Essen-Borbeck. Mobbing und Streit: Unter Schülern gibt es oft viele Probleme. So sollen Grundschüler in Essen lernen, ihre Konflikte gewaltfrei zu lösen.

Mobbing, Einsamkeit und Gruppenzwang: Während der Schulzeit werden viele Kinder und Jugendliche mit schwierigen Situationen konfrontiert. Um sie darauf vorzubereiten und Konflikte bestmöglich zu vermeiden, findet an der Dürerschule in Essen-Borbeck seit mehr als zehn Jahren regelmäßig das Sozialtraining „Gewaltfrei Lernen“ statt.

Bastian Glatz steht in der Mitte der Turnhalle, in seiner Hand hält er ein Kuscheltier-Krokodil. Rechts und links von Glatz, der seit vier Jahren als Trainer des Fördervereins „Gewaltfrei Lernen“ an Schulen in ganz Deutschland unterwegs ist, haben sich die Erstklässlerinnen und Erstklässler aufgestellt.

Grundschüler in Essen lernen, Beleidigungen zu ignorieren

Der Reihe nach gehen sie an ihm vorbei, während Glatz ihnen mit verstellter Stimme Beleidigungen zuruft und dabei das Maul des Krokodils bewegt. „Du blöde Kuh!“, „Du kleiner Gartenzwerg!“ oder Kommentare wie „Du kannst kein Fußball spielen“ und „Du hast einen blöden Bruder“ müssen sich die Kinder gefallen lassen – und dabei gelassen bleiben, keine Emotionen zeigen. „Nicht lachen“, ermahnt Glatz einen Schüler.

„Bei der Übung geht es darum, dass die Kinder lernen, dickhäutig wie ein Elefant zu sein“, sagt er und zeigt auf einen Plüsch-Elefanten, den er mitgebracht hat. Mit solch spielerischen Ansätzen und interaktiven Elementen soll den Schülerinnen und Schülern gezeigt werden, wie sich Probleme gewaltfrei lösen lassen.

In verschiedenen Übungen sollen die Schülerinnen und Schüler lernen, wie sie Konflikten aus dem Weg gehen und gewaltfrei lösen können.
In verschiedenen Übungen sollen die Schülerinnen und Schüler lernen, wie sie Konflikten aus dem Weg gehen und gewaltfrei lösen können. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Schulleiterin aus Essen: „Erstklässler müssen viele soziale Fähigkeiten lernen“

„Durch die Corona-Pandemie haben die Kinder wenig soziale Kontakte gehabt, den Erstklässlern fehlt ein wichtiger Teil der Kindergartenzeit. Sie müssen Konfliktsituationen erst kennenlernen und viele soziale Fähigkeiten lernen“, sagt die stellvertretende Schulleiterin Oana Galetke.

Darüber hinaus würden die Schülerinnen und Schüler der Borbecker Grundschule aus vielen unterschiedlichen Kulturen kommen, was das Miteinander erschwere, so Galetke: „Die Kinder wurden auf sehr verschiedene Art und Weise erzogen.“

Fortbildungen in Essen für Lehrkräfte und Eltern

Daher setze sie darauf, die Eltern durch Info-Veranstaltungen ebenfalls miteinzubinden. Auch Lehrkräfte können sich fortbilden. „Die Übungen mit dem Trainer sind die Grundlage, den Rest müssen wir leisten“, betont Galetke. „Es muss im Schulalltag gelebt werden.“

Das sei allerdings „wahnsinnig schwierig“, weiß Trainer Glatz. Damit die Kinder die Strategien verinnerlichen und intuitiv anwenden können, setzt er in seinem zweistündigen Kurs darauf, die Übungen in verschiedenen Varianten zu wiederholen.

Mobbing an Grundschulen in Essen meist noch kein Problem

Emily und Avia sollen etwa in einem Theaterstück einen klassischen Schulhofs-Streit nachstellen. Emily zieht an dem T-Shirt ihres Mitschülers, der ihr daraufhin seine flache Hand entgegenstreckt und laut „Stopp! Ich möchte das nicht!“ ruft und sich mit dem gerade gelernten „Siegergriff“ befreien kann.

Generell fokussiere sich das Training bei jüngeren Schülerinnen und Schülern eher auf kleinere Zankereien, denn Mobbing setze meist erst ab der weiterführenden Schule ein. „Wir versuchen aber, so früh es geht eine Basis zu schaffen, um Mobbing zu verhindern“, sagt Glatz.

Essener Grundschülerinnen absolvieren Sozialtraining

Erstklässlerin Emily fühlt sich nach dem Kurs besser auf Streitigkeiten mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern vorbereitet. „Ein Junge hat mich mal auf dem Schulhof geschubst, da haben meine Knie geblutet“, erzählt sie. Nun wisse sie, wie sie solch einem Streit rechtzeitig aus dem Weg gehen kann.

Mobbing und Rassismus

Der Förderverein „Gewaltfrei Lernen“ bietet seit 13 Jahren Trainings für Schulen in ganz Deutschland, vor allem aber in Nordrhein-Westfalen, an. Dabei geht es um Mobbing, Einsamkeit, Rassismus und weitere Probleme, denen sich viele Schülerinnen und Schüler stellen müssen.

Möglich gemacht wird das Projekt durch eine Mitfinanzierung der Sparda-Bank, die auch die Essener Düreschule mit einer Spende in Höhe von 1000 Euro unterstützt.

Für Matilda sei es zwar ein „doofes Gefühl“ gewesen, von Bastian Glatz als „blöde Kuh“ beleidigt zu werden. Aber sie habe gelernt, dass es ihn am meisten stört, wenn sie gar nicht darauf reagiert – und möchte auch in Zukunft Schulter zuckend an Kindern vorbeigehen, die sie ärgern.