Essen. Da immer mehr Kommunen mit dem Beamtenstatus ihren Nachwuchs locken, muss die Stadt jetzt nachziehen. 2023 startet die Beamtenausbildung.
Die Stadt Essen will im Kampf um den Nachwuchs stärker mit der Zeit gehen. Das heißt konkret: Die Verwaltung bildet künftig mehr Beamte aus. Denn das scheinbar tradierte Beamtentum ist gerade bei jungen Leuten gefragter denn je. „Für Bewerber ist die Verbeamtung ein wesentlicher Faktor“, bestätigt Annabelle Brandes, die neue Beigeordnete für Personal in der Stadtverwaltung.
Der Fachkräftemangel hat auch die öffentliche Verwaltung erreicht. Gute Bewerber können sich ihren Arbeitgeber aussuchen. Für Kommunen bedeutet das: Sie müssen um die besten Leute buhlen. Nicht zuletzt deshalb bieten andere Städte die Beamtenausbildung längst wieder an und haben damit im Rennen um die Fachkräfte von morgen offenbar die besseren Karten. „Vielen gibt das Beamtentum ein Gefühl der Sicherheit“, sagt Brandes. „Darauf müssen wir als Arbeitgeber reagieren.“
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Nach über zehn Jahren Pause wird die Stadtverwaltung deshalb im kommenden Jahr erstmals wieder Beamte im mittleren Dienst ausbilden. 30 der insgesamt 70 ausgeschriebenen Ausbildungsplätze bieten eine Beamtenlaufbahn. „Wir erhoffen uns dadurch mehr Bewerber“, betont Brandes.
Ausbildung bei der Stadt Essen: Bewerbungsfrist läuft bis Ende Oktober
Ob der Plan aufgeht, kann die Personaldezernentin derzeit noch nicht sagen. Die Bewerbungsfrist läuft noch bis Ende des Monats. Sollte die Verwaltung jedoch merken, dass es auf die Beamtenstellen tatsächlich einen regeren Zulauf gibt als auf die im Angestelltenverhältnis, werde man künftig nachsteuern. „Zunächst aber wollten wir allen ein Angebot machen.“
Das Beamtentum hat für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Vor- und Nachteile. Pluspunkte sind ein sicherer Arbeitsplatz, Unkündbarkeit, sichere Bezahlung und die gute Absicherung im Alter. Nachteile dagegen sind: Beamte müssen mit 41 Stunden pro Woche zwei Stunden mehr arbeiten als Angestellte. Sie dürfen nicht streiken. Und ein Wechsel in die freie Wirtschaft ist für sie praktisch ausgeschlossen.
Allerdings zeigt der Boom auf den Beamtenstatus, dass für die meisten Bewerber die Vorteile bei weitem überwiegen. Im gehobenen Dienst nämlich bietet die Stadt den Absolventen schon seit einiger Zeit den Beamtenstatus an. „Die allermeisten machen das auch“, sagt Brandes. Die Stadt reagiert darauf: Nächstes Jahr starten erstmals wieder Studiengänge direkt im Beamtenverhältnis.
Nothaushalt zwang zur Aufgabe der Beamtenausbildung
Dass die Stadtverwaltung die Beamtenausbildung vor über zehn Jahren eingestellt hatte, lag an der desolaten Haushaltslage. Auszubildende wurden nach der Ausbildung nicht übernommen. Für Beamtenanwärter sei das besonders hart gewesen, weil es für sie „draußen keinen Arbeitsmarkt gab“, erinnert sich der Vorsitzende des Personalrates, Kai-Uwe Gaida. Deshalb habe man damals beschlossen, keine Beamten mehr auszubilden. Mittlerweile sei das zum Nachteil gegenüber anderen Kommunen geworden. „Den heben wir jetzt auf“, so Gaida.
Die neue Beamtenwelle in Essen betrifft aber nicht nur Azubis und Studenten. Auch Quereinsteiger will die Stadt mit dem Beamtenstatus locken, macht Personalchefin Annabelle Brandes deutlich. In vielen Berufsfeldern sucht die Stadt händeringend Fachleute und Experten. Als Beispiele nennt sie Architekten, Ärzte, Erzieher, Ingenieure, IT-Fachleute und Sozialarbeiter und betont: „Wir setzen nicht nur auf Ausbildung, sondern auch auf die Qualifizierung von Quereinsteigern.“
Viertel der Stadtverwaltung geht bis 2032 in den Ruhestand
Denn der Personaldruck bleibt groß. In den nächsten zehn Jahren werden rund 2300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung in den Ruhestand gehen. Das ist etwa ein Viertel der Belegschaft. Zu den altersbedingten Abgängen kommt hinzu, dass heute Beschäftigte häufiger als früher den Arbeitgeber wechseln. „Wir bereiten uns darauf vor und müssen deshalb Personal aufbauen“, betont Brandes.
Das Beamtentum mag ein Lockmittel dafür sein. Doch für Bewerber wird auch die Möglichkeit zum Homeoffice zu einem immer wichtigeren Kriterium. Da kann eine Verwaltung, deren erste Aufgabe die Dienstleistung am Bürger ist, oftmals nur bedingt ein Angebot machen. Um auch hier als moderner Arbeitgeber mithalten zu können, setzt Brandes auf die Digitalisierung. Wenn Bürger ihre Anliegen verstärkt digital erledigen können, sei es auch für die Verwaltung möglich, mehr Aufgaben von zu Hause aus zu erledigen.
Einen Überblick über die Ausbildungsangebote der Stadtverwaltung Essen gibt es hier