Essen-Rüttenscheid/Innenstadt. Die meisten E-Ladesäulen stehen in Rüttenscheid und der City. Warum das so ist, obwohl die Stadt sich gleichmäßige Verteilung vorgenommen hat.

Wo immer ein E-Auto geladen werden kann, fallen Parkplätze für andere Pkw weg. Das ist in Essen besonders in Rüttenscheid und im Stadtkern der Fall: Schaut man sich die Online-Übersichtskarte an, so knubbeln sich die entsprechenden Symbole in diesen beiden Stadtteilen. Dabei hat die Verwaltung das Stadtgebiet mit einem Kachelsystem überzogen, das für eine einigermaßen gleichmäßige Anordnung von E-Ladesäulen sorgen soll. Warum also ist die Dichte hier so hoch und weiter außerhalb so niedrig?

Auf Anfrage erklärt Stadtsprecher Patrick Betthaus, da die Stadtverwaltung selbst keine Ladesäulen betreibe, habe sie mit dem Kachelverfahren ein System geschaffen, das den Anbieterfirmen ausreichend Spielraum für aus ihrer Sicht interessante Standorte lasse, andererseits aber einer Überfrachtung in bestimmten Bereichen vorbeuge. Pro 200 mal 200 Meter großer Kachel darf eine Säule mit zwei Ladepunkten stehen. Sollten die Auslastungszahlen der jeweiligen Ladesäule belegen, dass am Standort ein höherer Bedarf gegeben ist, kann gegebenenfalls die Aufstellung einer zweiten Ladesäule in derselben Kachel genehmigt werden.

E-Ladesäulen in Essen: Anbieter suchen sich Standorte aus

Wo Ladesäulen stehen sollen, entscheidet in erster Instanz der Anbieter. Er sucht sich einen Standort aus und stellt einen Antrag bei der Stadt, die – unter anderem unter Berücksichtigung des Kachelsystems – entscheidet, ob die Ladesäule dort stehen darf oder nicht. „Häufig gehen aber Vorschläge oder Anfragen von Bürger*innen ein, die dann an die im Stadtgebiet tätigen Anbieterfirmen verwiesen werden“, betont Betthaus. Unter Umständen würde der Vorschlag von einer der Firmen aufgegriffen.

Die Online-Karte der Stadt Essen zeigt: In Rüttenscheid und der Innenstadt gibt es besonders viele E-Ladesäulen verschiedener Anbieter. Die verschiedenen Farben stehen für verschiedene Anbieter. Graue Symbole zeigen Stellen an, an denen zwar noch keine Ladesäulen stehen, aber welche geplant sind.
Die Online-Karte der Stadt Essen zeigt: In Rüttenscheid und der Innenstadt gibt es besonders viele E-Ladesäulen verschiedener Anbieter. Die verschiedenen Farben stehen für verschiedene Anbieter. Graue Symbole zeigen Stellen an, an denen zwar noch keine Ladesäulen stehen, aber welche geplant sind. © Regionalverband Ruhr | Geoportal der Stadt Essen

Für die Anbieter scheinen Rüttenscheid und die Innenstadt also attraktiver zu sein als die weiter außerhalb gelegenen Stadtteile. Während sich dort auf der interaktiven Karte Säule an Säule reiht, findet man beispielsweise in Altenessen-Süd und in Borbeck nur drei, in Heisingen zwei (eine weitere ist geplant) und in Steele eine (zwei weitere sind geplant) E-Ladesäule.

Warum ist das so? Rüttenscheid und die Innenstadt mit ihrem großen Angebot an Einzelhandel und Gastronomie sind für die Anbieter von vorne herein interessanter als Stadtzentren, in denen weniger los ist. Eine Nebenrolle mag spielen, dass es zumindest in Rüttenscheid eher als anderswo ein Milieu gibt, das an E-Autos besonderes Interesse hat.

Interessengemeinschaft Rüttenscheid: Planung ist nicht bedarfsgerecht

Rolf Krane, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Rüttenscheid (IGR), hat allerdings nicht den Eindruck, dass die vergleichsweise hohe Anzahl der Ladesäulen in Rüttenscheid dazu beiträgt, möglichst viele Menschen im ganzen Stadtgebiet zum Kauf eines E-Auto zu motivieren: „Man möchte das E-Auto ja normalerweise nicht in der Nähe des Einkaufsortes, sondern am Wohnort laden.“ Deshalb müsse die Stadt seiner Ansicht nach eine bessere Verteilung der Ladesäulen im Stadtgebiet vorantreiben.

In Rüttenscheid, so beobachtet Krane, blieben inzwischen immer öfter E-Ladeplätze leer: „Wir sind an einem Punkt, an dem die Planung nicht mehr bedarfsgerecht ist. Das ist Flächenverschwendung und führt zu einer Belastung der Anlieger, ohne hinreichende Anreize für den Kauf eines E-Autos zu liefern..“

Anders sieht das Rolf Fliß (Grüne), dritter Bürgermeister und Ratsherr für den Bezirk Rüttenscheid-Süd. „Deutschland und auch die Stadt Essen als Grüne Hauptstadt Europas 2017 hat Verpflichtungen gegenüber der EU. Eine davon ist, die Umrüstung auf E-Mobilität zu fördern“, betont er. Dazu gehöre die Bereitstellung eines komfortablen Angebotes an Ladeplätzen. Über den Punkt, an dem man das Auto am besten vor der eigenen Haustür laden könne, sei man hinaus. Aus Fliß’ Sicht wäre es allerdings sinnvoll, am gleichen Ort auch Ladeplätze für E-Bikes anzubieten.

Westenergie: Größtes Potential in Rüttenscheid und der Essener City

Zu den Anbietern in Essen gehören unter anderem die Unternehmen Westenergie, Allego, Qwello, Hochtief und On Charge. Die Westenergie Metering, eine Tochterfirma der Westenergie AG, betreibt E-Ladesäulen an 90 Standorten in Essen. 32 davon befinden sich nach Angaben des Unternehmens in Rüttenscheid, zwölf im Innenstadtbereich. „In den Bereichen Rüttenscheid und Innenstadt hat die Westenergie das größte Potential in der Nutzungshäufigkeit gesehen“, erklärt Westenenergie-Sprecherin Alina Mangelmann. Das bedeute: Wechselnde Ladesäulennutzer und somit eine wirtschaftliche Nutzung des Standortes. Neue Ladesäulen, auch in anderen Stadtteilen, seien derzeit nicht geplant.

Mit dem Unternehmen Qwello, das seinen Sitz in München hat, ist seit einigen Monaten ein neuer Anbieter in der Stadt vertreten. Zum Start in Essen entschied sich Qwello, 24 Ladesäulen an zwölf Standorten zu errichten. Fünf dieser zwölf Standorte befinden sich in Rüttenscheid. „Solange noch kein großflächiger Ausbau an Ladeinfrastruktur stattgefunden hat, versuchen wir – wie andere Anbieter ebenso – das knappe Gut Ladeinfrastruktur einer möglichst breiten Nutzerschicht anzubieten“, sagt Steve Kalthoff von Qwello.

Gerade für den Beginn des Ausbaus eigneten sich „zentrale, für alle Nutzer auf kurzem Wege zu erreichenden Standorte besser als solche in der Peripherie mit langen Anfahrtswegen“, so Kalthoff. Im Zuge des weiteren Ausbaus werde Qwello aber „selbstverständlich“ auch in weiteren Stadtteilen in Essen Ladestandorte errichten. Diese Planung erfolge stets in Zusammenarbeit mit der Stadt Essen. Zum jetzigen Zeitpunkt stehe aber noch nicht fest, wo die nächsten Qwello-Standorte errichtet werden.