Essen. Coworking-Anbieter scheinen in Essen gerade wie Pilze aus dem Boden zu schießen. Warum das flexible Arbeiten in den Büros so gefragt ist.

Tim Schabsky war erst am Dienstag wieder in Essen in der Lindenallee, um sich vor Ort vom Fortgang der Bauarbeiten zu überzeugen. In den ehemaligen Räumen der Deutschen Bank in der Innenstadt hat sein Unternehmen Work Inn 750 Quadratmeter angemietet und will dort ab Oktober Schreibtische auf Zeit anbieten - so genanntes Coworking.

Schabsky hat, wie er sagt, lange gesucht, bis er in der Stadt ein passendes Objekt fand. Einerseits ist eine gute Lage entscheidend, andererseits muss auch der Eigentümer einer Immobilie von einem solchen Konzept überzeugt sein. In anderen Ruhrgebietsstädten sind die Dortmunder schon länger mit ihrem Büroangebot präsent. Und nun ist Work Inn in Essen aktuell eines der Beispiele dafür, wie das Coworking mehr und mehr um sich greift.

Coworking erreicht fast zehn Prozent an den Vermietungen

In seinem Büro sitzt Makler Eckhard Brockhoff vor den jüngsten Zahlen des Essener Büromarktes. Im ersten Halbjahr 2019 wechselten in der Stadt so viele Büroflächen den Mieter wie selten zuvor. Für Brockhoff ist das eine gute Entwicklung, schließlich lebt sein Geschäft von dieser Dynamik. Was Brockhoff jedoch auch festgestellt hat: In diesem Jahr dürfte das Coworking bei den Vermietungen erstmals eine beachtliche Größenordnung erreichen. Rund zehn Prozent aller neuvermieteten Büroflächen entfallen in der Stadt auf diese neue Form des Arbeitens. Für Brockhoff ist damit klar: „Coworking ist in Essen angekommen und wird sich langfristig durchsetzen.“

Tim Schabsky, Geschäftsführer von Work Inn.
Tim Schabsky, Geschäftsführer von Work Inn. © FUNKE Foto Services | Herbert Höltgen

Dass die Zahlen in diesem Jahr so in die Höhe gehen, liegt aber vor allem an einem Coworking-Anbieter: Das Unternehmen Design Offices hat sich fast 7000 Quadratmeter im Ruhrtower – dem ehemaligen Rheinstahlhaus an der Kruppstraße – gesichert. Design Offices gehört zu den führenden Playern in der Branche. Und die besinnt sich gerade auf nachrangige Bürostädte wie Essen, weil die Top-Standorte wie Berlin, München oder Hamburg nahezu gesättigt sind und weil es dort auch kaum noch geeignete Flächen gibt. In Essen scheint dagegen Wachstum noch möglich, denn in dem sanierten Hochhaus hat sich Design Offices noch die Möglichkeit offen gehalten, weitere 3000 Quadratmeter zu beziehen.

Derzeit laufen bei Design Offices aber noch die Umbauarbeiten. Ab Ende März 2020 sollen die ersten Büros fertig sein und Mieter einziehen. Der Konferenzbereich wird drei Monate später fertig.

Preise ab 12 Euro pro Tag für den Schreibtisch

Beim klassischen Coworking können Interessenten Schreibtische in Großraumbüros aber genauso Einzelbüros mieten. Küche, Konferenzräume, Lounges etc. dagegen teilt sich die meist bunt gemischte Bürogemeinschaft. Ein Schreibtisch am Tag kostet in Essen dann so zwischen 12 und 25 Euro am Tag, ein Büro um die 50 Euro; je länger die Mietdauer, desto günstiger werden die Pakete freilich auf den Tag umgerechnet. Einen „Flexdesk“ im Monat gibt es dann für um die 200 Euro im Monat. Was alle Konzepte eint: Die Ausstattung ist modern, meist noch mit einer besonderen Architektur- und künstlerischen Note versehen - eben hipp, wie man sagen würde.

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Dass man damit vor allem die modernen Digital-Arbeiter anziehen möchte und die Kreativen, wird bei den meisten Anbietern in Essen deutlich. Doch wer nutzt Coworking tatsächlich und wo haben die Leute bislang ihren Arbeitsplatz gehabt, als von Coworking noch niemand sprach? Tim Schabsky hat noch vor der Eröffnung bereits für 40 Prozent seiner Fläche Interessenten gefunden. Die Namen will er noch nicht nennen, nur so viel: Es ist ein IT-Unternehmen und eine Kreativagentur.

Bei Work Inn seien es vor allem die Freiberufler, die keine Lust mehr auf einsames Arbeiten am heimischen Schreibtisch haben, aber genauso Mittelständler, die für bestimmte Unternehmenseinheiten flexible Arbeitsplätze brauchen, die sie schnell anmieten können, auf denen sie sich schnell erweitern können und die sie genauso schnell wieder los werden. „Unternehmen gibt das Agilität und ihnen wird auch das Risiko genommen, sich langfristige Mietverträge ins Haus zu holen“, meint Schabsky. In der Regel liefen die Verträge mit Work Inn zwischen drei und 24 Monaten.

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Design Offices dagegen hat vor allem auf die Dax-Konzerne dieser Stadt ein Auge geworfen. Sie müssten sich ebenso mit dem Thema neues Arbeiten auseinandersetzen; „zum einen, weil auch sie immer projektbasierter arbeiten; zum anderen, weil auch hier die High Potentials gebraucht werden, um weiterhin erfolgreich am Markt zu sein. Und diese wollen heute einfach anders arbeiten – in einer Umgebung in der sie sich wohlfühlen“, erklärt eine Sprecherin. Dabei dürften aber auch die „Großen“ genauso wie die Start-ups und Freiberufler die Flexibilität der Anmietung schätzen und die geringeren Fixkosten aufgrund der Gemeinschaftsflächen.

Ist Coworking am Ende aber doch nur eine Modeerscheinung, auf die gerade viele aufspringen, oder etwas von Dauer? „Solche Workspaces treffen in der sich verändernden Arbeitswelt ins Schwarze. Für mich ist das deshalb kein Trend, sondern eine folgerichtige Entwicklung der Bürowelt“, meint Brockhoff.

Eine Auswahl der Coworking-Anbieter in Essen

Impact Hub Ruhr, Hollestraße 1, www.ruhr.impacthub.net

Ruhr:Hub, Lindenallee 10, www.hub.ruhr

Collective.ruhr, Rüttenscheider Straße 120, www.collective.ruhr

Workspace A81, Alfredstraße 81, www.workspace-essen.de

Regus, Grugaplatz und Ruhrallee 185, www.regus.de

First Choice Business Center im Ruhrturm, Huttropstraße 60, www.firstchoicebc.de

Design Offices, Am Thyssenhaus 1 - 3, www.designoffices.de

Work Inn, Lindenallee 29-41, www.workinn.de