Essen. Die harten Coronaregeln auf der Geburtsstation der Uniklinik Essen ärgern einen Vater. Das Haus kontert: „Noch immer sterben Menschen am Virus.“

Die Geburt seines ersten Kindes hatte sich Lukas Schuster (Name geändert) anders vorgestellt: Er wollte von Anfang an dabei sein, seine Frau begleiten. Doch die Uniklinik Essen verweigerte dem werdenden Vater den Zutritt zur Geburtsstation: Er solle draußen warten, könne erst unmittelbar vor der Geburt hinzukommen. Die Uniklinik verweist dazu auf das Corona-Risiko für Mutter, Kind und Mitarbeiter.

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Schuster hatte seine Frau an einem Dienstag im Juli frühmorgens mit geplatzter Fruchtblase eilig in die Essener Uniklinik gebracht und war dann kurz nach Mülheim gefahren, um zu Hause ein paar Sachen für sie zu packen. Als er mit diesen in die Klinik zurückkehrte, erklärte man ihm, dass er aus Corona-Schutz-Gründen bis zur Geburt draußen warten müsse. „Dabei hatte meine Frau einen negativen PCR-Test, und ich hatte einen negativen Schnelltest. Es ist unfassbar: Ich kann wieder mit 30 Leuten in eine Kneipe gehen, aber bei der wichtigsten Sache der Welt soll ich nicht dabei sein“, wundert sich Lukas Schuster.

Werdender Vater tigerte zu Hause nervös durch die Wohnung

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Die folgenden 20 Stunden habe sich seine Frau praktisch allein durch die Wehen gekämpft, weil Pflegekräfte und Hebammen voll ausgelastet waren. „Und ich konnte sie nicht unterstützen, sondern tigerte zu Hause nervös durch die Wohnung.“ Erst als sie am frühen Mittwochmorgen in den Kreißsaal kam, habe jemand aus dem Geburtsteam seine Frau gefragt: „Kommt denn niemand zur Geburt, wollen Sie nicht mal jemanden anrufen?“

Die Kreißsäle an der Uniklinik standen auch während der Pandemie den Vätern offen. Sie dürfen aber nicht vorher auf der Geburtsstation mit ihren Partnerinnen warten.
Die Kreißsäle an der Uniklinik standen auch während der Pandemie den Vätern offen. Sie dürfen aber nicht vorher auf der Geburtsstation mit ihren Partnerinnen warten. © WAZ FotoPool | DIRK BAUER

Er sei sofort nach dem Anruf zur Klinik gefahren und eingetroffen, als die Geburtsphase längst begonnen hatte. Zwei Stunden später war sein Sohn auf der Welt. Lukas Schuster ist überglücklich, dass sein Kind gesund ist. Trotzdem ärgert er sich, dass er nicht von Anfang an bei seiner Frau sein konnte.

Sie hätten die Uniklinik als großes, hoch spezialisiertes Krankenhaus bewusst ausgesucht, die Umstände aber nicht als sehr familienfreundlich erlebt. So sei etwa kein Familienzimmer für sie frei gewesen. Auch die Besuchsregeln findet Lukas Schuster kleinlich: „Täglich darf ein Besucher für eine Stunde kommen. Wenn ich meine Frau und meinen Sohn besuche, darf die Oma ihr Enkelkind also nicht sehen.“

Für Krankenhäuser gelten natürlich andere Regeln als für Festivals

Die Uniklinik Essen erwidert, dass sie sich an das bundesweit geltende Infektionsschutzgesetz und die Corona-Schutzverordnung des Landes halte. „Die sieht für medizinische Einrichtungen aus nachvollziehbaren Gründen andere Vorgaben vor als beispielsweise für Konzerte oder Festivals.“ In einem Krankenhaus habe der Schutz schwerkranker Patienten und Patientinnen eine besondere Bedeutung. Auch vermeidbare Personalausfälle wolle man nach der langen Streikphase nicht riskieren.

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„Noch immer sterben Menschen am Virus, es zirkuliert und führt, nicht nur im vulnerablen Bereich, zu Todesopfern. Gerade Hochschwangere sollten Kontakte vermeiden, um nicht unnötig zu erkranken.“ Daher dürften schwangere Frauen nur dann vom Partner auf die Station begleitet werden, wenn ein Familienzimmer bereitstehe. Für die Schusters sei leider keins mehr frei gewesen: „Es war ein Tag mit vergleichsweise vielen Geburten.“ Andere Paare hielten in dieser Situation über (Video-)Telefonate Kontakt.

Uniklinik betont, dass Väter auch während der Pandemie mit in den Kreißsaal durften

Wichtig sei doch, dass der Partner im Kreißsaal dabei sein konnte. „Das hat unsere Klinik für Frauenheilkunde und Geburtsmedizin seit Corona-Beginn Anfang 2020 immer möglich gemacht“, betont das Haus, das sich hier gut aufgestellt sieht: „In anderen Kliniken war es teilweise nicht möglich, dass der Partner seine Frau bei der Geburt begleitet.“

Auch die Besuchsregeln hält die Uniklinik für gerechtfertigt – und unproblematisch: Die meisten Mütter verließen das Haus nach wenigen Tagen. Und einige schätzten nach eigenen Worten „die Ruhe mit dem Neugeborenen nach der bekannt kräftezehrenden Geburt“.

Uniklinik hat Regeln für Besucher im Mai gelockert

Die Uniklinik Essen hat ihre Besuchsregeln zum 10. Mai wie folgt gelockert: Patienten können nun bereits ab dem ersten Tag ihrer stationären Aufnahme Besuch bekommen. Besuche sind zwischen 12 und 20 Uhr möglich. Weiter gilt, dass jeder Patient pro Tag nur einen Besucher empfangen darf.

Alle Besucher und Besucherinnen müssen einen höchstens 24 Stunden alten, negativen Corona-Schnelltest oder einen maximal 48 Stunden alten, negativen PCR-Test vorlegen. Die Uniklinik bietet keine Tests an. Man kann auf der Klinik-Website aber ein Formular herunterladen, um in einem Testzentrum einen kostenlosen Test zu erhalten. Mit dem Testbeleg gibt es im Besucherzentrum der Uniklinik den obligatorischen (!) Besucherausweis.

Besuche auf den Intensivstationen müssen vorab mit der Station abgestimmt werden.

Es gilt weiterhin eine Maskenpflicht in den Innenräumen.