Essen. Ein Leben im Kloster können sich nur wenige junge Menschen vorstellen: Regina Greefrath (38) aus Essen hat diesen Weg aber ganz bewusst gewählt.
Wer sich für ein Leben im Kloster entscheidet, geht einen heute eher unüblichen Weg, der dennoch erfüllend sein kann. Gerade wurde ein großes Schulfest hat die BMV-Schule in Essen-Holsterhausen gefeiert. Anlass war der 400. Todestag der Ordensgründerin der Augustiner Chorfrauen, Alix Le Clerc. Der Orden hat sich den Themen Bildung und Erziehung verschrieben. Eine junge Frau tritt in die Fußstapfen der Ordensgründerin. Was Regina Greefrath (38) bewegt hat, Ordensschwester zu werden.
Die Essenerin stammt aus Rüttenscheid, wo ihre Eltern bis heute leben. 2003 hat sie ihr Abitur auf der BMV-Schule abgelegt. „Meine Leistungskurse waren Englisch und Biologie, ich hatte nicht mal Religion im Abi. Eigentlich wollte ich heiraten und Kinder bekommen, ein ganz normaler Lebensentwurf eben“, sagt sie. Doch es kam anders.

Aus Neugier nahm sie als Oberstufenschülerin an der „Ora et labora“ (Bete und arbeite)-Woche im Kloster der Congregatio Beatae Mariae Virginis (BMV) teil, um einen Einblick in das unmittelbar neben der Schule gelegene Kloster zu bekommen. „Ich wollte wissen, wie die Schwestern dort leben, wie das Gebet in ihren Alltag integriert ist, wie viele Schwestern es noch gibt“, blickt Schwester Regina zurück. Ins Kloster eintreten wollte sie damals nicht. Nur, dass sie Lehrerin werden wollte, stand früh fest. „Ich wollte auf jeden Fall etwas mit Menschen machen.“
Eine Fotostrecke zum BMV-Schulfest finden Sie hier: https://www.waz.de/staedte/essen/schulfest-zum-400-todestag-der-bmv-ordensgruenderin-id236209601.html
Nach dem Abitur entschied sie sich dann für die Fächer Spanisch und Religion, ging zur Uni in Münster. Während des Studiums verbrachte sie als Erasmus-Studentin ein Jahr in Madrid – eine Station, die ihr weiteres Leben prägen sollte.
Essenerin entschied sich 2009 für das Leben im Kloster
„Dort war ich fast ausschließlich mit angehenden Priestern und Ordensleuten zusammen. In Spanien studieren keine Laien Theologie“, blickt sie zurück. Sie habe die Gespräche mit Mitstudenten, die Messen auf dem Campus und den familiären Umgang dort genossen. „Das alles gehörte selbstverständlich zum Alltag.“ Einer Freundin sei schon damals klar gewesen: „Entweder bekommst du vier Kinder oder du gehst ins Kloster.“ Zurück in Münster, verbrachte sie die Semesterferien im BMV-Kloster. „Mir hat die Struktur mit den geregelten Mahlzeiten und Gebeten gutgetan“, erinnert sich Schwester Regina.

Die Entscheidung, ihr Leben im Kloster zu verbringen, fiel auf dem Jakobsweg. Fünf Wochen wanderte sie von Pamplona nach Santiago de Compostela, 750 Kilometer allein unterwegs und viel Zeit zum Nachdenken. „Bis man die ewigen Gelübde ablegt, vergeht viel Zeit. Rund fünfeinhalb Jahre hat man Gelegenheit, seine Entscheidung zu überdenken“, sagt Schwester Regina, die diesen Weg 2009 antrat. Ihre Eltern waren anfangs nicht so begeistert von ihrer Entscheidung, aber ihre Mutter, ebenfalls Klosterschülerin, hatte es damals bereits geahnt.
Der Weg ins Kloster erfolgt nach einem genauen Plan: Ein Jahr Postulat in Zivilkleidung zum Kennenlernen des Klosterlebens, ein Jahr Noviziat in Ordenskleidung mit wenig Außenkontakten. In dieser Zeit überdenke man selbst seine Entscheidung, aber auch die Klostergemeinschaft entscheide, ob die Neue passt. Nach drei weiteren Jahren der zeitlichen Profess, in denen man bereits nach den Regeln des Ordens lebt, folgt die ewige Profess. Das Kloster danach wieder zu verlassen, sei zwar möglich und komme durchaus vor, sei aber mit erheblichen bürokratischen Schritten verbunden, erklärt Schwester Regina, die 2014 die ewigen Gelübde abgelegt hat.
Ihren Vornamen konnte die junge Ordensschwester behalten
Ihren Namen konnte sie behalten, da noch keine andere Schwester im Kloster so hieß. Ansonsten hat sich einiges in ihrem Leben geändert. Um Modefragen muss sich die junge Ordensfrau keine Gedanken machen. Wie alle Schwestern der Augustiner Chorfrauen trägt sie schwarze, lange Ordenskleidung, die ihre Haare komplett verdeckt. „Ja, darunter sind Haare“, sagt Schwester Regina und lacht. Die Frage nach den Haaren beziehungsweise deren Verlust kennt sie schon. Den Filmklassiker „Geschichte einer Nonne“ hätten halt viele gesehen . . .
„Ich trage die Ordenskleidung eigentlich immer, wenn ich unter Menschen bin, das ist schließlich Ausdruck meiner bewusst gewählten Lebensform. Ich bekomme darauf durchweg positive Resonanz und es entwickeln sich oft gute Gespräche“, berichtet Schwester Regina. Ausnahme von der Kleiderordnung ist der Urlaub, den sie gern mit Bergsteigen verbringt. Dabei sei sie natürlich entsprechend gekleidet, so dass die Klettergurte ihre Funktion erfüllten.
Bevor sie sich für das Klosterleben entschied, hatte sie eine Beziehung, die zu der Zeit aber schon beendet war. In ihrem heutigen Leben vermisst sie wenig. „Wir gehen durchaus im Restaurant essen, schauen mal einen Krimi im Fernsehen, auch mit Bier und Chips. Und es gibt wohl keinen Ort auf der Welt mit größeren Schokoladenvorräten als unser Kloster“, schmunzelt die Ordensfrau, die das Kloster mit neun weiteren Schwestern teilt, von denen insgesamt drei an der BMV-Schule unterrichten.

Die privaten Räume kann jede nach ihrem Geschmack einrichten. „Was ich tatsächlich vermisse, ist samstags im Schlafanzug zu frühstücken und dabei in Ruhe Zeitung zu lesen. Und manchmal würde ich gern selbst über meine freie Zeit verfügen, aber das kann man in der Familie ja auch meist nicht.“
Die Schwestern im Kloster haben ein Gemeinschaftskonto
Ihr Lehrerinnen-Gehalt kommt in einen Topf mit den Gehältern und Renten der Mitschwestern. „Wir haben kein eigenes Konto, können aber über das gemeinsame Konto zum Beispiel im Urlaub unsere Ausgaben bezahlen.“ Computer und Smartphone gehören für Schwester Regina zum Alltag wie für andere Menschen auch, schließlich gilt es ja auch, den Instagram-Auftritt des Klosters zu bestücken. Man müsse auf der Höhe der Zeit bleiben und könne „nicht mit der Telefonzelle unter dem Arm herumlaufen“.
Ihre Entscheidung für das Klosterleben bereut Schwester Regina nicht. In die Fußstapfen der Ordensgründerin zu treten, das fortzuführen, was Alix Le Clerc vor gut 400 Jahren angestoßen habe, fühle sich auf jeden Fall richtig an.