Essen. Das Unternehmen Work Inn verdoppelt seine Bürofläche in der City und reagiert darauf, dass Corona den Arbeitsalltag in den Firmen verändert hat.
Ihr jüngster Trip nach London liegt gerade ein paar Tage zurück. Die Erkenntnis, die Dörte und Tim Schabsky von dort mit zurückbrachten, dürfte sie zufrieden, wenn nicht gar glücklich gestimmt haben. „In London gibt es mittlerweile an jeder Ecke einen Coworking Space. Das zeigt, wohin der Trend geht“, sagt Dörte Schabsky, die vor neun Jahren zusammen mit ihrem Mann das Unternehmen Work Inn gründete und seither beide die Coworking-Idee ins Ruhrgebiet tragen.
Diese neue, flexible Form des Zusammenarbeitens – nicht anderes heißt Coworking – ist längst auch in Essen zum Trend geworden, auch wenn Corona dem Konzept zwischenzeitlich einen gehörigen Dämpfer verpasste. „Auch wir waren zu Beginn der Pandemie wie in einer Schockstarre. Mehrere Wochen lang hatten wir keine Anfragen mehr“, erinnert sich Dörte Schabsky an die ersten Corona-Monate 2020. Kurz zuvor hatte Work Inn seinen ersten Standort in Essen eröffnet.
Corona brachte Coworking kurzzeitigen Dämpfer
Mehr als zwei Jahre später weiß Dörte Schabsky: Die Pandemie konnte der Coworking-Idee allenfalls kurzzeitig einen Rückschlag verpassen. Zwar mussten während der Zeit einige Mieter aufgeben, wenige nutzten auch das Angebot und kündigten kurzfristig. Genauso aber kamen neue Gründer dazu, meldeten sich Menschen, die nicht von zu Hause arbeiten konnten. Es klopften Firmen an, die von Corona profitierten und schnell mehr Räume brauchten, aber auch solche, die sich kleiner setzen mussten. Flexibilität gibt in solchen Situationen Sicherheit. „Eigentlich war Corona sogar ein Beschleuniger für uns“, sagt Dörte Schabsky. Auch der Digitalisierungsschub in vielen Unternehmen und die Erkenntnis, dass flexibles Arbeiten funktioniert, hätten dem Coworking geholfen.
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Nicht mehr nur Start-ups sind die klassischen Mieter. „Mittlerweile buchen bei uns selbst große Unternehmen Schreibtische und Büros, weil sie ihren Mitarbeitern, die nicht von zu Hause arbeiten können, zumindest ein wohnortnahes Arbeiten ermöglichen wollen“, berichtet die Geschäftsführerin.
Und die Nachfrage nach flexiblen Büros scheint weiter zu steigen. An diesem Dienstagmorgen steht die 37-Jährige inmitten von Leitern, Kartons und Werkzeugen. Die Handwerker um sie herum haben keine 24 Stunden mehr Zeit. Dann müssen die neuen Räume in der Lindenallee 41 fertig sein. Work Inn hat in diesem Teil der früheren Zentrale der Deutschen Bank weitere 700 Quadratmeter angemietet und damit seine Bürofläche dort in etwa verdoppelt. In Rüttenscheid eröffnet das Unternehmen demnächst einen Standort im Rü-Karree.
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In der Lindenallee beherrscht saftiges Grün die Räume, viele Pflanzen und Moosbilder dekorieren die Wände, der Boden ahmt ein mit Moos bewachsenes Pflaster nach, Hirsch und Wolf blicken von großformatigen Postertapeten. Arbeiten mitten in der Natur. Dörte Schabsky entwirft das Design selbst. Jeder der neun Work-Inn-Standorte im Ruhrgebiet hat ein anderes Aussehen. In der Essener Innenstadt soll der Coworking Space eine grüne Oase im Trubel der Stadt sein, in Rüttenscheid wird das Thema Kunst bestimmend sein. Mittlerweile verkauft Work Inn Designkonzepte auch an andere Firmen.
Lifestyle in Coworking-Räumen wichtiges Element
Dörte Schabsky weiß, wie wichtig es für den Erfolg des Konzeptes ist, den Mietern eine angenehme Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Dazu gehören nicht nur ein Mix aus offenen Kommunikationsräumen und Rückzugsmöglichkeiten in Nischen, sondern auch angenehme Farben, ausgesuchte Möbel – schlicht ein cooles Design.
Coworking hat viel mit Lifestyle zu tun. „Es bedeutet nicht, einfach nur Schreibtische auf eine große Fläche zu stellen“, betont die Geschäftsfrau. Auch in den Unternehmen würden mittlerweile viele Mitarbeiter eine andere, moderne Gestaltung ihrer Büros erwarten. Auch das habe Corona verändert. Möglicherweise tun sich auch deshalb manche Firmen so schwer, ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nach der langen Zeit im Homeoffice wieder zurück in kühl wirkende Großraumbüros zu bringen.
Coworking kann das klassische Büro ergänzen
Das klassische Büro wird nach Ansicht von Dörte Schabsky dennoch nicht verschwinden und Coworking ist auch nicht für jeden Typen geeignet. „Wer sein Familienfoto auf dem Schreibtisch haben will, der ist auf einer offenen Fläche, wo man sich die Schreibtische teilt, nicht richtig“, sagt Dörte Schabsky.
Dass größere Unternehmen ihre Büroflächen komplett aufgeben und nur auf Coworking setzen, sieht sie auch nicht. „Das würde nicht zum Konzept passen“, meint sie. Denn die Mieter schätzten es ja gerade, dort auf Mitarbeiter anderer Unternehmen zu treffen und so Netzwerke aufzubauen. „Ich glaube aber, dass Coworking eine gute Beimischung in Zukunft zum klassischen Büro sein könnte.“