Essen-Margarethenhöhe/Bredeney/Haarzopf. Massentaufe auf dem Marktplatz der Margarethenhöhe: Die evangelische Kirche in Essen geht neue Wege. Warum Tauffeste ein Trend sind.
- Neue Wege in Sachen Taufe geht man gerade im Kirchenkreis Essen.
- Das erste Tauffest mit knapp 30 Täuflingen findet jetzt auf der Margarethenhöhe statt.
- Gesellschaftliche Veränderungen sorgen für Neuerungen in der Kirche.
Ein ungewöhnliches Ereignis findet am Sonntag, 21. August, ab 11 Uhr, auf dem Marktplatz der Margarethenhöhe in Essen statt: Dort werden 28 Kinder getauft, von denen die meisten während der Corona-Pandemie geboren wurden. Es ist das erste von insgesamt vier Tauffesten, die die evangelische Kirche in Essen in den nächsten Wochen feiert.
„Vorausgegangen ist im Kirchenkreis die Überlegung, wie man Rituale wie die Taufe wiederbeleben kann“, sagt die Haarzopfer Pfarrerin Elisabeth Müller. Die Anzahl der Taufen in Essen habe sich während der Corona-Pandemie in den vergangenen beiden Jahren quasi halbiert, weil viele keine Feier mit Maske wollten und die Feiermöglichkeiten eingeschränkt waren. „Vielen war die Planung des Festes in den letzten Jahren zu unsicher. Etliche Familien wollen das jetzt nachholen, an zwei Samstagen hatte ich allein neun Taufen“, berichtet Anne-Berit Fastenrath, seit zehn Monaten Pfarrerin der Emmaus-Gemeinde auf der Margarethenhöhe.
Auf dem Marktplatz auf der Margarethenhöhe in Essen werden 28 Kinder getauft
Schon länger mache man sich in der evangelischen Kirche Gedanken darüber, wie man das Taufangebot passgenauer hinbekommen könne. „Menschen, die wenig Bezug zur Kirche haben, Patchworkfamilien oder Alleinerziehende verzichten oft auf die Taufe. Anderen ist es unangenehm, während der Feier im Mittelpunkt zu stehen. Viele denken auch, dass man in der klassischen Kombination Vater, Mutter, Kind dort stehen muss“, weiß Elisabeth Müller von Fällen, in denen es Familien unangenehm ist, wenn der neue Partner nicht der Vater des Kindes ist. „Aber das alles spielt keine Rolle, es geht schließlich um den Segen für das Kind als Verbindung zu Gott“, sagt Anne-Berit Fastenrath.
Um auch Menschen zu erreichen, die sich mit einer klassischen Taufe schwertun, seien alle evangelischen Familien im Kirchenkreis mit Kindern bis sechs Jahre angeschrieben worden. „Die Rückmeldung war beeindruckend“, freut sich Elisabeth Müller über die große Resonanz auf die Einladung in einer Zeit, in der viele Menschen der Kirche den Rücken kehren. „Ab zehn Kindern hätten wir das Tauffest organisiert, dass es jetzt fast 30 sind, ist natürlich toll.“ Die Anmeldung zur Taufe konnte erfolgen. „Das erspart den Anruf in der Gemeinde, in der man vielleicht niemanden so richtig kennt“, vermutet Anne-Berit Fastenrath.
Alle aktuellen Täuflinge seien Kinder, aber nicht unbedingt Babys. Manchmal würden auch zwei Kinder aus einer Familie gesegnet, da es durch die coronabedingte Verzögerung inzwischen schon Geschwisterkinder gebe. Das Angebot sei für die Familien kostenlos, wer wolle, könne etwas spenden.
Das Tauffest, wie es jetzt geplant sei, lebe von der Gemeinschaft. Die Pfarrerinnen erwarten rund 350 Leute plus zahlreiche Gemeindeglieder, die dabei sein möchten. „Da fällt es gar nicht auf, ob eine Familie mit drei oder 30 Leuten kommt und wie genau da die Konstellation ist“, sagt Elisabeth Müller. Die Paten müssten allerdings in der Kirche sein. Manchmal sei es schwierig, Paten zu finden, weil Familienangehörige und Freunde aus der Kirche ausgetreten seien. Dann könne notfalls auch eine Lehrerin oder andere Bezugsperson einspringen.
Nach dem Tauffest, das um 11 Uhr, auf dem Marktplatz, Steile Straße beginnt, gibt es einen gemeinsamen Empfang für die Familien im nahe gelegenen Gustav-Adolf-Haus. Dort können bei extrem schlechtem Wetter auch die Taufen stattfinden. Der Empfang soll auch denjenigen eine kleine Feier ermöglichen, die nicht das Geld haben, die ganze Gesellschaft ins Restaurant einzuladen.
Die Taufe erfolgt an sechs Stationen auf dem historischen Platz
Nicht alle angemeldeten Familien nähmen am Empfang teil, einige wollten lieber privat feiern oder nur kurz gemeinsam anstoßen. Die Taufen nehmen nicht nur Elisabeth Müller und Anne-Berit Fastenrath vor, sondern auch einige ihrer Kollegen. Zudem wird es ein Wiedersehen mit Henny Dirks-Blatt geben, der ehemaligen Pfarrerin auf der Margarethenhöhe, die 2021 in den Ruhestand verabschiedet wurde.
„Es werden sechs Stationen auf dem Marktplatz aufgebaut, auf die sich die Familien verteilen. Jeder von uns wird vier oder fünf Kinder taufen, es soll ja keine Massenabfertigung werden“, sagt Elisabeth Müller. Eine Band der Emmaus-Gemeinde sorgt für den musikalischen Rahmen, es gibt Sitzgelegenheiten. Vor dem Tauffest habe es für die Familien einen gemeinsamen Elternabend gegeben – zum gegenseitigen Kennenlernen und zur Erläuterung von Ablauf und Hintergrund der Taufe. Elisabeth Müller hat in den vergangenen Tagen 90 Taufurkunden geschrieben – für den Täufling und die Paten.
Weitere Tauffeste sind in Essen bereits geplant
Weitere Tauffeste veranstaltet die evangelische Kirche in Essen in den kommenden Wochen und Monaten in der Friedenskirche Königssteele (11. September), der Auferstehungskirche im Südostviertel (17. September) und der Kreuzeskirche in der Innenstadt (30. Oktober). Auch diese Termine stehen Täuflingen aus ganz Essen offen. Für Anne-Berit Fastenrath sind künftig auch andere Orte für Tauffeste denkbar, zum Beispiel am Baldeneysee oder im Stadion. Wer eine Einzeltaufe wünscht, kann die natürlich auch weiterhin erhalten.