Essen-Borbeck/Frohnhausen. Warum ein Verkehrskonzept für Radler in Essen-Frohnhausen noch nicht funktioniert. Und weshalb das Provisorium in Borbeck keine Dauerlösung ist.

Gleich zwei Brennpunkte für Radfahrerinnen und Radfahrer im Essener Westen beschäftigen derzeit die Stadtverwaltung: die Unfallhäufungsstelle an der Kreuzung Weidkamp/Hülsmannstraße in Borbeck und das Pilotprojekt Bike Lane an der Frohnhauser Straße im Westviertel. Für den ADFC gibt es in beiden Fällen Optimierungsbedarf – mal mehr, mal weniger.

Seit Anfang August ist die Durchfahrt im Kreuzungsbereich Weidkamp für Radfahrende gänzlich verboten. Zu gefährlich ist der schmale Abstand zwischen Gehsteig und Straßenbahnschienen. Wer hier mit dem Fahrrad weiter will, muss den Bereich über die Armstraße umfahren. Was als provisorische Sofortmaßnahme angedacht war, nimmt jetzt dauerhafte Züge an.

Eine Beschlussvorschlage für die Sitzung der Bezirksvertretung IV am kommenden Dienstag sieht eine so genannte Widmungserweiterung eines Teilstücks der Armstraße im Übergang zum Weidkamp vor. Der öffentliche Gehweg soll künftig für den Radverkehr freigegeben werden. Konkret heißt es in der Vorlage: „Aus Sicht der Verkehrsbehörde bestehen nicht nur keine Bedenken, den Gehweg auch für den Radverkehr freizugeben, sondern es wird aufgrund der Unfallhäufungsstelle eine Widmungserweiterung empfohlen“. Der provisorische Übergang des Gehweges mit Teer-Rampe soll im Herbst zudem durch eine Absenkung des Gehsteiges ersetzt werden.

Weidkamp: ADFC befürchtet Konflikte zwischen Radlern und Fußgängern

Für Mirko Sehnke, den Vorsitzenden des ADFC Essen, ist bereits die Komplettsperrung alles andere als eine ideale Lösung. Und auch die Widmungserweiterung sieht er kritisch: „Für Radfahrer freigegebene Gehwege sind eine Sache, die wir und auch die Arbeitsgemeinschaft Fußgänger- und Fahrradfreundliche Städte gar nicht mögen, weil es da eigentlich immer zu Konflikten zwischen Rad- und Fußverkehr kommt, was wir natürlich tunlichst vermeiden wollen.“ Notwendig sei eine grundsätzliche Lösung für die Gefahrenstelle – etwa eine Gleisverfüllung.

Pilotprojekt: Gleisverfüllung wird zunächst nur in Rüttenscheid erprobt

Dass ein entsprechendes Pilotprojekt der Ruhrbahn jetzt für die Cäcilienstraße in Rüttenscheid und nicht für den Weidkamp angedacht sei, hätte man so nicht erwartet: „Man hätte annehmen können, die Ruhrbahn startet an einer Unfallhäufungsstelle. Stattdessen wird dort von der Stadt mit der großen Keule eines Radfahrverbots draufgehauen.“

Die Ruhrbahn selbst hält sich mit Details zum Projekt „VeloGleis“, das bereits von der Rheinbahn in Düsseldorf getestet wird, mit Blick auf die derzeit laufenden Ausschreibungen für die Bauleistungen noch zurück. Ruhrbahn-Sprecherin Sylvia Neumann bestätigte auf Nachfrage allerdings die Cäcilienstraße als Testgebiet – an drei Stellen zu je zehn Metern sollen die Schienen verfüllt und so für Radler sicherer gemacht werden. „Dieser Ort wurde seitens der Radliga und der Verkehrsbehörde an uns herangetragen.“ Rüttenscheid ist damit der erste Stadtteil in Essen, in dem das Verfahren probeweise zum Einsatz kommt.

VeloGleis-Verfahren

Das sogenannte VeloGleis-Verfahren wird derzeit bereits von der Rheinbahn in Düsseldorf getestet und war zuvor nur in Betriebshöfen im Einsatz. Das Prinzip: Die Rillen der Schienen werden mit einem Elastomer verfüllt, das sich absenkt, wenn die Bahnen darüber fahren, bei Fahrrädern oder Pkw jedoch nicht. Radreifen können daher nicht in die Schienen geraten.

Die Rheinbahn beziffert den Kostenaufwand derzeit mit über 3000 Euro pro Meter Gleis beim Einbau und bei der Instandhaltung.

Warum aber muss überhaupt getestet werden, wenn das Verfahren an anderer Stelle bereits funktioniert, wundert sich Sehnke. „Man muss sich fragen, ob solche Testphasen wirklich notwendig sind.“ VeloGleis etwa werde bereits erfolgreich in der Schweiz und seines Wissens nach auch in Köln umgesetzt.

Bike Lane in Frohnhausen: Pkw-Fahrer spielen offenbar nicht mit

Ein weiteres Pilotprojekt im Essener Westen wird vom ADFC dagegen durchaus positiv beurteilt: Auf gut 56 Metern trennt auf der Frohnhauser Straße ab sofort eine so genannte Bike Lane den Auto- vom Radverkehr. Sie soll unter anderem verhindern, dass Pkw, die regelmäßig in einer langen Schlange an der Tankstelle und Waschanlage anstehen, den Radweg blockieren. Flexibel verbaubare Baken und Kunststoffschwellen machen eine Querung jetzt erst auf Höhe der Zufahrt möglich. „Grundsätzlich sinnvoll“, meint Sehnke, gerade auch, um den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand zwischen vorbeifahrenden Autos und Radfahrern zu garantieren.

Wirklich funktionieren könne das Prinzip jedoch nur, wenn auch die Autofahrer mitspielten. Denn die, so Sehnke, blockierten den Radweg jetzt, indem sie sich quer in die Einfahrt stellten. „Man sollte meinen, dass jemand, der 60 Meter lang an einem gepollerten Streifen entlangfährt, erkennt, dass der irgendeinen Sinn hat und dass der abgegrenzte Weg dann auch frei gehalten wird.“ Diese Erkenntnis jedoch scheint aktuell einigen Verkehrsteilnehmern noch zu fehlen. Das Bike-Lane-System kostet rund 100 Euro pro Meter. Die Stadt prüft in der Pilotphase sowohl die erhöhte Sicherheit für Radfahrende als auch die Haltbarkeit und Reparaturanfälligkeit der Bike-Lane-Komponenten.