neue Abschlag trotzdem viel höher ausfallen, müssten sie wohl ans Ersparte auf dem Konto gehen.
Für den 85. Geburtstag war die alte Bluse schick genug
Auf den Friseurbesuch mag Ingrid Nickel nicht verzichten, aber die Dauerwelle sei jetzt zehn Euro teurer; die gebe es dann eben seltener. Erhöht wurde auch der Preis fürs Mittagessen, das die Malteser bringen. Bei der Mahlzeit gibt es kein Einsparpotenzial, bei allem anderen schon: So hat sie im Sommer ein paar schöne Schuhe im Kaufhaus entdeckt und den Kauf vertagt: „Die hab’ ich immer noch nicht.“
Für ihren 85. Geburtstag Anfang November wollte sie sich eine neue Bluse kaufen: „Dann hab’ ich eine alte genommen: Die ist auch noch schick.“ Geschenke seien ihr nicht wichtig, sagt die Seniorin, aber die ganze Familie sollte kommen. Also lud sie nicht nur die drei Kinder, deren Partner und die drei Enkel ein, sondern auch Nichten und Neffen. „Ich hab’ allen gesagt, ich wünsch’ mir nur eins: ,Drückt mich!’“