Essen. Stoppok lädt seine internationalen Gäste zum Weltmusikabend auf Essens Welterbe. Vor allem die weiblichen Akteure sorgen für musikalische Klasse.

Wenn Stefan Stoppok stolz von „Gästinnen“ spricht, die er eingeladen habe, dann ironisiert er zweifellos das Gender-Thema. Doch angesichts der Gästeliste seiner Konzertreihe „Stoppok und Artgenossen“ hätte der Titel auf jeden Fall „Stoppok und ArtgenossInnen“ heißen müssen, denn hinsichtlich der musikalischen Klasse lieferten die weiblichen Mitwirkenden Herausragendes.

Die Moderationen haben während der Corona-Auszeit etwas gelitten, die Musik glücklicherweise nicht

Das Konzert, eher eine entspannt-spielfreudige Jam-Session, fand zum zweiten Mal auf Einladung der Stiftung Zeche Zollverein in der nahezu ausverkauften Halle 12 des Weltkulturerbes statt. In seinem bunt gemusterten Anzug, das an ein Designer-Clownskostüm erinnert, kommt Stoppok in bekannt lässiger Manier auf die Bühne und wird von seinen Fans mit stürmischem Applaus begrüßt. Er selbst gibt zu, dass seine Moderationen während der Corona-Auszeit etwas gelitten hätten, was man von seiner Musik glücklicherweise nicht sagen kann.

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Der 66-jährige Hamburger mit enger Ruhrgebiets-Bindung verfügt noch immer über die prägnante, jedoch leicht nöhlend-nuschelnde Stimme sowie über ein ausgefeiltes Gitarrenspiel. Er singt auf Deutsch, jedoch klingen seine Lieder sehr nach Folk-Importen aus den USA, nach Vorbildern wie Leo Kottke oder Ry Cooder. Bodenständig ist sein Humor, wenn er etwa mit „Die Annahme“ auf hintersinnig dialektische Weise die Eigenart des Menschen, immer irgendwie unzufrieden zu sein, treffend karikiert. Dabei ist doch „Alles klar“, was ihm dann auch der Fan-Chor seinerseits bestätigt.

Stoppok hatte auch Artgenossinnen eingeladen: Stefanie Hempel, Anne de Wolff und Iris Romen, allesamt Multiinstrumentalistinnen, sorgten für eine Hommage an Joni Mitchell.
Stoppok hatte auch Artgenossinnen eingeladen: Stefanie Hempel, Anne de Wolff und Iris Romen, allesamt Multiinstrumentalistinnen, sorgten für eine Hommage an Joni Mitchell. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Ein musikalischer Höhepunkt des Abends ist zweifellos der Auftritt von The Joni Project, zu dem sich Stefanie Hempel, Anne de Wolff und Iris Romen, allesamt Multiinstrumentalistinnen und – so würde man bei Männern sagen - gestandene Studio-Cracks, zusammen gefunden haben. Ziel war eine Hommage an das legendäre Album „Blue“ von Joni Mitchell, das 2021 sein 50-jähriges Jubiläum gefeiert hat. Mit der Ambition, Songs der kanadischen Singer-/Songwriterin, deren jubilierende Sopranstimme, auch schon mal abrupt in tiefe Stimmlagen wechseln kann, zu covern, hat das Trio die musikalische Latte sehr hoch gelegt, allerdings auch sehr souverän übersprungen. „All I Want“, „A Case of You“ oder der „Heavy Folk“-Titel „This Flight Tonight“, einst ein Hit für die Gruppe Nazareth, beweisen, dass ein erweitertes Soundspektrum sowie ein Harmoniegesang, der den Vergleich mit Crosby, Stills und Nash nicht scheuen muss, das originale Klangbild durchaus noch zu bereichern vermögen.

Cowboy aus Niederbayern trifft auf eine Mischung aus Voodoo-Priester und Dandy

Als eine Art Cowboy aus Niederbayern, somit am ehesten ein Artgenosse Stefan Stoppoks, stellt sich Hannes Ringlstetter vor, dessen tiefe, raue Stimme beeindruckt. Die Liedinhalte, etwa von „A Ruah“, bleiben jedoch wegen der Sprachfärbung ein Rätsel. Dagegen überzeugt Tokunbo, eine Sängerin mit deutsch-nigerianischen Wurzeln, nicht nur bei „Golden Days“ mit ihrer warmen Soul-Stimme.

Doch dann wird es richtig heiß. „I am the God of the hell fire and I bring you... fire!“ singt eine kuriose Mischung aus Voodoo-Priester und Dandy der Swinging-London-Ära und katapultiert aus dem Stand heraus das rhythmisch klatschende Publikum aus seinen Sitzen. Arthur Brown und seine damalige Gruppe „The Crazy World of Arthur Brown“ gehören mit dem Titel „Fire“ längst in der Schublade der „One-Hit-Wonder“-Legenden. Doch als 80 Jahre alter weißer Mann und einer furiosen Interpretation von „Don´t Let Me Be Misunderstood“ schafft es Brown, die musikalische Ehre der männlichen Artgenossen zu retten.