Katernberg. Kleiner Bahnhof, große Geschichte: An der Köln-Mindener Eisenbahn gelegen, bietet „Zollverein Nord“ kaum Komfort, aber Rauschen zweierlei Art.

Am Bahnhof Zollverein Nord in Katernberg sieht man Schilder am Bahnsteig, die es längst nicht an jedem Bahnhof gibt: „Vorsicht, schnelle Vorbeifahrten“, wird auf gelb-schwarzen Tafeln gewarnt, und ehe man sich versieht, rauscht ein Güterzug vorbei. Wir lernen: Wie lang sind die denn bitte, die hören ja gar nicht mehr auf?! Zehn Minuten später donnert ein ICE in Richtung Dortmund durch die kleine Station, weitere zehn Minuten später zischt ein RE 3 nach Hamm, und dann einer in die Gegenrichtung, nach Duisburg. Hält hier eigentlich auch mal was?

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Der Bahnhof

„Zollverein Nord“ hat Geschichte. Am Eingang an der Straße Schonnebeckhöfe, einen Katzensprung vom Gelände des Weltkulturerbes entfernt, steht ein Schild, das erzählt: Dies ist Bestandteil der Köln-Mindener Eisenbahn, der ersten Fernbahn im Revier. Den Bahnhof gibt es seit 1897, wegen Zollverein, na klar, Kohletransport, und er wechselte mehrfach seinen Namen: Erst „Zollverein“, dann „Caternberg“, dann „Caternberg Süd“, „Katernberg Süd“, und schließlich, zum Jahr der Kulturhauptstadt 2010, „Zollverein Nord“

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Züge

Hier halten die Regionalbahnen RB32 und RB35, sie verkehren zwischen Duisburg und Dortmund beziehungsweise Gelsenkirchen. Der RB32 fährt stündlich, der RB35 wochentags im seltsamen Takt „15 und 42“, also in etwa jede halbe Stunde.

Eindruck

Der Verkehrsverbund Rhein Ruhr (VRR) bewertet in seinem aktuellen Stations-Report den Bahnhof als „verbesserungswürdig“, was die Aufenthaltsqualität angeht. Das stimmt mit Sicherheit, aber es gibt schlimmere Bahnhöfe im Stadtgebiet. Der Fußgängertunnel, der zu den Gleisen führt, riecht am Tag unserer Besichtigung nicht nach irgendwelchen menschlichen Hinterlassenschaften. Sicher, es gibt Farbschmierereien an den Wänden, doch die Mauern sind mehrheitlich noch weiß. Wenig Müll liegt herum, wir sehen keine abgebrochenen Geländer oder gefährlichen Stufen. Insgesamt lautet unser Urteil „Okay“, und Luft nach oben ist ja immer. Auch das wollen wir erwähnen: Die Schaukästen mit den Fahrplänen sind sauber und heile, gleiches gilt für den Ticketautomaten.

Weiße Wände, ein wenig Graffiti: Dieser Tunnel führt auf die Straße Schonnebeckhöfe. Für Rollstuhlfahrer gibt es am Ende des Bahnsteigs eine Rampe.
Weiße Wände, ein wenig Graffiti: Dieser Tunnel führt auf die Straße Schonnebeckhöfe. Für Rollstuhlfahrer gibt es am Ende des Bahnsteigs eine Rampe. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Auf dem Gleis

Auch hier: Okay. Die Wartehäuschen haben keine Scheiben. Aber intakte Sitze und offenbar regelmäßig geleerte Mülleimer. Plötzlich ein Rauschen: Nein, kein neuer Zug, der durchrast, sondern die Bandansage. „Achtung, eine Durchfahrt. Halten Sie Abstand vom Gleis.“ Es klingt verwaschen und erinnert – die Älteren erinnern sich – an den Sound von Chromdioxid-Cassetten, die zu oft durchgenudelt wurden. Dafür gibt es ein Leucht-Laufband, das die nächsten Züge ankündigt, technisch vollkommen intakt; der VRR vermerkt das mit vermutlich einigem Stolz, vergibt für den Apparat die Note „hervorragend“. Eine handelsübliche LED-Anzeige so zu bezeichnen, ist jetzt ein bisschen übertrieben.

Barrierefreiheit

Das offizielle Urteil lautet „zufriedenstellend“, und, nun ja: Rollstuhlfahrer brauchen kräftige Arme. Von der Straße Meybuschhof führt eine Rampe, etwa 50 Meter lang, auf den Bahnsteig. Diese lange Steigung muss man erst mal überwinden.

Komfort

Kurze Antwort: Nein. Gibt’s hier nicht. Sicher, das Dach ist dicht, aber es gibt weder Snack-Automaten, noch ist ein Kiosk in Sichtweite. Andererseits: Wir sind hier am Rand von Katernberg, so richtig weit sind die Anlaufstellen für Kaffee und belegte Brötchen nicht. Radler ärgern sich vermutlich häufig über den ziemlich vergammelten Zustand der Abstell-Anlage. Immerhin: Es gibt eine.

Anbindung

Eine wichtige Verbindung stellt sicherlich die Ruhrbahn-Tram der Linie 107 dar, die hier, an der Straße Schonnebeckhöfe, hält. Die Busse 170 (Kray/Steele) und die 183 (Altenessen, Karlsplatz) machen hier ebenfalls Station, außerdem zwei Nachtexpress-Linien.

Der Bahnhof mit seinen Gleisen führt über die Straße Schonnebeckhöfe.
Der Bahnhof mit seinen Gleisen führt über die Straße Schonnebeckhöfe. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Fazit

Der kleine Haltepunkt „Zollverein Nord“ liegt an einer wichtigen Verbindungsstrecke; das merkt man sofort an den vielen Zügen, die durchrauschen und hier nicht halten. Pendler, die hier täglich ein- und aussteigen, müssen damit leben, dass dies ein erkennbar alter Bahnhof ist, glanzlos, aber solide. Und verglichen mit anderen Stationen in Essens Stadtgebiet sind die Zustände hier ganz ordentlich.