Essen-Fulerum. Die Rodungen rund um das marode Bruchsteinhaus in Fulerum sind erfolgt. Der Abbruch ist für Mitte des Jahres terminiert, die Ausschreibung läuft.
Am ehemaligen Naturfreundehaus, einem ziemlich verfallenen Bruchsteinhaus aus dem 19. Jahrhundert an der Wienenbuschstraße in Essen-Fulerum, hat sich einiges getan. Das ehemals zugewachsene Gelände ist weitgehend freigeschnitten, die offenen Fenster, durch die in der Vergangenheit immer wieder Unbefugte in das Gebäude gelangt waren, sind mit Metallplatten gesichert. Ob das schon auf den geplanten Abriss des Hauses durch die Stadt hindeute oder ob dieser wegen der Corona-Krise erst einmal aufgeschoben sei, fragt sich Anwohner Hans Bovermann.
Bäume und Sträucher auf dem Gelände wurden zu Jahresbeginn beschnitten
Zu Jahresbeginn habe er beobachtet, dass das Gelände offenbar im Auftrag der Stadt freigeschnitten worden sei. Rund zwei Wochen lang seien die Pflanzen gerodet und der Zuweg zum Haus gereinigt worden, Bäume seien gefällt, Sträucher entfernt worden, so Bovermann. Der 73-Jährige hatte sich in der Vergangenheit dafür eingesetzt, dass das Gebäude abgerissen wird. Früher hätten vor allem am Wochenende Partylärm und zugeparkte Straßen die Anwohner genervt, heute sei es eine Ruine, die Gefahren berge.
Nach der Aufgabe des Hauses durch die Naturfreunde vor gut zehn Jahren sei es dort immer wieder zu Treffen von Jugendlichen gekommen, die auf das marode Dach und durch die zerstörten Fenster auch ins Innere des Hauses gelangt seien. „Das ist sehr gefährlich“, hatte Bovermann schon in der Vergangenheit gemahnt, die Ruine vorerst zu sichern und dann abzureißen.
Keine Alternative zum Abriss
Für die Stadt steht der Abriss des Bruchsteinhauses seit dem vergangenen Jahr fest. Das habe zwei Gründe, wie Oberbürgermeister Thomas Kufen der neu gegründeten Naturfreunde-Gruppe Essen-West, die das Haus gern wieder nutzen wollte, erklärte. Zum einen gebe es keine gesicherte Erschließung des Grundstücks, zum anderen gelange man nur über private Grundstücke zum Gebäude. Die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke hätten einer öffentlichen Zuwegung nicht zugestimmt.
Die Geschichte des Bruchsteinhauses
Zur Geschichte des alten Bruchsteinhauses berichtet der Haarzopfer Heimatforscher Herbert Schmitz, dass das Haus schon 1856/57 errichtet worden sei, als Fulerums großer Hof Niederscheidt durch die Eigentümer 1856 an Industriekaufleute der benachbarten Zeche Hammelsbeck (daraus wurde später Humboldt) verkauft worden sei. Diese hätten Bergleute für ihre Zeche und Häuser benötigt. Dafür seien Hofflächen sofort parzelliert worden.
Der Bergmann Wilhelm Gohr habe laut Schmitz solch eine Parzelle erworben, habe sie gerodet und 1856/57 das heutige Bruchsteingebäude errichtet. Es sei typisch für Bergleute, die kostengünstig Bruchsteine noch selbst brechen und damit mauern konnten, so Schmitz. Späterer Eigentümer sei dann die Stadt geworden, die es an die Naturfreunde verpachtet habe.
Das Grundstück an der Wienenbuschstraße 29 werde renaturiert und in den Ersatzflächenpool der Stadt aufgenommen, hatte die Stadt im Februar mitgeteilt. Es solle als Ersatzfläche für die Flüchtlingsunterkunft am Overhammshof in Fischlaken dienen, hatte das Presseamt bereits im vergangenen Jahr erklärt. Eine mögliche Sanierung des maroden Gebäudes sei im Vorfeld überprüft worden. Da allein die Kosten für die Entsorgung der verbauten Schadstoffe sehr hoch sein würden, sei eine Sanierung des Gebäudes unwirtschaftlich.
Fehlende Erschließung verhindert Wohnungsbau auf dem Gelände
Wegen der fehlenden Erschließung sei eine Nutzung für Wohnbebauung ausgeschlossen. Da sich das Grundstück in einem Landschaftsschutzgebiet befinde, eigne es sich nach dem Abbruch der Gebäude sehr gut für den Ersatzflächenpool der Stadt.
Die Abbruchmaßnahme sei mit der Unteren Naturschutzbehörde und dem Fachbereich Grün und Gruga abgestimmt. Für die anstehenden Abbrucharbeiten hätten bis Ende Februar Rodungsarbeiten durchgeführt werden müssen, um das Gelände für Baumaschinen und Arbeiter zugänglich zu machen und das Grundstück auf versiegelte Flächen zu untersuchen. Dafür habe man zwei Bäume fällen müssen. Im Anschluss könne das Grundstück in den Ersatzflächenpool der Stadt aufgenommen werden.
Bei den Arbeiten seien verrostete Spielgeräte zum Vorschein gekommen
Anwohner Hans Bovermann hat die Arbeiten in seiner Nachbarschaft intensiv beobachtet. Auch auf der Rückseite des Gebäudes habe sich einiges getan. Bei der Säuberung des ehemaligen Gartens seien stark verrostete alte Spielgeräte wie Rutsche und Schaukel zum Vorschein gekommen.
Der Anwohner fragt sich, ob sich der für dieses Jahr geplante Abriss des ehemaligen Naturfreundehauses nun wegen der Corona-Krise und der daraus resultierenden finanziellen Folgen verzögern werde. „Die Stadt hat ja sicher im Moment andere Sorgen, und so eine Ruine läuft ja nicht weg.“ Eine weitere Nutzung – auch das Mehrgenerationenhaus hatte Ende 2018 Interesse an dem Gebäude geäußert – komme ja wohl schon wegen des fehlenden Anschlusses an die Kanalisation nicht infrage, zumal es sich dort ja um Landschaftsschutzgebiet handele.
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Ihn beruhige es etwas, so Bovermann, dass die Stadt jetzt die offenen Fenster mit Platten gegen Eindringlinge gesichert habe, aber auf das marode Dach könne man immer noch gelangen. „Nicht, dass da mal jemand einbricht und sich verletzt“, so der Anwohner.
Auswirkungen von Corona auf den Zeitplan sind noch nicht absehbar
Die Stadt bestätigt, dass die Arbeiten auf dem Gelände wie geplant umgesetzt worden seien. Aktuell liefen die notwendigen Ausschreibungen für die Beauftragung einer Firma, die dann den Abbruch des Gebäudes übernehme. „Die tatsächliche Umsetzung ist für Mitte des Jahres Jahres geplant“, so Patrick Opierzynski vom Stadtpresseamt. Inwieweit sich die Corona-Pandemie auf den anvisierten Zeitplan auswirke, könne nur schwer vorhergesagt werden.
Da noch nicht feststehe, welche Firma den Abbruch vornehme, könnten zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussagen getroffen werden, inwieweit die Corona-Krise tatsächlich Einfluss nehmen könnte, zum Beispiel in Bezug auf die Personalsituation der Firma oder die Materialversorgung.
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