Essen. Personalrat kritisiert, dass Heimarbeit in der jetzigen Coronakrise nicht ausreichend genutzt wird und prangert Vorbehalte der Vorgesetzten an.
In der neuen Woche treten die strengeren Regeln zum Homeoffice in Kraft. Die Verordnung von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil schreibt vor, dass Arbeitgeber, wo immer es möglich ist, ihren Mitarbeitern Heimarbeit anbieten müssen.
Laut Deutschem Beamtenbund haben jedoch nicht nur Wirtschaftsunternehmen sondern auch die öffentlichen Verwaltungen - allen voran die Städte - hier noch großen Nachholbedarf. In einer Umfrage aus dem Sommer 2020 kamen die Kommunen bundesweit gerade mal auf eine Homeoffice-Quote von 37 Prozent.
Auch in der Stadtverwaltung Essen gibt es bei der Heimarbeit noch Luft nach oben. Das bestätigt Personalratschef Kai-Uwe Gaida. Genaue Zahlen, wie viele der 10.000 Mitarbeiter derzeit im Homeoffice arbeiten, kann Gaida nicht nennen. Er sagt aber deutlich: "Bislang wird Homeoffice in der Verwaltung nicht ausreichend genutzt." Nach seiner Einschätzung ist das bislang nur bei 30 bis 50 Prozent der "Homeoffice fähigen Arbeitsplätze" der Fall.
Vorgesetzte in der Stadtverwaltung haben offenbar Vorbehalte beim Homeoffice
Seit Monaten kämpfe der Personalrat daher für eine Ausweitung in den Ämtern. Denn die große Welle im Frühjahr 2020 mit viel Homeoffice sei danach wieder schnell abgeebbt. Seither kämen immer wieder Kollegen mit dem Wunsch zum Personalrat, gern mehr von zu Hause zu arbeiten, denen dies aber nicht genehmigt werde.
Offensichtlich ist ein Mehr an Homeoffice dabei nicht nur ein technisches sondern auch ein Vertrauensproblem, wenn Gaida kritisiert: "Wir erleben die Fachbereiche beim Thema Homeoffice als zu konservativ." Den Vorstoß von Arbeitsminister Heil bewertet Gaida daher als positiv: "Wir haben sechs Monate an dem Thema gearbeitet. Das hilft uns jetzt ungeheuer."
Stadt Essen schafft weitere technische Zugänge
Tatsächlich wird die Stadtverwaltung die Homeoffice-Möglichkeiten in den kommenden Tagen deutlich ausweiten und die technischen Voraussetzungen dafür schaffen. Weitere 1000 Mitarbeiter sollen einen externen Zugriff auf ihre Daten bekommen. Das heißt, sie können dann ihre Arbeit nahezu 1:1 auch von zu Hause aus am Computer erledigen. Damit sind dann rein rechnerisch 4000 Mitarbeiter der Verwaltung entsprechend technisch ausgestattet.
Personaldezernent Christian Kromberg kündigt an, "soviel Homeoffice wie möglich anzubieten" und darüber auch mit den Fachbereichsleitern nochmals zu sprechen. Allerdings habe Heimarbeit auch Grenzen. Von den 10.000 Mitarbeitern in der Verwaltung habe nur etwa die Hälfte Tätigkeiten, die sie auch oder teilweise von Zuhause erledigt können. Bei den anderen Beschäftigten gehe es ohne Präsenz am Arbeitsplatz nicht, etwa bei Erziehern oder in Bürgerämtern, so Kromberg.
Hinzu kämen in der Verwaltung Tätigkeiten, die zur kritischen Infrastruktur zählen. Und es fehlten auch technische Voraussetzungen. So sei die Stadt zwar bei der Digitalisierung der Akten vorangekommen. Aber viele Akten liegen noch immer nur in Papierform vor. "Kein Bürger würde es wohl wollen, dass unsere Mitarbeiter diese in Bus und Bahn herumfahren", meinte Kromberg.
Personaldezernent: Nur wenige Quarantänefälle
Der Personaldezernent betonte unterdessen, dass die Mitarbeiter in den Büros nicht ungeschützt sind. "Wir haben viel investiert, haben Lüftungskonzepte erarbeitet und achten darauf, dass möglichst viele in Einzelbüros arbeiten."
Die Infektionslage in der Verwaltung gibt laut Kromberg keinen Anlass zur Besorgnis. Ende der vergangenen Woche seien gerade einmal 14 Mitarbeiter in Corona-Quarantäne gewesen, in der Spitze bislang rund 30. Seit Ausbruch der Pandemie habe sich ein Mitarbeiter nachweislich auf der Arbeit angesteckt. Dies sei aber bei einem Außentermin passiert.
Kromberg warnte abschließend vor einer Glorifizierung des Homeoffice. "Unter infektiologischen Gesichtspunkten ist dies sicher sinnvoll. Aber es gibt auch viele Kollegen, die sich Homeoffice nicht vorstellen können, schon gar nicht fünf Tage die Woche."
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