Essen. Die Sanierung des denkmalgeschützten Ensembles wird teurer als gedacht. Und das auch, weil manche Ausgabe ursprünglich gar nicht eingepreist war.

Mehr als ein Jahr ist es inzwischen her, dass die Jahrhundertflut das denkmalgeschützte Ensemble im Deilbachtal verwüstet hat. Die Wassermassen fluteten Arbeiter- und Meisterhaus bis Fensteroberkante, rissen tonnenschwere Eichenbalken mit und hinterließen Schlamm und Zerstörung. Gleichwohl vermittelte sich nach einiger Zeit der Eindruck, man sei noch mal mit einem blauen Auge davongekommen. Mittlerweile jedoch ist klar: Nicht nur die Spätfolgen der Überflutung im Juli 2021 und die mittlerweile stark gestiegenen Baukosten werden das Projekt in Kupferdreh noch einmal teurer machen. Weil vor allem notwendige Arbeiten im Außenbereich bislang gar nicht eingepreist waren, geht die Bausumme deutlich nach oben. Die Gesamtkosten sollen um weitere 1.275.000 auf nun 3.678.000 Euro steigen. Am Mittwoch wird der Haupt- und Finanzausschuss über die überplanmäßige Mittelbereitstellung beraten.

Kostensteigerung sorgt für besorgtes Stirnrunzeln in der Politik

Dass der Kostenanstieg trotz der inzwischen schon üblichen Preissteigerungen am Bau bei Teilen der Politik für besorgtes Stirnrunzeln sorgt, weiß auch Klaus Kaiser, Geschäftsführer des Historischen Vereins für Stift und Stadt, der sich seit 2011 für den Erhalt des Deilbach-Ensembles engagiert. Kaiser will allerdings nicht den Eindruck einer unvorhersehbaren Kostenexplosion aufkommen lassen. Denn etwa die Hälfte der zusätzlich benötigten Gelder ist bislang noch in keiner Kalkulation aufgetaucht.

Das Konsortium Deilbachtal wiederum war bei der Einwerbung der Mittel in der Vergangenheit erfolgreich: Von den bislang kalkulierten rund 2,2 Millionen Euro für den Erhalt dieses einmaligen Zeugnis der vorindustriellen Geschichte des Ruhrgebiets konnten immerhin satte 1,8 Millionen bei Stiftungen, bei Bund und Land, dem Landschaftsverband Rheinland und weiteren Unterstützern abgerufen werden.

Am Tag nach der Flut hatte sich der Deilbach wieder in sein Bett zurückgezogen. Die historische Hammerschmiede stand noch unter Wasser.
Am Tag nach der Flut hatte sich der Deilbach wieder in sein Bett zurückgezogen. Die historische Hammerschmiede stand noch unter Wasser. © OH

Bei den Kosten für Arbeiterhäuser und Hammerschmiede sei man dabei trotz der Hochwasserschäden sogar im vorgesehenen Kostenrahmen geblieben, betont Kaiser. Schon im Oktober sollen die Gebäude der Öffentlichkeit übergeben werden. Um rund 600.000 Euro teurer wird es hingegen beim Meisterhaus. Ein Holzstatiker habe festgestellt, dass das historische Gebälk doch deutlicher maroder ist als zunächst angenommen. Und die Holzpreise seien mittlerweile ums Dreifache gestiegen, erklärt Kaiser den Kostensprung.

Dass weitere Mittel für die Herrichtung des Außenbereichs, die Pflasterung des Hofbereichs, die Ertüchtigung der Zufahrtsrampe und die laut Ratsvorlage „für den öffentlich Betrieb zwingend erforderliche Sanierung der Außen-WC-Anlage“ benötigt werden, hätte man vielleicht schon früher wissen können. Eingeplant waren die nun mit 650.000 Euro veranschlagten Ausgaben bislang nicht. Obwohl wenn man in den kommenden Jahren doch viele Besucher ins Deilbachtal locken will, geplant ist unter anderem auch die Einrichtung eines Standesamts.

Wohngruppe des Franz-Sales-Hauses soll ins Meisterhaus einziehen

Kaiser betont, dass das Konsortiums bislang ausschließlich mit dem Gebäude-Ensemble betraut gewesen sei, nicht mit der Außenanlage. Gleichwohl bemühe man sich auch hier um Kosteneindämmung, bei der Pflasterung des Hofes sollen beispielsweise Bruchsteine von Straßenbauprojekten zum Einsatz kommen. Die Zugänge zu Meisterhaus, Arbeiterhäusern und Sanitäranlagen sollen im Zuge der denkmalgerechten Pflasterung barrierefrei gestaltet werden.

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Das künftige Nutzungskonzept sieht vor, dass eine Wohngruppe des Franz-Sales-Hauses das Meisterhaus beziehen soll. Der soziale Träger will auch als Pächter des geplanten Cafés auftreten. Die Verträge seien in Abstimmung, sagt Kaiser. Die Rund-um-die-Uhr-Belebung des Areals „ein Glücksgriff“. Wenn alles gut geht, soll das Meisterhaus Ende 2023 bezugsfertig sein.

Die zusätzlichen Mittel, die nun aus dem städtischen Haushalt aufgefangen werden müssen, kommen 2022 aus einem anderen Topf. Die für die Generalsanierung des Kulissenhauses am Grillo-Theater in diesem Jahr etatisierten, aber nicht abgerufenen Mittel in Höhe von 435.000 Euro fließen nun ins Deilbachtal. Am Schauspiel Essen fürchtet man derweil keine Jahrhundertflut, sondern das vorläufige Aus für den Spielbetrieb, sollte die sanierungsbedürftige Kulissenhaus-Technik eines Tages streiken. Die Debatte über die Neugestaltung von Theater- und Werkstattgebäuden der Essener Theater und Philharmonie (TuP) geht derweil weiter.