Essen-Bergerhausen. Ein neuer Kalender für Bergerhausen erinnert an die Zeit, als man noch in der Ruhr badete. Einige historische Ansichten werden überraschen.
- Zum zweiten Mal gibt der Heimatforscher Johannes Stoll einen Kalender für Bergerhausen heraus.
- Darin befinden sich Bilder, die zwischen 1900 und den 1970er Jahren entstanden sind.
- Einige Fotos werden Erinnerungen wecken.
Im vergangenen Jahr hatte der Rellinghauser Heimatforscher und langjährige Vorsitzende der Bürgerschaft Rellinghausen, Johannes Stoll, erstmals einen Kalender mit historischen Fotos für den Stadtteil Bergerhausen herausgebracht. Jetzt veröffentlicht er einen weiteren Kalender. Dabei eröffnen sich für den Betrachter teils ganz unerwartete Ansichten.
Auch ein Projekt wie ein Stadtteilkalender muss erst einmal anlaufen. „Die Nachfrage für den Kalender 2022 war zunächst überschaubar, vor allem unter möglichen Vertriebspartnern“, blickt Johannes Stoll (74) zurück. „Dennoch fand die Gesamtauflage von 200 Stück ihre Käufer.“ Das habe ihn letztendlich bewogen, einen weiteren Bergerhauser Kalender für das Jahr 2023 aufzulegen.
Heimatforscher erstellt zum zweiten Mal einen Kalender für Essen-Bergerhausen
„Bergerhausen war bis 1950 überwiegend ländlich, Fotomotive von Landschaften, Ackerbau und Viehzucht sind aber eher selten. Die nun gewählte Mischung aus Fotoinhalten mit landwirtschaftlicher Tätigkeit, Luftbildern, Eisenbahn und markanten Gebäuden trifft hoffentlich wieder den Geschmack der Bergerhauser“, so Johannes Stoll.
Das spektakulärste Foto des letzten Kalenders vom Seifenkistenrennen 1954 auf der Ruhrallee, wird dieses Jahr durch ein weiteres Foto ergänzt. Das Titelbild zeigt das Spillenburger Wehr. „Zum Erstaunen vieler Bergerhauser, Überruhrer und Steeler Bürger liegt dieses Wehr komplett in Bergerhausen und nicht in Steele“, erklärt der Heimatforscher.
Das Wehr diente zur Regulierung des Wasserstands der Ruhr sowie zur Ableitung eines Seitenkanals, der ein kleines Industriegebiet mit Energie versorgte. Um das Wehr, das die Schifffahrt behinderte, zu umgehen, ließ der im Schloss Schellenberg in Rellinghausen ansässige Freiherr von Vittinghoff-Schell 1774 eine Schleuse erbauen, die 1993 durch einen Neubau ersetzt wurde.
Auf den Kalenderseiten ist unter anderem ein Foto der Heuernte aus dem Jahr 1925 zu sehen, welches die schwere körperliche Arbeit dokumentiert. Den Leiterwagen vier Meter hoch mit Heu zu beladen, und das auf abschüssigem Gelände, sei schon eine echte Herausforderung gewesen. Der Kalender zeigt außerdem eine Aufnahme des Fuhrparks der Spedition Schaak aus dem Jahre 1914 und den Unternehmer Schaak mit seinen Gespannen. Im Hintergrund ist die damals brandneue Kirche St. Hubertus zu sehen.
Baden in der Ruhr war in den 1970er Jahren durchaus üblich
Baden in der Ruhr sei für die Essener damals eine Selbstverständlichkeit gewesen, auch wenn die Wasserqualität 1972 wohl viel schlechter als heute gewesen sei, mutmaßt Stoll. „Mit Sicherheit war man damals weniger zimperlich als heute.“
Wo der Kalender zu kaufen ist
Der Kalender ist für zehn Euro an folgenden Verkaufsstellen erhältlich: Postshop Bergerhausen, Rellinghauser Straße 331, Poststelle Domeinski, Hellweg, Frankenstraße, Tankstelle Goldmann, Frankenstraße 74.
Auch einige Rellinghauser Kalender für 2023 sind noch an den Rellinghauser Verkaufsstellen vorrätig.
Außerdem zu sehen sind die Kunstwerkerhütte, die Halde der Zeche Ludwig, das Krause Bäumchen, ein Luftbild des komplett leeren Ahrfelds, die 1928 noch baumlose Ruhrallee und ein Bild des Siepentals um 1900. „Auf der Westfalenstraße teilten sich 1922 Reiter, Fußgänger, Autofahrer und die Straßenbahn ganz problemlos den zur Verfügung stehenden Raum“, so Stoll.
Einige der Kalenderfotos, die zwischen 1900 und den 1970er Jahren entstanden sind, resultieren aus der Recherchearbeit zu einem Buch. Johannes Stoll schreibt derzeit über die Bauerschaft Bergerhausen. Anhand der Geschichte des bis in die 1950er Jahre ländlich geprägten Stadtteils im Umfeld der Großstadt Essen lasse sich exemplarisch nachweisen, wie der Transformationsprozess vom Ländlichen zum Städtischen verlief.
Obwohl Bergerhausen bereits 1910 eingemeindet wurde, hielt sich das ländliche Bild noch Jahrzehnte, wie auch in Überruhr, Eiberg und weiteren Stadtteilen. Mit den großen Bauernhöfen, deren Geschichte Stoll im Rahmen des Buches aufzeigt, verschwanden auch die Freiflächen.
„Heute laufen im Rahmen der Deindustrialisierung Bergerhausens – die Produktionsbetriebe sind nahezu verschwunden – aufwendige Maßnahmen, grobe Fehler der Vergangenheit zu korrigieren oder wenigstens zu mildern.“ Das Buch über Bergerhausen soll noch in diesem Jahr erscheinen. Er wird durch das NRW-Förderprogramm Heimat-Scheck unterstützt.