Essen-Werden. Die Essenerin Edith Tekolf berichtet in ihrem Buch über Engelbert Kleinhanz, der in Werden als Baumeister wirkte. Dies sind seine Gebäude.
„Kennen Sie Engelbert Kleinhanz?“ Mit dieser Frage des Pfarrarchivars von St. Ludgerus, Franz Josef Schmitt, begann für die geschichtsbegeisterte Edith Tekolf 2019 eine zweieinhalbjährige Recherche über einen vergessenen Baumeister, der in Werden viele steinerne Zeugnisse hinterließ.
„Das Torhaus der Abtei ist von Kleinhanz, er erbaute die Domstuben und vermutlich das Gartenhaus Dingerkus“, benennt die 64-Jährige die prägnantesten Gebäude, die noch heute das Stadtbild prägen. Diesem „Baumeister aus Leidenschaft“ widmet sich Edith Tekolf in einem umfangreichen und reich bebilderten Buch, das nicht nur sein Lebenswerk, sondern auch seine Familiengeschichte nachzeichnet.
Es war eine sehr mühsame Recherche
Sieben prall gefüllte Aktenordner über Engelbert Kleinhanz, der von 1758 bis 1834 lebte, hat sie zuhause stehen. Ergebnis einer präzisen und über viele Strecken extrem mühsamen Recherche. „Lesen Sie mal Handschriften aus dem 18. Jahrhundert! Teils nicht zu entziffern und mit Fehlern.“ Corona hätte die Arbeit auch nicht gerade leichter gemacht, so Edith Tekolf. „Archive waren zu. Vieles ließ sich dann aber auf digitalem Wege recherchieren. Und fürs konzentrierte Schreiben war die Pandemie dann sogar gut.“
Je tiefer Edith Tekolf in das Leben von Engelbert Kleinhanz, der in Tirol geboren wurde, eintauchte, desto bewusster wurde ihr die Persönlichkeit dieses Mannes. „Der war ein Typ. Er konnte eigensinnig sein bis zur Sturheit. Gleichzeitig hatte er ein Händchen dafür, mit Raffinesse immer wieder neue Auftraggeber zu gewinnen.“ Kleinhanz habe in einer absoluten Umbruchzeit gewirkt. „Geboren wurde er in der Zopfzeit, zwischen Rokoko und Klassizismus, dann kam die französische Revolution, die Säkularisierung, das Preußentum. Als er starb, fuhr die erste Eisenbahn.“
In 50 Jahren war Kleinhanz im Raum zwischen Wupper und Lippe für den Bau von Klöstern, Kirchen (St. Cyriakus Bottrop) Adelssitzen (Haus Berge), Gutshöfen (Henrichenburg), Bürgerhäusern und Funktionsbauten verantwortlich. Wobei er besonders erfolgreich im Wasserbau war. Schon das erste Auftauchen von dem noch jungen Kleinhanz im Abteistädtchen weist darauf hin: Es könnte um 1777/78 gewesen sein. Quellen sprechen von ihm als Erbauer von zwei Schleusen in Werden.
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Spätestens ab 1778 stand er im Dienste des Abtes Bernhard und vollendete das Bauwerk seines Schwiegervaters Georg Weyrather: die Prälatur der Benediktinerabtei. Mit so großem Erfolg, dass Kleinhanz auch für den Neubau des Konvents verpflichtet wurde. „Die Heirat mit Weyrathers Tochter Maria Elisabeth fand übrigens in St. Clemens statt“, berichtet Edith Tekolf und schmunzelt. Just über die Baugeschichte dieser Kirche hatte sie 2019 ihr erstes Buch verfasst.
Gartenhaus Dingerkus trägt seine Handschrift
Mit 23 Jahren wurde Kleinhanz Abteibaumeister und gehörte nun zur Bürgerschaft Werdens. Der Bau der Klosterschule (heute Domstuben) ist ein Projekt, das Kleinhanz nachweislich realisierte. Ihm zugeschrieben werde zudem das Gartenhaus des Kanzleidirektors Everhard Dingerkus. Tekolf: „Es trägt architektonisch seine Handschrift.“
Erhalten sind im Übrigen heute noch Wohnhäuser an der Luciuskirche, die Kleinhanz baute. Ein großes Wohnhaus gegenüber dem Torhaus der Abtei dürfte ebenfalls von Kleinhanz stammen, hat die Autorin herausgefunden.
Im Nachbarort Kettwig hat er Spuren hinterlassen
Im Nachbarort Kettwig hat der Baumeister auch seine Spuren hinterlassen: Die 1785 errichte Brücke über den Mühlengraben ist sein Werk. Im Auftrag des Abtes sorgte er damit für einen verbesserten Übergang über die Ruhr.
Hardcover-Ausgabe
Das Buch „Engelbert Kleinhanz (1758-1834) – Baumeister aus Leidenschaft“ von Edith Tekolf hat 208 Seiten. Die Hardcover-Ausgabe ist beim Verlag Schnell & Steiner erschienen und für 27 Euro im Handel erhältlich (ISBN 978-3-7954-3767-1).
Geplant sind Vorträge und unter Umständen auch Führungen durch den Stadtteil Werden, in denen Edith Tekolf das Werk des Architekten vorstellen möchte.
Im prosperierenden Elberfeld, wohin er mit 47 Jahren übersiedelte, baute sich Kleinhanz eine neue Existenz auf, die unter anderem an seine Wasserbautätigkeit anknüpfte. Nach vielen erfolgreichen Jahren folgten bittere, mit herben finanziellen Verlusten. „Er hat wohl auch viel Geld für Privates ausgegeben“, sagt Edith Tekolf, die in Kleinhanz’ Vita eine Geliebte in Düsseldorf erwähnt, mit der er ein Zweitleben führte und die er nach dem Tod der ersten Frau ehelichte. Zuletzt starb Engelbert Kleinhanz 75-jährig, verarmt, ausgelaugt von diversen Gerichtsprozessen. Um die Beerdigungskosten von 27 Talern zu bestreiten, verkaufte die Stieftochter Hausrat und Möbel. Wo sich sein Grab befindet, ist unbekannt.
„Ein Trauerspiel, dass er so in Vergessenheit geraten ist. Dieser Mann hat über 200 größere Gebäude erstellt“, sagt Edith Tekolf. „Vielleicht trägt mein Buch dazu bei, seine Person und seine Verdienste wieder wahrzunehmen – nicht zuletzt in der Diskussion um die Zukunft der Domstuben.“