Essen. Der Borkenkäfer ist ein Schädling – insbesondere für die Fichte. Revierförster erklärt, warum er für die Essener Forsten keine Gefahr darstellt.
Biologen haben dem Insekt sympathisch klingende Namen wie Buchdrucker und Kupferstecher verpasst. Dabei verbreiten sie unter dem Sammelbegriff Borkenkäfer Angst und Schrecken in Nordrhein-Westfalens Forsten. Wo sich der Schädling so richtig breit macht, stirbt die Fichte früher oder später aus. Die gute Nachricht für Essen: „In den heimischen Wäldern und Forsten geht vom Borkenkäfer keine Bedrohung aus“, sagt Förster Martin Langkamp vom Landesbetrieb Wald und Holz.
Die Erklärung sei sehr plausibel. Der Borkenkäfer schlage nur in Nadelwäldern zu und bevorzuge ganz besonders die Fichte. Aber diese sei in Essen schon seit geraumer Zeit absolut rar. „Essen hatte früher sehr große Fichtenbestände, weil die Zechen sie für das Grubenholz unter Tage brauchten“, berichtet Langkamp. Mit dem Bergbau sei auch die Fichte aus Essen verschwunden. Vorherrschend seien Laubwälder und andere Nadelholzarten.
Seit 2018 hat der Borkenkäfer etwa 40 Prozent des Fichtenbestandes in NRW vernichtet
Jenseits von Essen hingegen - etwa im Münsterland, in Ostwestfalen und am Niederrhein – schlagen die Waldbauern Alarm. „Seit 2018 hat der Borkenkäfer etwa 40 Prozent des nordrhein-westfälischen Fichtenbestands vernichtet“, sagt Norbert Geisthoff, der Waldschutz-Experte des Landesbetriebs. Das entspreche nahezu 30 Millionen Kubikmeter Fichtenholz. Nun gehe es insbesondere im waldreichen Sauerland darum, so viel Fichtenbestände wie möglich zu retten. Immerhin: 80 Prozent des befallenen Holzes, so die Experten, können noch wirtschaftlich genutzt werden. Die Branche spricht deshalb von „Käferholz“.
Zwischen Karnap und Kettwig komme die Fichte nur noch in kleinen Gruppen vor. „Die Fichte ist übers ganze Stadtgebiet verteilt“, so Förster Langkamp. Neulich habe er in einem Waldstück am Hardenbergufer nahe dem Baldeneysee „vier, fünf Fichten“ entdeckt, die allesamt grün, also noch nicht befallen gewesen waren. In diesem Jahr habe der Schädling mit fünf Wochen Verspätung losgelegt. Die ersten Monate sei es trocken und danach kalt gewesen – keine guten Bedingungen für den Schädling. „Aber jetzt schlägt er wieder richtig zu“, sagt Langkamp.
Wassermangel setzt Laubbäumen wie der alten Buche arg zu
Während anderswo also der Borkenkäfer der größte Feind des (Fichten-) Waldes sei, gehe die größte Gefahr für die Essener Forsten vom Wassermangel aus, so Langkamp. „Alte Buchen sterben ab“, sagt er und verweist auf das niederschlagsarme und heiße Vorjahr. Zwar sei das Frühjahr 2021 feucht und kühl gewesen, aber davon profitierten nicht jene Laubbäume wie Buchen und Eichen, deren Wurzeln bis in 2,50 Meter Tiefe reichten. „Der Regen erreicht diese Tiefe nicht, dazu bräuchte man einen wochenlangen Landregen.“ Starkregen, der bei Wolkenbrüchen in kürzester Zeit hohen Mengen Regen ausschütte, dringe kaum ins Erdreich ein.
Essen hat 16 Prozent Waldanteil
Als Leiter des Forstbetriebsbezirks Ruhrtal (Essen, Mülheim, Duisburg) verantwortet Förster Martin Langkamp ein 533 Quadratkilometer großes Revier, das von Kupferdreh bis zur Rheinmündung der Ruhr reicht.Die grüne Großstadt Essen weist einen Waldanteil von 16 Prozent auf, ein bzw. zwei Prozentpunkte mehr als Mülheim und Duisburg.Rund 50 Prozent der Essener Wälder und Forsten befänden sich in Privatbesitz, die andere Hälfte teilten sich Stadt und Regionalverband. Lange Zeit sei der Stahlgigant Krupp größter privater Waldbesitzer in Essen gewesen.
Lediglich Pflanzen wie die Brennnessel, der Knöterich und die Brombeere, die im gut getränkten Oberboden des Waldes wurzeln, schlagen jetzt regelrecht aus. Essen, so Martin Langkamp, brauche seinen Wald. „Unser Wald ist klimaregulierend und gut für die Luftfilterung.“