Rüttenscheid/Bergerhausen. Ein totes Eisenbahngleis in Essen-Rüttenscheid wird zur Fahrradtrasse umgebaut. Mitten drauf steht neuerdings ein Stahlgitterzaun. Schilda?
Wer in der Autostadt Essen mit dem Fahrrad unterwegs ist, ist Kummer gewohnt. Bequem und sicher radeln lässt sich allerdings auf den vielen ehemaligen Eisenbahntrassen, die zu Fahrradwegen umgebaut wurden. Mit dem stillgelegten „Rommenhöller Gleis“ in Rüttenscheid kommt bald eine weitere Radtrasse hinzu. Doch was sich dort abzeichnet, erinnert an Schilda.
Bis Anfang der 1980er Jahre rollten Güterzüge von und nach Essen-Bergerhausen
Spaziergänger und Radfahrer wundern sich jedenfalls sehr, seit das ehemalige Gleisbett auf einer Länge von geschätzten 25 Metern Länge eingezäunt ist, und zwar mitten auf der Brücke über der Anschlussstelle Essen-Süd der A 52. Ein festverankerter Stahlgitterzaun ist dort montiert, wie man ihn von eingezäunten Bolzplätzen her kennt. Nur sieht das nicht aus wie ein Spielplatz. Gleich neben dem Zaun verläuft ein knapp drei Meter breiter Fußweg. Der Weg ist passierbar.
Beim Blick durch die Gitterstäbe in Richtung Rüttenscheid sieht man den Verlauf der ehemaligen Gleistrasse des ehemaligen „Rommenhöller Gleises“. Bis Anfang der 1980er Jahre rollten hier Güterzüge zur Kohlensäurefabrik Rommenhöller, der das Gleis seinen Namen verdankt.
Jahrzehntelang warben Essens Fahrradverbände dafür, die Güterzugtrasse zu einem Radweg umzubauen. Erst 2016 wurde das Gleis entwidmet, sodass es für Eisenbahnzwecke nicht mehr genutzt werden kann. 2019 beschloss die Stadt Essen, Grundstücke von der Deutschen Bahn zu erwerben, um die Gleisstrecke umzubauen.
Vorbereitende Arbeiten haben bereits begonnen. Die alten Gleise wurden entfernt, der grobe Gleisschotter wurde zerkleinert. Er soll als Untergrund für den Radweg dienen. Der Umbau der 830 Meter langen Trasse soll bis Ende des Jahres abgeschlossen sein. Sie beginnt an der Veronikastraße und endet an der Brücke über die A 52-Zufahrt. Eben dort, wo besagter Stahlgitterzaun steht.
Die Stadt Essen veranschlagt 1,1 Millionen Euro für den Bau der neuen Fahrradtrasse
1,1 Millionen Euro hat die Stadt Essen für den Bau der Fahrradtrasse veranschlagt. Drei zwischen der Henri-Dunant-Straße und der Müller-Breslau-Straße gelegene Flurstücke gingen von der Deutschen Bahn in den Besitz der Stadt über und auch die Eisenbahnbrücke über die Wittenbergstraße.
Die neue Radtrasse soll ein Teilstück, des sogenannten Ergänzungsnetzes ersetzten. Dieses Teilstück führt von der Girardetstraße über die Veronikastraße und die Müller-Breslau-Straße bis zur Eleonorastraße. Lässt man die neue Trasse in Zukunft hinter sich, soll es jenseits der A 52-Brücke weitergehen über die Sabinastraße bis nach Bergerhausen.
Grün und Gruga scheute den Erwerb der Brücke aus Kostengründen
Der Erwerb der Brücke sei für den Umbau des „Rommenhöller Gleises“ zur Fahrradtrasse nicht notwendig gewesen, erklärt Grün und Gruga auf Anfrage. Das ist in sofern richtig, da die Brücke ja passierbar bleibt. Doch auch das Geld spielte eine Rolle. Der Erwerb sei aus Kostengründen nicht angestrebt worden, lässt Grün und Gruga wissen, ohne eine Summe zu nennen.
Bequemer und wohl auch sicherer wäre es für Radfahrer wie auch für Fußgänger, würde die neue Trasse über die Brücke hinweg verlängert. „Der Stadt war das zu teuer. Deshalb geht es auf der Brücke über einen Fuß-Radweg im vergammelten Zustand weiter“, bedauert Rolf Fliß, Ratsherr der Grünen für Rüttenscheid und seit Jahrzehnten aktives Mitglied der Essener Fahrradszene. Der Weg über die Brücke sei nicht nur in einem schlechten Zustand, sondern auch zu schmal. Mit Fertigstellung der Radtrasse dürfte die Zahl der Fahrradfahrer zunehmen. Fliß spricht von einem Nadelöhr. Und: Wer die Trasse verlässt, werde ein Schlenker fahren müssen, um nicht vor den Zaun zu donnern.
Die Brücke an der Wittenbergstraße wird saniert
Die neue Fahrradtrasse auf dem ehemaligen „Rommenhöller Gleis“ wird auch über die Eisenbahnbrücke an der Wittenbergstraße führen. Laut Grün und Gruga soll die Brücke soll vor Ort saniert werden, voraussichtlich wird sie in der zweiten Maihälfte aus den Brückenlagern herausgehoben. Derzeit werde eine Fläche für die Sanierung vorbereitet sowie ein Stützkonstruktion angefertigt. Die Stahlbrücke wird sandgestrahlt und erhält einen neuen Schutzanstrich gegen Korrosion.
Was es mit der Umzäunung auf sich hat? Diese Frage kann Grün und Gruga nicht beantworten. Die Brücke besteht aus zwei Teilen, das Teilstück über der Autobahnanschlussstelle ist aus Beton. Im weiteren Verlauf führt die Brücke über die Gleise der S-Bahnlinie S 6. Dieser Teil des Bauwerks wurde von französischen Kriegsgefangenen während des deutsch-französischen Krieges von 1870/71 gemauert, weiß Fliß zu berichten. So etwas bindet man sich nicht ohne Not ans Bein. Die Einzäunung diene wohl der Verkehrssicherheit. Die für die A 52 in Essen zuständige Autobahnmeisterei will es nicht gewesen sein. Eine Antwort der Deutschen Bahn dazu steht aus.