Essen-Rüttenscheid. Anwohner aus Essen-Rüttenscheid protestieren gegen den Bau eines neuen Schulgebäudes. Andere sagen: Dieser Grünfläche wird niemand nachtrauern.
- Die Stadt Essen will an der Rosastraße/Von-Einem-Straßen ein neues Schulgebäude bauen. Dagegen hat sich Protest formiert.
- Andere Anwohnerinnen und Anwohner aus Rüttenscheid sagen aber: Diese Grünfläche wird niemand vermissen.
- Besonders Eltern von Schulkindern sind froh, dass es eine Alternative gibt, während die Rüttenscheider Sternschule und Andreasschule umgebaut werden.
Über 600 Unterschriften hat eine Initiative gesammelt, die sich gegen den geplanten Bau eines Schulgebäudes an der Rosastraße/Von-Einem-Straße einsetzt. Die Anwohnerinnen und Anwohner sorgen sich vor allem um die Klima-Verhältnisse im Stadtteil, wenn noch ein weiteres Stück Boden versiegelt wird. Es gibt allerdings auch Stimmen, die sagen: Diese Fläche wird niemand vermissen.
Zur Erinnerung: Die Stadt plant, an der Rosastraße/Von-Einem-Straße einen Modulbau aus Holz zu errichten. Er soll den Schülerinnen und Schülern der Sternschule und der Andreasschule als Ausweichquartier dienen, während in den beiden Schulen Bauarbeiten durchgeführt werden. Den entsprechenden Beschluss hat der Stadtrat im August 2021 gefasst. Bürgerinnen und Bürger protestieren gegen das Bauvorhaben, weil sie die „letzte verbliebene Grünfläche“ in der Umgebung in Gefahr sehen und negative Auswirkungen auf die Aufenthaltsqualität befürchten. Denn auch ein Spielplatz soll dem neuen Gebäude weichen.
Essen-Rüttenscheid: Familienvater teilt Sorge um das Klima nicht
Aus Kreisen anderer Anwohnerinnen und Anwohner ist allerdings zu vernehmen, dass längst nicht jeder Wert auf den Erhalt der Fläche lege. Das gilt im Besonderen für Eltern von Schülerinnen und Schülern, die von den Baumaßnahmen an den beiden Grundschulen betroffen sind. So meldete sich auf unsere Berichterstattung hin zum Beispiel ein Familienvater, dessen zwei Kinder die Andreasschule besuchen und der von seiner Wohnung aus einen direkten Blick auf den neuen Schulstandort hat. Der 37-Jährige, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, betont: In einem Stadtteil wie Rüttenscheid funktioniere das Zusammenleben nur mit Kompromissen.
„Was den Kompromiss angeht, einen Schulbau an Stelle von Anteilen einer Grünfläche zu akzeptieren, so müssen wir sagen, dass es uns hier als unmittelbare Anwohner ausgesprochen leicht fällt, diesen Kompromiss einzugehen“, erklärt er. Und weiter: „Wir können den Protesthype nur schwer nachvollziehen, zumal die Anzahl der Hunde, die dieses Fleckchen Grün nutzen, doch wesentlich höher ist als die Anzahl der spielenden Kinder.“ Auch die Befürchtung eines negativen Einflusses auf die Luft, „wenn zwei, drei Bäume gefällt werden müssen“, entziehe sich für seine Familie jedweden Verständnisses.
Rüttenscheider Elternvertreter sieht Schul-Neubau als besten Kompromiss
Dass ein neues Schulgebäude geschaffen wird, bewertet der 37-Jährige alles in allem positiv: „Endlich passiert etwas.“ Da es in Rüttenscheid eine Vielzahl von Schulen und folglich eine Vielzahl von Baumaßnahmen gebe, brauche man auch viele Ausweichräume: „Dass man hier auf Grund des mehrjährigen Bedarfs augenscheinlich etwas mehr Geld in die Hand nehmen kann, um in einen modernen und multifunktionalen Interimsbau zu investieren, anstatt die üblichen Pavillon-Container-Blöcke zu verwenden, ist doch vorausschauend und wirtschaftlich.“ Den Spielplatz, „wenn man die Schaukel so bezeichnen möchte“, so betont der Anwohner, „wird bei uns jedenfalls niemand vermissen.“
Für den „zweckmäßigsten Kompromiss“ hält auch Christian Komorowski (45), stellvertretender Schulpflegschaftsvorsitzender der Andreasschule, das geplante Interimsgebäude. Über zehn Jahre lang hat man an der Schule darauf gewartet, dass endlich gebaut wird. „Ähnlich wie in anderen Schulen gibt es einen hohen Sanierungsstau“, schildert der Elternvertreter, dessen Sohn die zweite Klasse besucht. Und das größte Problem: „Es fehlt einfach an Platz.“ Durch den Ausbau des offenen Ganztages würden mehr Räume für die Betreuung benötigt und Klassenzimmer seien weggefallen. Deshalb wird die Schule im Zuge der Bauarbeiten nun erweitert.
Komorowski versteht all diejenigen, die sich den Erhalt der Grünfläche wünschen. Auch innerhalb der Elternschaft gingen die Meinungen auseinander, berichtet er. Letztlich sagt er aber: „Das neue Gebäude gewährleistet, dass der Schulbetrieb weiterlaufen kann.“ Nicht nur während der Arbeiten an der Andreasschule, sondern auch später, wenn an anderen Schulen gebaut wird.
Rüttenscheider Anwohner: „Grüne Oase“ wird eher als Hundetoilette benutzt
Über die Sozialen Medien meldeten sich ebenfalls einige Anwohnerinnen und Anwohner zu Wort, die den Protest eher kritisch betrachten. „Diese ganze Diskussion ist völlig ideologisch aufgeladen“, sagt zum Beispiel Benedikt Birwe (36), der in der Ruthstraße lebt. Als direkter Anwohner habe er nicht den Eindruck, dass die Grünfläche pausenlos zum Spielen und als Erholungsfläche genutzt werde. Vielmehr sei der Besucherandrang an der Wiese „mehr als überschaubar“. Die vermeintlich „grüne Oase“ würde häufig eher als Hundetoilette benutzt oder diene jungem Partyvolk als Treffpunkt.
Den Schulneubau findet Birwe sinnvoll: „Hier wird eine Fläche, die in ihrer Nutzung für Kinder als Spielplatz ausgeschrieben ist, einer aktuell dringend benötigten Neunutzung für eben jene Altersgruppe zugeführt.“ Wichtig sei es, alternative Grünflächen zu schaffen. Dafür gebe es aber beispielsweise auch Gelegenheit auf dem neuen Schulhof.