Essen-Horst. Trostlos und gleichzeitig idyllisch: der S-Bahnhof Essen-Horst. Wer von dort weiterfahren möchte, oder gar einen Snack benötigt, hat ein Problem.
Für die einen die Flucht aus dem Großstadttrubel, für den anderen eine pure Servicewüste. Denn, wer ein Schluck Wasser, einen Riegel oder gar ein Telefon braucht, muss wohl oder übel an einem der angrenzenden Häuser klingeln. Auch eine regelmäßige Bus-Anbindung oder gar Leih-Fahrräder sucht man vergeblich: Der S-Bahnhof Essen-Horst ist schlicht und sachlich gehalten. Im VRR-Stationscheck schneidet er aber ordentlich ab. Wir waren selbst vor Ort.
„Der Haltepunkt Horst ist irgendwann mal reingefriemelt worden“, sagt Lothar Ebbers, Sprecher des Fahrgastverbandes Pro Bahn NRW. In den 80er-Jahren hätte die Bahn beschlossen, dass da noch etwas fehle. Das Ergebnis sind zwei Gleise, an denen die S3 zwischen Hattingen und Oberhausen halbstündlich verkehrt. Der Haltepunkt liegt in einer Kurve, dadurch gestaltet sich das Ein- und Aussteigen für die Fahrgäste mitunter schwierig, da der Spalt zwischen Tür und Bahnsteig je nach Kurvensituation einen großen Schritt auf den Bahnsteig einfordert.
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Taktung der Bahnen in Essen-Horst
Streng genommen ist der Bahnhof Horst kein Bahnhof, sondern ein Haltepunkt. Fahrgäste können hier in die S3 ein- und aussteigen. Züge können aber nicht rangieren, ein Umstieg in andere Linien ist ebenfalls nicht möglich, da sie dort nicht verkehren. Die S3 fährt halbstündlich über Steele, Essen Hauptbahnhof, Frohnhausen und Mülheim nach Oberhausen. In die andere Richtung geht es über Dahlhausen nach Hattingen.
Anbindung an andere Essener Stadtteile: mangelhaft
Die Bushaltestelle am Fleher Weg besteht aus einem Pfosten mit Schild, an dem ein Mülleimer hängt. Der Fahrplan verrät: Hier fährt ein Bus der Ruhrbahn. Eine Linienbezeichnung gibt es nicht. Er kommt dienstags und donnerstags um 9, 10 und 11 Uhr und fährt über drei Haltestellen zum Wochenmarkt nach Essen-Steele: Beulestraße, Abzweig Breloher Steig und Grendplatz. Das war’s. Ob das eine schlechte Anbindung ist, scheint Ansichtssache. „Überhaupt nicht“, erklärt eine Frau, die gerade mit ihrem Hund vorbeikommt. Der Bus fahre auch samstags, auch wenn das nicht auf dem Plan stehe, dann ist ebenfalls Markt in Steele. An den anderen Tagen könne man ja mit der S-Bahn nach Steele oder zum Hauptbahnhof fahren: „Man ist hier super angebunden.“ Dass, je nach Auslegung, eine gewisse Idylle oder auch Tristesse am Bahnhof-Horst herrscht, streitet sie dann aber doch nicht ab: „Hier ist nichts los, deswegen wohne ich hier.“
Die Straßenbahn fährt in Essen-Horst nicht, Leihfahrräder und Elektro-Roller sucht man ebenfalls vergeblich am Bahnhof, genau wie eine Carsharing-Station. Der Ruhrtal-Radweg ist jedoch nur einen knappen Kilometer entfernt. Wer sein Fahrrad dabei hat, ist von dort schnell in Dahlhausen oder Steele. Die Abstellplätze für Fahrräder sind am Bahnhof übrigens top – keine Felgenkiller, sondern stabile Bügel in ausreichender Anzahl – auf einer Seite sogar überdacht. Ansonsten gilt: Wer in Essen-Horst ankommt, muss bleiben. Man kommt schlecht weg.
Sauberkeit am Bahnhof Steele-Horst: sauber
Der Bahnhof macht bei unserem Check einen sauberen Eindruck. Die Mülleimer sind geleert, es liegt kein Abfall herum. Die Geländer kann man sogar anfassen, ohne sich vor undefinierbarer Schmiere ekeln zu müssen. Auch die Sitzplätze im Wetterschutzhäuschen sind frei von Flaschen, Scherben, Zigaretten oder anderen unerwünschten Hinterlassenschaften.
Kein Service in Essen-Horst
Direkt am Bahnhof Essen-Horst gibt es einen Kinderspielplatz. Was man vergeblich sucht, sind Toiletten, Kiosk, Snackautomat, ein Telefon oder ein Geschäft in der Nähe. Der nächste Penny liegt 15 Minuten Fußweg entfernt – nicht gerade um die Ecke..
Wartekomfort am Bahnhof Essen-Horst: angenehm
Erst vor einem Jahr seien die Sitze in den Wetterschutzhäuschen erneuert worden, erklärt ein DB-Mitarbeiter, der beim Ortsbesuch den Unterstand an Gleis 1 aufhübscht. Alles, was orange ist, wird frisch und schick in grau lackiert, die Vitrinen mit den Fahrplänen sollen noch ausgetauscht werden. Das ist nötig, bei einer ist nämlich das Glas zerborsten: „Die war erst vier Tage alt, als sie zerstört wurde“, erklärt der DB-Mitarbeiter. Die Sitze – fünf an jedem Gleis – sind mit Arm- und Rückenlehnen ausgestattet: So lässt es sich aushalten.
Einen Fahrkarten-Entwerter gibt es nur an einem Gleis, das kann für Stress sorgen. Die digitalen Anzeigetafeln funktionierten bei unserem Check einwandfrei.
Barrierefreiheit am Bahnhof Essen-Horst: hervorragend
Der VRR bewertet die Barrierefreiheit in Essen-Horst als „hervorragend“ und genau das ist sie auch. Überall finden sich taktile Steuerungen, auch am Geländer der Treppe fühlt man ein Schild mit Blindenschrift „Gleis 1“. An den Sitzen sind schwingende Bügel, die manche für falsch positionierte Fußbänkchen halten könnten. Bei der Stange handelt es sich aber um einen Orientierungsbügel für sehbehinderte Menschen. Auf die Gleise führen lange Rampen, einen Aufzug gibt es jedoch nicht.
Parkmöglichkeiten: ausreichend vorhanden
Wer mit dem Auto kommt, hat kein Problem. Es gibt an der Fleherstraße einen langen Parkstreifen und im Wohngebiet auf der anderen Seite ebenfalls ausreichend Parkmöglichkeiten. Der Bahnhof ist derart wenig frequentiert, dass man immer einen Parkplatz finden sollte.
Subjektive Sicherheit: Jugendliche haben Unterführung neu gestaltet
Um vom einen auf das andere Gleis zu kommen, muss man am Bahnhof Horst durch eine kurze Unterführung. Diese galt bis vor kurzem als Angstraum, wurde jetzt aber von einer Gruppe des Kinder- und Jugendhauses Hörsterfeld aufgewertet und in Zusammenarbeit mit dem Künstler Brian Magnus-George verschönert.
„Vorher wurde die Unterführung immer wieder mit blöden Sprüchen beschmiert“, weiß Ratsfrau Michaela Heuser (SPD), die sich für das Projekt eingesetzt hatte. Sie hofft, dass die Graffiti jetzt geachtet werden und dadurch die subjektive Sicherheit am Bahnhof Horst zunimmt. Nach Angaben von Heuser sind am Bahnhof Horst noch weitere Aktionen in Zusammenarbeit mit dem Künstler geplant.
Fazit: S-Bahnhof Essen-Horst ist keine Reise wert
Für jene, die in Essen-Horst oder im Hörsterfeld wohnen, ist der Bahnhof ein guter Anlaufpunkt, um zum Hauptbahnhof oder eben nach Hattingen oder Oberhausen zu kommen. Ein Knotenpunkt oder gar eine Reise wert ist er jedoch nicht. Würde man nicht wissen, dass der Trubel der Großstadt ganz nah ist, könnte man meinen, man wäre in der Provinz. Nicht negativ verstehen: An unserem Test-Morgen herrschte dort absolut heile Welt: Kinder spielten auf dem Spielplatz, Hunde wurden Gassi geführt, die DB-Mitarbeiter gaben sich Mühe bei ihren Lackier-Arbeiten und ab und an kam die S3 und sammelte zwei bis drei Fahrgäste ein.
>>> INFO: Bahnhofs-Check – das müssen Sie wissen
Im Bahnhofs-Check nimmt die Redaktion mehrere Essener Bahnhöfe unter die Lupe: Wie oft verkehren dort Bahnen? Wie sauber und sicher ist es? Welche Anbindungen und welchen Service gibt es? Wie barrierefrei sind die Anlagen? Um diese und weitere Fragen geht es.
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