Essen. Essen steuert auf einen meteorologischen Rekord zu: Das letzte halbe Jahr wird wohl die meisten jemals registrierten Sonnenstunden vorweisen.

Sattblauer Himmel und den ganzen Tag Sonnenschein: Essen steuert auf einen neuen Rekord zu. „Wenn in der zweiten August-Hälfte nur halbwegs die Sonne scheint, werden die letzten sechs Monate in Essen die absolut meisten Sonnenstunden vorweisen, die je aufgezeichnet wurden.“ Das sagt der Diplom-Meteorologe Thomas Kesseler-Lauterkorn vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Essen-Bredeney. Und er wagt eine weitere Rekord-Prognose: „Auch der Sommer 2022 selbst wird am Ende einer der sonnenscheinreichsten sein.“ Die exakte Sonnenschein-Statistik bleibe allerdings abzuwarten.

Die Trockenheit ist das zweite meteorologische Phänomen dieses Sommers

Hinzu kommt ein weiteres meteorologisches Phänomen in diesem Sommer: die lang anhaltende Trockenheit in Essen. Wer in seinem Garten Tag für Tag dürstende Pflanzen bewässern muss, spürt es längst. Es gibt in letzter Zeit kaum noch Niederschläge.

Fest steht: Der Juli war deutlich zu trocken. An der DWD-Wetterstation wurden lediglich 48 Millimeter Niederschläge registriert, wobei sich der Hauptteil des Juli-Regens auf lediglich vier Tage verteilt hat (20. bis 22. Juli und 31. Juli). In einem „normalen“ Juli fallen 85,6 Millimeter Regen vom Himmel. Damit erreicht der Juli 2022 nur knapp 57 Prozent des Soll-Werts.

Die ersten zehn Augusttage bringen es auf gerade einmal 3,7 Millimeter Niederschlag, die an nur einem einzigen Tag, am 4. August, tröpfchenweise vom Himmel fielen. Bahnt sich ein Trockenheits-Rekord im August an? Thomas Kesseler-Lauterkorn bleibt vorsichtig: „Die entscheidende Frage ist nun, wie viel Niederschlag in der zweiten Augusthälfte fallen wird.“ Der trockenste und wärmste August war 2003, als in Bredeney nur 28,3 Millimeter vom Himmel herabfielen.

2022 könnte der dritttrockenste Sommer der letzten 75 Jahre werden

Zusammen sind im bisherigen Sommer – der vom 21. Juni bis 23. September geht – gut 128 mm Niederschlag gefallen, damit werde es für einen rekordtrockenen Sommer nicht reichen. Die Sommer 2018 mit nur 105 Millimeter und 1983 mit 107 Millimeter hätten Maßstäbe gesetzt. „Für den dritttrockensten Sommer der letzten 75 Jahre könnte es aber klappen“, sagt Kesseler-Lauterkorn, der auch stellvertretender Leiter des Regionalen Klimabüros ist. Zu Platz drei reiche es allerdings nur, wenn der Rest-August beim Niederschlag höchstens 20 Millimeter zulegt. Der Frühling war übrigens ebenfalls zu trocken, aber nicht extrem. Normal fiel nur der Juni mit 76,7 Millimeter Niederschlag aus (Durchschnitt: 79,1 Millimeter).

Die Kehrseite von Sonnenschein und Trockenheit: Die Waldbrandgefahr infolge der Trockenheit ist besonders im bewaldeten Essener Süden groß. „Bis Montag gilt die Waldbrandstufe 4, die zweithöchste“, sagt Feuerwehrsprecher Christoph Riße. Ein unerwarteter Vorfall in der Haard im nördlichen Ruhrgebiet (Kreis Recklinghausen) hat die Sensibilität erhöht: Durch massive Sonneneinwirkung hat sich dort Weltkrieg-II-Munition selbst entzündet. „Angesichts der starken Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg in Essen ist ähnliches auch hier nicht auszuschließen“, fügt der Sprecher hinzu.

Revierförster warnt vor Waldbrandgefahr: „Die Trockenheit ist gravierend“

Mit sorgenvoller Miene schreitet Revierförster Martin Langkamp (Landesbetrieb Wald und Forst) schon seit Wochen durch die heimischen Wälder: „Die Trockenheit ist gravierend“. Insbesondere in Nadelwäldern sei die Feuergefahr groß. „Fichten brennen lichterloh.“ Der Essener Süden ist mit Kupferdreher und Schellenberger Wald sowie Stadtwald und den Forsten rund um die Schlösser Hugenpoet und Landsberg deutlich mehr bewaldet. Aber auch im Norden sind kleinere Flächen aufgeforstet worden.

An heißen Tagen, wie es sie aktuell gibt, wird eindringlich an das Rauchverbot in Wäldern erinnert. Dabei weist Förster Langkamp darauf hin, dass ohnehin ein striktes Rauchverbot in den Wäldern zwischen dem 1. März und dem 30. Oktober herrsche. „Dabei spielt es keine Rolle, ob die Sonne scheint oder es in Strömen regnet, aber man kann anscheinend nicht oft genug darauf hinweisen.“

Dass sich das Bußgeld für Rauchen im Wald nahezu verdoppelt hat, begrüßt der Forstbeamte ausdrücklich. Neuerdings werden 150 Euro fällig, bislang 80 Euro. „Ich habe das Bußgeld auch schon verhängt“, sagt Martin Langkamp. Die Unsitte, brennende Zigarettenkippen aus dem Auto zu werfen, ärgert Feuerwehrsprecher Christoph Riße maßlos. „Die Leute sind einfach nicht sensibilisiert.“