Essen-Heidhausen. Am Pastoratsberg in Essen-Heidhausen steht wieder ein Heiligenhäuschen für St. Ludgerus. Zur Einweihung kamen viele Besucher. So war die Segnung.

Große Aufmerksamkeit für ein kleines Bauwerk: Am Pastoratsberg wurde 50 Jahre nach der Zerstörung ein neues Heiligenhäuschen eingeweiht. Propst Jürgen Schmidt segnete den Bildstock zu Ehren des Heiligen Ludgerus am 18. Juni in Anwesenheit von mehreren Hundert Leuten.

Die Neuauflage ist einer großzügigen Stiftung zu verdanken: von Horst Giesen, einem alteingesessenen Werdener. „Ich erinnere mich an den Froschteich und unsere Spiele in den Ruinen des Clemenskirche“, erzählte der 87-Jährige bei der Einweihung so lebendig, dass die Menschen um in herum das Plätschern des Wassers fast spüren konnten. Sein Bruder und er, berichtete Horst Giesen mit einem Lächeln weiter, hätten eine glückliche Kindheit im Elternhaus am Pastoratsberg verbracht, trotz des Krieges. „Mein Vater hatte dort ein Behelfsheim errichtet, nachdem unsere Familie ausgebombt worden war.“

Die Idee kam Horst Giesen auf Spaziergängen

Großes Interesse rief die Einweihungszeremonie auf dem Pastoratsberg hervor.
Großes Interesse rief die Einweihungszeremonie auf dem Pastoratsberg hervor. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Ausgedehnte Spaziergänge in der Coronazeit ließen in dem nun gealterten Werdener den Gedanken reifen, das ihm an der Gabelung zur Jugendherberge so vertraute Heiligenhäuschen wieder errichten zu lassen. Sein Beweggrund: aus Dankbarkeit der Heimat etwas zurückzugeben. Das Heiligenhäuschen fungierte immer als ein Ort der Rast und des Verweilens, als ein Ort der Einkehr und des stillen Gedenkens. So sollte es wieder sein.

Propst Jürgen Schmidt sprach die Segnung für das neu erstellte Heiligenhäuschen aus.
Propst Jürgen Schmidt sprach die Segnung für das neu erstellte Heiligenhäuschen aus. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Über mehrere Hundert Jahre lang war der Bildstock Teil der Werdener Flurprozession (Lürsweg), bei der die Gläubigen an den verschiedenen Stationsaltären die Fürsprache des Heiligen Ludgerus, des Stadtpatrons von Werden, und den Segen für eine erfolgreiche Ernte erbaten. Anknüpfend daran wurden am Samstag ebenfalls Fürbitten gesprochen und der sakramentale Segen von Propst Jürgen Schmidt erteilt.

Werdener Sangesfreunde umrahmten die Zeremonie musikalisch

Dabei bekam der Propst Unterstützung durch fünf Kinder, die er nach vorne bat. Ganz nah durften die Mädchen und Jungen die Heiligenstatue betrachten und beim Segnen mithelfen. Die Werdener Sangesfreunde, die die ganze Zeremonie musikalisch umrahmten, stimmten danach ein festliches „Vater unser“ an.

Verwittert: das ursprüngliche Heiligenhäuschen. Es wurde 1971 abgerissen.
Verwittert: das ursprüngliche Heiligenhäuschen. Es wurde 1971 abgerissen. © Tekolf

Der Dank, den der Propst und anschließend Bezirksbürgermeisterin Gabriele Kipphardt aussprachen, galt nicht nur Horst Giesen als Ideen- und Geldgeber, sondern auch Edith Tekolf vom Bürger- und Heimatverein und ihrem Mann Michael Baumgartner, die das gesamte Vorhaben mit historischer Forschung begleiteten und schließlich planerisch umsetzten.

Im Mai wurde der Grundstein für das Bauwerk gelegt: Edith Tekolf und Michael Baumgartner mit der Zeitkapsel.
Im Mai wurde der Grundstein für das Bauwerk gelegt: Edith Tekolf und Michael Baumgartner mit der Zeitkapsel. © Kleinfeldt

Edith Tekolf, die sich bereits 2018 intensiv mit dem Rätsel um den Bildstock der Clemenskirche beschäftigt hat, hat ihre Erkenntnisse zum Heiligenhäuschen am Pastoratsberg zudem in einer Festschrift zusammengefasst. Diese wurde zur Einweihung an die Besucher verteilt – nebst einem Teegebäck der Konditorei Werntges, die den Bildstock en miniature zeigt. Letztlich steuerte auch noch Jochen Schmidt, bald 100-jähriges Urgestein aus Werden, ein Gedicht zur Einweihung des Heiligenhäuschens bei.

Ein Bildstock für jede Himmelsrichtung

Die Gläubigen schritten seit 1721 auf dem St. Lürsweg jährlich die vier baugleichen barocken Heiligenhäuschen ab. Es gab für jede Himmelsrichtung eines. Um 1900 kam ein weiteres Häuschen an der Ludgerusstraße hinzu.

Bis ins Jahr 1967 wurde die unter Abt Theodor Thier begonnene Tradition aufrecht erhalten, dann hatten die Bildstöcke unterschiedliche Schicksale. Das Exemplar an der Ludgerusstraße wurde 1974 von einem Lkw umgefahren, das an der Fischlaker Straße wurde 1981 renoviert und dabei neu interpretiert.

Noch weitgehend original erhalten sind die Heiligenhäuschen an Viehauser Berg und Jacobsallee, beide unter Denkmalschutz. Der Bildstock am Pastoratsberg verschwand 1971, nachdem er umgestoßen worden war.

Das Schutzgitter fehlt noch

Das Bauwerk, das der Kettwiger Steinmetz Thorsten Stegmann samt Ludgerus-Figur geschaffen hat, wurde nach der Zeremonie im Übrigen wieder verhüllt. Es fehlt noch das schützende Gitter, das von der Kupferdreher Kunstschmiede Michael Stratmann demnächst ausgeführt wird. Die Bepflanzung wird ebenfalls erst in den kommenden Wochen eingebracht. Sie komplettiert den neuen Platz zum Verweilen für Wanderer von Werden kommend den Pastoratsberg hinauf nach Heidhausen. Vielleicht, so äußerten einige Anwesende am Samstag, werde es irgendwann auch mal wieder eine Prozession geben – von Heiligenhäuschen zu Heiligenhäuschen.